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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

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Heft 7/8
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Schmädel, Josef von: Gedenkfeier für Ferdinand von Miller, [2]: abgehalten am 26. April 1887 um 8 Uhr abends im Festsaale des Kunstgewerbehauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.6902#0047

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Die Lrzgießcrei zur Zeit des „Bavaria"-Gußes (t8-tz—;8so). Holzschnitt im Besitze der Familie von Miller.

Gedenkfeier für Ferdinand von Miller.

(Schluß.)

^)ören wir selbst. Ts liest sich ergreifend, was
er über solche Momente in seinem Tagebuch,
welches den ganzen Verlauf des Gusses der
Bavaria schildert, niedergeschrieben hat:

„Ls war am U- September des Jahres \8^H, als zwei dicke
Rauchsäulen aus den Kaminen der Gießerei gerade gegen Fimmel
ausstiegen und verkündeten, daß heute ein großer Guß stattfinden werde.

Ja es sollte heute nicht allein das erste Stück der Bavaria,
der "Kopf derselben, es sollte anch mein erster großer Guß geschehen;
das Erz war siüssig im Vfen wie Wasser, viele Zuschauer, selbst
fürstliche Damen, waren zugegen.

Mit welch' kaltem Blute stieß ich sonst den Zapfen aus; heute
war mir so bang, so ängstlich, doch es mußte vor sich gehen. Das
Erz stürzte hinunter in die Form mit Macht — mit pochendem Herzen
erwarte ich das frohe Zeichen an den Luftröhren; aber es will nicht
erscheinen. Da ist ein Unglück im Anzuge! durchschauert es mich;
rasch bitte ich die vielen Zuschauer, die Gießerei zu verlassen. Da
höre ich es plötzlich furchtbar prasseln in der Tiefe. Gottl die Form
war — zersprungen I Armdick strömte das Erz aus der Form, der
Schrecken lähmte mir alle Glieder, nichts mehr konnte ich thun, um
zu retten und ein Blick nach oben mit den Worten: Herr, Gott, hilf
Du! — das war alles, was ich vermochte. Stumm und still stand
ich, mein Unglück zu schauen. Da erkaltete der Feuerstrom — es

dringt kein Erz inehr in die Form — ich sehe noch flüssiges Metall
auf der Höhe des Kanals — ein Hoffnungsstrahl durchzuckt mein
Inneres, ich steige schnell über den glühenden Kanal, um in die Luft-
röhren zu sehen, welch' ein Anblick — welche Freude!

Feurige Augen glotzen mich an aus denselben und doch so
freundlich — so fröhlich! welch' ein Jubel als ich ausrufen konnte:
Glück auf! der Guß ist gelungen, viel Schmerz, viel Freude habe
ich schon erlebt, nie aber einen solchen Wechsel von Schrecken und
Freude empfunden.

wie brannte ich vor Neugier, zu erforschen, wie das zuge-
gangen ? Der Druck des Erzes hatte die zwei Fuß dicke M auer und
die Form durchbrochen, Zentner Erz strömten aus der Veffnung,
endlich erstarrte die flüssige Masse und erstarrte in einem Momente,
wo nicht mehr 30 Pfund hätten aus dem Riffe entweichen dürfen,
sonst wäre der Guß mißlungen. Gewöhnlich nennt man so etwas
einen glücklichen Zufall; doch mein Gefühl drängte mich, mein Haupt
zu entblößen und die tiefempfundenen Worte auszusprechen: Gott!
Dir danke ich Alles!"

Am fO. Oktober fand der Guß des Bruststückes
der Bavaria statt. Heber diesen schreibt er:

„Mit derlei mannigfaltigen Beschäftigungen überhäuft" — (Miller
spricht hier in seinem Tagebuch zuvor von seinen anderen zahlreichen
Arbeiten) — „war aber immer meine Hauptsorge der große Guß der

/

Zeitschrift des bayer. Aunstgemerbe-Vereins München.

\887. Heft 7 Sc 6 (Bg. 1).
 
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