Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

DOI Heft:
Heft 9/10
DOI Heft:
Heft 11/12
DOI Artikel:
Krell, Paul F.: Jagd und Jagdgeräthe in alter Zeit, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6902#0075

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
„Stillleben", nach dem im Festsaal des Runstgewerbevereinshanses (München) befindlichen, von Professor Hui). Seit;
als Wanddekoration gemalten (Original gezeichnet von <£. Sack.

Santi uni) haMmitljc tu alter Bett.

von Prof. Dr. p. L. Krell.*)

(Schluß.)

in ganzes Jahrhundert lang brauchte das Feuer-
gewehr, um über die Armbrust im Krieg wie
in der Jagd den Lieg zu erringen. Die Arm-
brust ward hieraus, als zu unwirksam, zum
Scheibengewehr degradirt und nur noch zum Schießen nach
größeren Wasservögeln gebraucht. Wie sich doch die An-
schauungen ändern! Zweimal hatte die Kirche im XII. Jahr-
hundert die Armbrust als ein zu mörderisches Gewehr
im Kampfe von Christen gegen Christen verboten, welches
verbot freilich nicht lange beachtet wurde!

Seiner untergeordneten Stellung wurde das Feuerge-
wehr entrissen durch eine zwischen sosO und s520 ge-
machte hochbedeutende Erfindung, deren Deutschland sich
berühmen darf. Auch ist es höchst wahrscheinlich die Stadt
der größten Kunstfertigkeit, unser Nürnberg, wo das sinn-
reiche, vorzügliche Radschloßgewehr erfunden wurde,
das eigentliche Gewehr und der Stolz der Renaissance. In
ebenderselben Stadt wurde dieser Erfindung gegen das Ende
desXVI. Jahrhunderts die weitere Verbesserung gezogener
Läufe hinzugefügt, chiemit war es möglich, auch die
Rohre dünner zu machen und den Gewehrschäften zugleich
ihre keulenartige Schwere zu benehmen. Bei dem Rad-
schloß, das fast nie versagte, fand die Entzündung mittelst
5chweselkies statt. — Wurde der Drücker bewegt, so
schlug der pahn mit dem Schwefelkies auf ein sich rasch
drehendes Rad. Die dadurch entstehenden Funken ent-
zündeten das Pulver auf der Pfanne.

Aber bis diese Neuerungen sich verbreiteten und all-
gemein wurden, dauerte es wieder eine geraume Zeit d. h.
ein weiteres Jahrhundert und bezeichnender weife hielt das *)

zünftige Iägerperfonal noch lange an den veralteten Systemen
fest, nachdem die Jäger der freien Pürsch und namentlich
aber die Wilderer sich der Neuerungen schon längst be-
mächtigt hatten. (Auch heutzutage zeichnen sich die Büchsen
der Wilderer durch ihre große Handlichkeit aus.)

Die Radschloßbüchse und Pistole ist nun das-
jenige Gewehr, welches zu reichstem ornamentalem Schmuck
besonders ausersehen wurde. Das Radschloßgewehr war
noch nicht überall angenommen worden, als gegen f6ä0
schon wieder ein besseres Schloß austauchte, das Batterie-
oder Feuerschloß, bei welchem die Entzündung durch
Stahl und Feuerstein geschah. Es führte sich ziemlich
rasch ein; nur Einzelne hielten mit großer Zähigkeit am
Radschloß fest, so daß dasselbe sogar noch theilweise im
Gebrauch stand, als um f800 das Perkussionsgewehr
erfunden wurde.

Sobald das Feuergewehr über die Armbrust die Ober-
hand erhalten hatte, begann es auch eine vollständige
Umgestaltung der Jagd herbeizuführen. Aus der
Fangjagd wurde allmählig die Schießjagd.

Das Feuergewehr nahm aber der Jagd viel von dem,
was sie spannend, interessant gemacht hatte; es kürzte vor
Allein das Iagdvergnügen bedeutend ab. Ulan suchte da-
her Ersatz in der größeren Ulenge des Wildes und erlangte
diese durch die „eingestellten Jagden." Diese bestanden
darin, daß man einen großen Waldkomplex mit Garnen
und Tüchern umschloß, einen Raum von oft mehr als einer
Wegstunde im Umfang, in welchen man zuerst das Wild
zusammen getrieben hatte. Darauf erfolgte das Antreiben
nach den: Bockstall und dort ein brutales Abschlachten der

*) In dem ersten Theil dieser Abhandlung haben sich einige störende Druckfehler eingeschlichen, die wir zu verbessern bitten. Auf
Seite 62 links unten und rechts oben soll es statt Bauforsten, Aönigsbau, Wildbau heißen: Bannforsten, Aöiiigsbann, Wildbann; — Seite 62
rechts, Zeile 25 von unten, sollte es statt „Vogelfang" natürlich „Vogelfang" heißen. — Die Red.


Zeitschrift des bayer. Runstgewerbe-Vereins München.

*887. £jeft U & 12 (Bg. 0-
 
Annotationen