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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 12
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Münzel, Gustav: Zur Datierung der Tauberbischofsheimer Bilder Grünewalds
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0201

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361

1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRTSTI.TCHE KUNST

Nr 12.

362

wo das Prophetenwort als prägnante Sentenz
angezogen wurde. Von dort brachten Grüne-
wald oder wahrscheinlicher der wohl geist-
liche Besteller10) die Worte in das Bild11).

10) Der Pfarrer Friedrich Virenkorn von Distel-
hausen hat für den Heiligkreuzaltar in Tauberbischofs-
heim, an dem sich Grünewalds Bilder befanden, zwei
Stiftungen für ein Benefizium gemacht. Die Meinung
v. Oechelhäusers, der es für sehr wahrscheinlich halt,
daß dieser Pfarrer auch der Stifter der Gemälde ge-
wesen sei, weil er zugleich Benefiziat in der St. Agatha-
kirche in Aschaffenburg war und darum den Künstler
wohl persönlich gekannt habe, hat sehr viel für sich.
(Vgl. v. Oechelhäusers Bemerkungen in den Kunstdenk-
mälern Badens IV, 2. Tauberbischofsheim. Freib. i. B.
1898, S. 183.) Ehrensbeiger (Zur Gesch. der Bene-
ficien in Bischofsheim a. T., Freib. Diöcesanarchiv 23,
1893, S. 200) hatte sich schon die Frage vorgelegt, ob
der Pfarrer Virenkorn der Stifter des Altares mit den Ge-
mälden Grünewalds gewesen sei, da er als Altarist in
St. Agatha in Aschaffenburg den Maler kennen zu
lernen Gelegenheit hatte. Allein er verneint die Frage,
weil sonst Virenkorn in seiner Stiftungsurkunde von
lf>04,sicher auch diese Stiftung erwähnt hätte. Diese
Argumentation krankt daran, daß Ehrensberger glaubt,
der Altar sei mit den Gemälden Grünewalds kurz vor
dem J. i 504 aufgestellt worden, wobei er sich auf
eine Äußerung von Kölitz in Karlsruhe stützt, der
diese Bilder als ziemlich frühe Werke des Meisters
(um 1500—1510) ansieht (S. 189). Davon kann
natürlich keine Rede sein. Vielmehr könnte die Stif-
tung der Gemälde durch Virenkorn erst nach seiner
zweiten Benefizienstiftung für den Heiligkreuzaltar im
J. 1515 (ebenda S. 200 ff.) in Frage kommen, da sie erst
nach dieser Zeit möglich sind. Virenkorn hätte da-
nach die Ausschmückung des Altares in die Hand ge-
nommen, als er für das Benefizium an diesem Altar
gesorgt hatte. Es sei noch darauf hingewiesen, daß
Virenkorn in der Einleitung seiner Stiftungsurkunde von
1504 auch eine Esaissteile anführt. (Würdtwein, Dioe-
cesis Moguntina I, Mannheim 1769, S. 685.) Übrigens
kann .die Annahme, daß der Pfarrer Virenkorn Stifter
der Griinewaldschen Bilder in Tauberbischofsheim sei,
in Beziehung gesetzt werden zu der Notiz, wonach ein
Maler Matlhis 1489 für den neuhergerichteten Lieb-
frauenaltar in der Aschaffenburger Agalhenkirche ein
Altarbild mit den Flügeln malte. (Nach Kittels An-
gaben, deren Quelle seither nicht mehr nachweisbar
ist. Schmid, a. a O., S. 286.) "Wenn diese Notiz, deren
Datum vielleicht nicht richtig überliefert ist, sich auf
Grünewald bezieht, dann konnte Virenkorn als Altarist
ein Gemälde Grünewalds in seiner Kirche sehen.

