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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

DOI Heft:
Heft 9/10
DOI Artikel:
Witte, Fritz: Von unserer Paramentik einst und jetzt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0172

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307

1913.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr 9/10.

308

Abb. 32. Moderner Entwurf für Kasein. Applikalion u.
Plattstich v. d. Wyenbergh, Kevelaer.

reinen Flächenkunst an. Mustergültig ist
die klare Aufteilung der Fahne sowie die
strenge ornamentale Verwertung der Schrift
und die prächtig stilisierten Löwen mit dem
Kölner Wappen. Den pomphaften Stim-
mungston der Fahne selbst nimmt der
metallene Ausleger und die Stangenbekrönung
aus naturfarbener Bronze auf, eine Arbeit, die
große Beachtung und Anerkennung verdient.
Wenn eine solche Fahne vorerst bei einzelnen
Befremden wachrufen sollte', so liegt das einzig
daran, daß das Neue, auch wenn es gut ist,
eben durch seine Entfernung von der Scha-
blone weniger Verständnis findet.

Über die Karikaturen der dreieckigen
Dütenfahnen noch weiter Worte zu verlieren,
ist wohl zwecklos; diejenigen, welche so sehr
an der Tradition hängen, daß sie auch dann
nicht von ihr lassen, wenn sie eine unsinnige
ist, mögen ihren „Geschmack" zum eigenen
wie ihrer Vereine Ruhme auch weiterhin in
ihrer Weise dokumentieren. Hier weint man
einzig dem Gelde nach, das diese Machwerke
gekostet haben. Im übrigen dürfen wir hier
wohl verweisen auf unsere Ausführungen
,,Alte und neue Kirchen- und Vereinsfahnen"
in Heft 2 u. 3, Jahrg. XXV d. Zeitschrift.

An dieser Stelle sollte eigentlich auch die

Abb. 33. Moderner Entwurf für Kasein. Applikation u. Platt-
stich v. d. Wyenbergh. Kevelaer.

heute und früher geübte Sticktechnik zum
Vergleich herangezogen werden. Wir meinen
nicht die verschiedenen Arten des Stick-
stiches, als vielmehr ihre Handhabung. So
merkwürdig es klingen mag, in unserer Zeit
verlieren viele Arbeiten ihre Haupt wirkung da-
durch, daß ihr Stickereischmuck sich von der
Maschinenarbeit nicht mehr unterscheiden
läßt, weil sie dieselbe schematische Genauig-
keit aufweisen wie die Fabrikprodukte, weil
sie gerade heraus gesagt zu „sauber" und
kleinlich und ohne zeichnerisches Gefühl ge-
arbeitet sind und dadurch den Charakter der
Handarbeit verlieren. Nichts wirkt öder und
mehr ohne technischen materialechten Cha-
rakter, als was die abgezirkelte Genauigkeit
der Maschine nachahmt. Aus der Schweiz,
speziell aus St.-Gallen, kommen die Massen-
waren, die diesen unkünstlerischen Typus von
Paramentenstickereien verbreiten helfen. Sie
sind mit Zirkel und Lineal in zahllosen Farb-
tönen zusammengestoppelt, Maschinen und
Menschenhand gehen hier scheinbar ein
Bündnis ein, das Produkt ihrer Arbeit ist eine
ganz öde Marktware, der keine größere Be-
deutung zukommt im Vergleich zu den guten
Handstickereien, als etwa den Öldrucken dem
Ölgemälde gegenüber. Man scheue und
 
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