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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

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Heft 3/4
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Naue, Julius: Bronze und Eisen in der Vorgeschichte Oberbayerns
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https://doi.org/10.11588/diglit.6902#0018

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Wronze und Listen in der Vorgescliiebte Gberbu^erns.

n

Von Historienmaler Julius Naue*).

wei Perioden sind es, die in der Vorgeschichte
Gberbayerns eine bevorzugte Stelle einnehmen
und von denen man bisher bei uns verhältmß-
mäßig wenig wußte. Die erste ist die soge-
nannte Bronzeperiode, eine Zeit, in der Waffen, Schmuck-
sachen und Geräthe nur aus Bronze und in einen: ganz
eigenartigen Style hergestellt wurden, sie erstreckt sich un-
gefähr vom Jahre 2000 bis fOOO vor Ehristo; die zweite
ist die Pallstatt-Periode, so genannt, weil die ersten
zahlreichen und bedeutenden vorgeschichtlichen Funde ober-
halb pallstatt in Gberösterreich, in der Nähe des Rudolf-
thurnies, gemacht wurden; sie umfaßt die Zeit von circa
800 bis zum Ende des 5. resp. Jahrhunderts vor
Ehristo und unterscheidet sich von der Bronzezeit durch eine
reichere Aenntniß der Metalle und durch eine erweiterte
Vervollkommnung der Technik, paben wir in der Bronze-
zeit nirgends Eisen angetroffen, so tritt dasselbe in der
sogenannten älteren Pallstattperiode zum ersten Male aus,
um dann immer mehr und mehr seine Macht zu entfalten.
Zwar hatte man auch in der Bronzeperiode es verstanden,
die Bronze vortrefflich herzustellen, wofür noch heute ihre
Stahlhärte und die herrliche Patina die besten Beweise
liefern; aber die Pallstattzeit exzellirte nicht allein im Gießen
von Bronzeschmucksachen, man wußte auch Bronzebleche
bis zur federnden Papierdünne auszuhämmern und mit
eingravirten und eingestanzten Ornamenten zu verzieren.

Indeß haben wir es nicht nur mit der Herstellung und
Verarbeitung der Bronze in der älteren Pallstattperiode zu
thun, sondern auch mit derjenigen des neu eintretenden
Materiales: des Eisens. Man lernt das Eisenerz zu
finden, zu schmelzen, zu schmieden, und damit tritt eine neue,
langandauernde Blüthe der Aultur ein, die, nach ihren
auf uns gekommenen Produkten zu schließen, so reich, so
ausgedehnt und so groß gewesen ist, daß wir mit vollem
Rechte von ihr sagen können: sie war einzig in ihrer Art.
Daß jedoch diese langandauernde Aultur nur gedeihen konnte,
als Frieden weit und breit herrschte, bedarf keiner weiteren
Auseinandersetzung; daß es der Fall gewesen, dafür haben
wir viele und wichtige Beweise.

Durch die aus den Grabhügeln erhobenen Gegenstände
sind wir im Stande, uns, soweit dies ohne geschriebene und
gedruckte Dokumente möglich ist, ein ziemlich klares Bild
von der Bronzezeit und der Pallstattperiode in Gberbayern
zu machen; ein Theil dieses Bildes, nämlich die Verar-
beitung und Benutzung von Bronze und Eisen,
soll in Folgendem dargestellt werden.

Schon zur Bronzezeit war die Verwendung der Bronze
eine sehr vielseitige. Außer den Waffen, auf welche später

eingegangen werden wird, stellte man namentlich Schmuck-
sachen her; große, für unsere Begriffe fast allzugroße Nadeln
(Fig. I,i 2) mit runden Aöpfen und stark gerippten pälsen;
es wurden mit denselben die Mäntel zusammengehalten,
indem man sie durch kleine, in kurzen Zwischenräumen
angebrachte Schlitze steckte; ferner Spiralnadeln, d. h.
lange Nadeln aus starkem Bronzedraht mit Spiralscheibe;
Brillenspiralen, nämlich große und kleine Doppelspiralen,
die durch ein brillenartiges Mittelstück mit einander verbunden
sind und wahrscheinlich als Brustschmuck getragen wurden;

Fig. I. B ronzez eit.

Nadeln (J, 2), Armreife (H) und Zierscheibe (Z). — 2/3 der wirklichen Größe.

durchbrochen gegossene Zier scheiben (Fig. I, g), innen mit
Doppelkreuz oder sogenanntem Sonnenrade, ebenfalls als
Brustschmuck verwendet. Aus sehr dickem Bronzedraht
wurden Aopfringe oder Diademe, die jedenfalls nur
die Päupter der Stammesfürstinen zierten, angefertigt. Dieser
eigenartige Schmuck, der sich in den oberbayerischen Hügel-
gräbern fand, läßt sich sehr weit zurück verfolgen und wird
schon bei den Frauen der Aegypter und der Etrusker, sowie
bei den jonischen Frauen pomer's angetroffen. Um die
püften legten sich breite Ledergürtel an, deren Vorderseite
mit länglich ovalen Bronzeblechen besetzt war, auch eine
besonders Eigenthümlichkeit unserer oberbayerischen Frauen
der Bronzezeit. Die Unterarme schmückten massiv gegossene,

*) Dieser Aufsatz des verdienstvollen Forschers, dessen sechsjährigen Untersuchungen vorgeschichtlicher Gräber in Gberbayern, München
sein prähistorisches Museum verdankt, welches zu Ostern dieses Jahres eröffnet werden wird, ist ein Abschnitt aus seinem im Aunstgewerbeverein
am ;. Februar gehaltenen Vortrag (s. Vereinschronik). Die Abbildungen find meist nach Aufnahmen Naue's oder direkt nach den Griginalien hergestellt
worden und bilden einen verschwindend kleinen Theil der von dem Verfasser für sein demnächst erscheinendes Merk, welches die Hügelgräber zwischen
Ammer- und Stasfelsee behandelt (Verlag von Ferd. Enke, Stuttgart), gemachten Ausnahmen. (Llichös von D. Tonfte, München.) Die Redaktion.
 
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