n) In diesem Zusammenhang sei auch auf einen
Geistlichen mit dem Familiennamen des Malers auf-
merksam gemacht, der, soviel ich sehe, noch nicht als
Träger dieses Namens mit dem Meister in Verbindung
gebracht worden ist, trotzdem er ein Zeitgenosse des
Malers war und in nächster Nähe von Aschaffenburg
amtierte. Es ist dies Kaspar Grünewald, Weihbischof
von Würzburg. Er wurde um das Jahr 1455 in Kol-
mar geboren, trat in das Dominikanerkloster in Frei-
burg i. B. ein, wo er Lektor der Theologie in seinem
Orden wurde. Dann schlug er die Universitätslaufbahn

Da die Bibelworte sehr wohl schon im
frühen XVI. Jahrh. so wie sie auf dem
Bilde stehen, übersetzt werden konnten, das
Bild aber sicher nicht so frühe entstanden
ist, so kann aus ihnen ein Anhalt für die
Datierung nicht gewonnen werden. Um
nur dies anzuführen, so findet sich bei
Geiler von Kaisersberg eine ganz analoge
Ausbildung des Sprachgebrauchs wie bei
Grünewald12).

Es bleibt also für die Datierung der
Tauberbischofsheimer Bilder lediglich die
stilkritische Betrachtung, für die es eine
wahre Entlastung bedeutet, der Rücksicht-
nahme auf das Jahr 1528 enthoben zu sein,
da sie unbedingt als terminus ante quem
für die Tauberbischofsheimer Bilder das
Jahr 1525 verlangt, in dem das Münchener
Erasmusbild schon existierte. Wenn man
eine Entwicklung nach dem Reifen und
Großen in Technik und Auffassung, in
Raumverteilung und Komposition bei Grüne-

ein, wurde 1481 immatrikuliert, wurde Doktor, Pro-
fessor und Rektor an der Universität. 1490 wurde er
Prior seines Ordens, berühmt wegen seiner theologischen
Kenntnisse wurde er 1492 Inquisitor in den Diözesen
Straßburg, Basel und Konstanz. (Vgl. Schreiber, Ge-
schichte der Universität Freiburg, I. Freiburg 1837,S.93,
129 ff., Poinsignon, Das Dominikaner- oder Prediger-
kloster zu Freiburg i. B., Freib. Diözesanarchiv 16. Bd.
1883, S. 44. Mayer, Die Matrikel der Universität Frei-
burg I, Freiburg 1907, S. 72.) Im Jahre 1498 wurde
er von Lorenz von Bibra zum Weihbischof von Würz-
burg ernannt, wo er 1512, nach anderer Angabe 1513,
starb. Erhalten ist eine Urkunde über eine Privilegien-
verleihung an ein Altarkruzifix in der Marienkapelle
in Würzburg, worin Bischof und Weihbischof ihre be-
sondere Verehrung des Bildes des Gekreuzigten aus-
sprechen. (Reininger, Die Weihbischöfe von Würzburg,
Archiv des hist. Vereins von Unterfranken und Aschaffen-
burg, 18. Bd. 1865, S. 96 ff.) Nachweisbar ist, daß
Kaspar Grünewald auch noch als Weihbischof von
Würzburg Beziehungen zum Oberrhein bis kurz vor
seinem Tode unterhielt (Freib. Stadtarchiv, Domini-
kanersachen, Poinsignonsche Regesten 1511, 15. Dez.).
Ob wir wohl in diesem aus dem Elsaß kommenden
Mann, dem Mönch und Bischof, der mit den Ge-
bieten des Oberrheins vertraut war, denjenigen zu sehen
haben, der als Verwandter Grünewalds dem Maler die
Verbindung von Franken nach dem Oberrhein, nach dem
Kloster in Isenheim im Elsaß, und dem Dominikaner-
kloster in Frankfurt a. Main geschaffen hat?

u) Man vgl. z. B. die Sprache in Doctor Keiser-
spergs »Passion des Here Jesu«. Deutsch von
Johannes Adelphus (Straßburg 1514). Hier auch
die Konstruktion mit „um — willen". Bl. 68 a,
80a. — Ebenso: Passio oder leiden vnseres heren
Jesu Cristi, Augsburg 1512. Bl. 101a.

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