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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Schulz, Bruno: Die Ergänzung des Theodorich-Grabmals und die Herkunft seiner Formen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0222

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210

Die Wände des runden Innenraumes sind sicher einst mit Marmorinkrustation
versehen gewesen, wie Isabelle1 richtig annimmt. Das zeigt erstens die Flächenbe-
schaffenheit der Wände. Fein gespitzte und von einem Saumschlag umzogene Quader-
flächen gelten bei antiken Bauten dieser Art und namentlich bei Innenräumen nicht,
wie Durm meint, für fertig gearbeitet und für die Ansicht bestimmt. Dann aber be-
weisen es auch die in ziemlich regelmäßiger Anordnung noch vorhandenen, mit Blei
verstemmten Eisenpflöcke. Von diesen läuft eine Horizontalreihe besonders starker in
Höhe von ca. 53 cm über dem Fußboden um den Raum herum; zwei weitere Reihen
schwächerer Eisen sitzen in den Fugen 1,77 m und 2,64 m über dem Fußboden und eine
vierte Reihe in der Fuge unter der oben herumlaufenden gesimsartig vortretenden Schicht.
Drittens wird das einstige Vorhandensein einer Marmorinkrustation dadurch erwiesen,
daß jene Schicht ohne Unterglied mit horizontaler Unterfläche 10 cm vor die Wandfläche
vortritt, und noch deutlicher dadurch, daß auch das an dem Schlußstein des Nischen-
bogens angearbeitete Kreuz (im Querschnitt Abbildung 9 nicht dargestellt) von nur
61 cm Höhe die dafür ungeheuerliche Reliefstärke von 15 cm hat, sowie daß an dem
unteren Kreuzarm noch die Reste von zwei seitlich eingetriebenen Eisenhaftern sichtbar
sind, die das Absplittern des unteren Teiles des Kreuzes veranlaßt haben.

An den Innenflächen der Nische fehlen die Eisenhafter. Sie sind also wohl für
Stuck oder Mosaik bestimmt gewesen.

Das über der Inkrustationsfläche aus der Wand vortretende Band ist ebenso
wie die Wandfläche darüber und die Innenfläche des großen Kuppelsteins nicht glatt
bearbeitet. Das Band trägt an seinem unteren Teile einen vorspringenden Streifen, der
unregelmäßig nach oben aufhört. Das ganze Band und die Tambourwand darüber sind
fein gespitzt. Wesentlich gröber bearbeitet ist die Innenfläche des Kuppelsteins mit
Ausnahme des Kreises in der Mitte und des darin eingezeichneten Kreuzes. Die Tam-
bourfläche zwischen den beiden Gesimsen kann nur mit Stuckputz versehen gewesen
sein, da das simaförmige Unterglied des oberen Gesimses nur mit einem 2 cm tiefen
horizontalen Vorsprung aus der Wand heraustritt; und so wird auch das Bandgesims
einen Stucküberzug gehabt haben und ebenso vielleicht die Kuppel, wenn diese nicht
mosaiziert war.

Das Gebäude war natürlich zur Zeit Giulianos da Sangallo längst nicht mehr in
diesem seinem ursprünglichen reich geschmückten Zustande. Die kleinen Ziersäulen
hatten gerade eine recht handliche Größe zum Mitnehmen, und da ihre Schäfte vermut-
lich aus kostbarem farbigen Material waren, so begreift man, wie sie bald verschwinden
konnten. So werden denn wohl, als Karl der Große, oder auch ein anderer, diese leicht
transportablen Schmuckstücke wegnahm, ihre Gebälkstücke, die Bogenverdachungen,
auch gleich mitherabgenommen worden sein. Dann hat sich also vielleicht schon zu
Karls des Großen Zeit oder bald danach der Bau etwa so gezeigt, wie er heute aussieht.
Da war es dann natürlich, namentlich wenn man ihn zu kirchlichen Zwecken benutzte,
daß man zu irgendeiner Zeit den «negativen» Bogenfries für nicht recht würdig ansah
und ihm deshalb einen «positiven», vortretenden, vielleicht nur aus Ziegeln und ge-
putzt, einsetzte, so gut es ging. Dazu setzte man die Konsolen ein, wenn sie nicht
schon vorhanden waren, und legte darauf die breiteren horizontalen Steine, wie sie Haupts
Rekonstruktion für den ursprünglichen Zustand annimmt. Diese konnten, gleich oder

1 M. E. Isabelle, Les edifices circulaires et les dömes, Paris 1855.
 
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