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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Schulz, Bruno: Die Ergänzung des Theodorich-Grabmals und die Herkunft seiner Formen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0219

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Form der ursprünglichen Bauanlage an. Sie ist sehr sorgfältig konstruiert. Die in den
Lagerfugen mit Haken gearbeiteten 13 Bogensteine (einschließlich der beiden Kämpfer-
steine) von 61 cm Bogenstärke greifen alle ungeteilt durch die ganze Tiefe des von
ihnen gebildeten, die Nische überdeckenden Tonnengewölbes durch. Einer von ihnen,
der Bogenanfänger der linken, nördlichen Seite greift sogar mit "Wiederkehr 20 cm weit
in die Rückwand der Nische ein, ergibt also damit die genaue ursprüngliche Tiefe der
Nische mit 1,285 m. Der ursprüngliche Fußboden des runden Raumes dürfte in der-
selben Höhe wie der jetzige Zementestrich gelegen haben, weil dieser mit dem inneren
Teil der durch die ganze Mauerstärke gehenden Türschwelle bündig liegt, 6,5 cm unter
dem äußeren Teil der Schwelle. Der jetzige Fußboden der Nische liegt 13 cm tiefer
als der Estrich des Raumes, warum, läßt sich nicht erkennen, doch dürfte der alte Be-
stand dazu Anlaß gegeben haben. Von dem Mauerwerk der Nische ist jedoch nur ein
Teil noch ursprünglich. Ein großer Teil der Rückwand, etwa 2/s der Fläche, und die
anschließende südöstliche Ecke sind einmal herausgeschlagen und dann durch minder-
wertiges Mauerwerk zum Teil aus kleinen unbearbeiteten Bruchstücken mit dicker Mörtel-
verschmierung ersetzt worden, während das alte Mauerwerk sehr sorgfältige, dicht
schließende Fugen ohne Mörtel zeigt. Im Äußeren greifen diese Spuren der Zerstörung
und schlechten Wiederherstellung noch weiter und umfassen die Südwand des Nischen-
vorbaus mit. Die wiederverwandten großen Quadern sind dabei nicht einmal fluchtrecht
versetzt. Bei der Reparatur ist denn auch die Südwand der Nische 11 cm stärker aus-
gefallen als die Nordwand. Das Fenster in der Ostwand liegt ganz in diesem Flick-
mauerwerk. Sein Sturz besteht aus zwei schlecht gearbeiteten im Abstand von rechts

7 cm und links 10 cm voneinander versetzten Platten von verschiedener Dicke und
von anderem Steinmaterial als der übrige Bau, ist also sicher neu. Die Laibungen des
Fensters sind ohne Sorgfalt weder lotrecht noch winkelrecht noch in ebenen Flächen
hergestellt und lassen auch erkennen, daß das Fenster nachträglich notdürftig ausge-
brochen ist. Angesichts dieses Zustandes ist es sehr wunderlich, daß man in den bis-
her veröffentlichten Aufnahmen das Fenster für echt gehalten hat. Meine Abbildungen

8 und 9, die noch auf diese älteren Aufnahmen zurückgehen, sind deshalb dahin zu
ändern, daß in der Rekonstruktion das Fenster in Ansicht und Schnitt fehlt.

Die Nische ist bisher immer als Altarnische aufgefaßt worden, und Haupt nimmt
an, daß der König in einem mitten im oberen Raum freistehenden Sarkophag beigesetzt
gewesen sei, während Durm den oberen Raum nur als Kapelle ansieht und den Sarg
des Theodorich in den unteren kreuzförmigen Raum verweist. Nun ist aber eine Altar-
nische, deren Scheitel nur 1,90 m über dem Fußboden des Raumes liegt, die von da an
gerechnet nur ebenso hoch wie breit ist, und deren Fußboden um 13 cm tiefer als der
Fußboden des Raumes liegt, nicht recht möglich. Eine so niedrige Altarnische wäre
nur denkbar, wo, wie etwa in einer niedrigen Krypta, dem Architekten durchaus nicht
mehr Höhe zur Verfügung stand. Daß der Hauptsche Bogenfries außen noch über sie
fortlaufen sollte, kann auch der Grund für die gedrückte Gestalt der Nische nicht sein,
denn dieser Fries könnte ebensogut — und für die äußere Erscheinung günstiger —
höher liegen. Wenn wir also von dem Können des Architekten nicht eine sehr schlechte
Meinung haben sollen, müssen wir annehmen, daß die Bestimmung der Nische gerade
diese Abmessungen verlangte. Und nun haben wir eine Unmenge solcher Rundbogen-
nischen von genau den gleichen oder nur manchmal etwas größeren Abmessungen ge-

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