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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 9/10
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Witte, Fritz: Von unserer Paramentik einst und jetzt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0173

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309

1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr.9/10.

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tadele vor allem doch nicht die kleinen Un-
ebenheiten und Unregelmäßigkeiten im Meß-
gewandschmuck, sie gerade sind es, die eine
gute Wirkung erzielen und die Stickerei von
einer sklavisch gepinselten Farbenskizze un-

haft Ding, sie müßten denn von dem, was
wir in den letzten Jahren gewonnen, recht
reichlich darbieten, anstatt aus Kirchen und
Museen entliehene und oberflächlich umge-
arbeitete Muster uns vorzulegen. Wir können

Abb. 34. Segensvelum. Ende des XIX. Jahrh. Beispiel völlig unzulässigen Entwurfes.

terscheiden helfen. Zu gleichmäßig gestickte
oder mit der Tambouriermaschine hergestellte
Flächenfüllungen oder Konturen wirken völlig
starr und leblos. Nicht zuletzt können auch
die „Musterbücher" Unheil stiften. Ganz ab-
gesehen davon, daß sie neben Brauchbarem
auch viel Unbrauchbares und Schlechtes
bringen, sind sie auch leicht ein Hemmnis
in der Weiterentwicklung und vor allem der
Gewinnung neuer Formen. Heute erst recht,
wo wir sichtlich einer Zeitkunst näher ge-
kommen sind, und überall gerade im Kunst-
gewerbe ein Knospen und ein junges Blühen
zu spüren ist, sind Musterbücher ein zweifel-

das Alte gar nicht entbehren, es ist und bleibt
für uns die Lehrmeisterin in jeder Richtung.
Soll es das bleiben, so müssen wir entweder
vor das Original hintreten — und das bleibt
das Beste —, oder wir nehmen mit dem photo-
graphischen Apparate hergestellte Abbil-
dungen in die Hand zum Studium, aber nicht
zum Kopieren. Den farbigen Reproduktionen
das Wort zu reden geht heute noch nicht an,
trotz aller moderner Errungenschaften, hier
entscheidet vorerst der Geschmack oder Un-
geschmack des Zeichners oder der Stickerin.
Heute hat die Lage sich insofern nicht un-
wesentlich verschoben, als doch wohl zumeist

Abb. 35. Antependium. XVI. Jahrh. Applikation. Beispiel für gute ornamentale Verwertung der Schrift und Raumfüllung.
 
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