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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

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Heft 3/4
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Sepp, J.: Der Hermes von Olympia und dessen gewagte Restauration, [2]: Vortrag, gehalten im Bayer. Kunstgewerbeverein zu München von Prof. Dr. J. Sepp
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Deutsch-nationale Kunstgewerbe-Ausstellung zu München 1888, [1]
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Vereins-Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.6902#0026

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4- 22 -4

So erfreulich dieses Lntgegenkommen der Künstlergenoffenschaft
ist und so sehr man auch auf Seite des Kunstgewerbevereins einsah,
daß unter den gegebenen Verhältnissen ein weiteres Lntgegenkommen
nicht möglich wäre, so wenig konnte man sich verhehlen, daß der
geringe in Aussicht gestellte Theil des botanischen Gartens zur wür-
digen Entfaltung einer deutsch-nationalen Kunstgewerbeausstellung
nicht ausreiche. Somit war der Verein vor die Frage gestellt, ent-
weder ganz auf die Ausstellung zu verzichten, oder sie getrennt von
der Kunstausstellung zu halten; und da die Stimmung mehr für
als gegen die Abhaltung ist, so trat an den Ausschuß die Aufgabe
heran, sich nach einem Ausstellungsterrain umzusehen, welches in
erster Linie ausreichenden Platz bietet, und welches sich auch durch
landschaftliche Reize anziehend machen läßt. Um aber auch jeden
Schein zu vermeiden, als beabsichtige man ein Konkurrenz-Unter-
nehmen ins Leben zu rufen, um jede Spannung mit der Künstler-
genosfenschaft zu vermeiden, soll die Gemeinsamkeit der Interessen
durch gemeinsames Vorgehen in allen äußeren Fragen — Ankün-
digungen durch die Presse oder durch Plakate, Vorstellungen und Ein-
gaben bei Behörden, Lotterie-Unternehmungen, Eintrittskarten — an
den Tag gelegt werden.

von diesen Gedanken geleitet, stellte der Ausschuß des Kunst-
gewerbevereins folgende Anträge, welche von der ordentlichen General-
versammlung am März d. I. einstimmig angenommen wurden:

j. Der in der Generalversammlung vom \n. Dezember *886
gefaßte Beschluß der Veranstaltung einer deutsch-nationalen Kunst-
gewerbeausstellung für das Jahr ;888 in München wird unter Auf-
hebung der damals ausgesprochenen Voraussetzungen bezüglich der
Ausstellungsörtlichkeit erneuert.

2. Die Generalversammlung ermächtigt den Vereinsausschuß,
die zur Zeit noch offene Frage des Ausstellungsplahes selbstständig
zu entscheiden, ferner alle zur «Organisation des Unternehmens erfor-
derlichen Schritte vorzunehmen und zu diesem Behufe geeignete Hilfs-
kräfte — auch wenn solche dem Verein als Mitglieder nicht ange-
hören — durch Kooptation zu gewinnen.

3. Die Generalversammlung nimmt von dem seitens der
Münchener Künstlergenoffenschaft dem bayerischen Kunstgewerbeverein
bekundeten Lntgegenkommen mit warmem Dank Kenntniß und be-
schließt, daß selbst für den Fall einer örtlichen Trennung der beiden
Ausstellungen die von beiden betheiligten Korporationen angestrebte
Gemeinsamkeit ihrer Unternehmen, soweit es der bayerische Kunstgewerbe-
verein vermag, in thunlichster Form zum Ausdruck gebracht werden soll.

q. Dem Vereinsausschusse wird behufs Vornahme weiterer
Schritte ein außerordentlicher Kredit von \0,000 Mk. ä conto des
Vereinsreservefonds gewährt; die Genehmigung weiterer Mittel bleibt
der Generalversammlung bis zur Vorlage eines ausgearbeiteten Pro-
jektes und Kostenanschlages Vorbehalten.

«^3*© 'Veneins-Ohnonik.

Fackelzug zu Ehren des Protektors des Kunstgewerbevereins
Sr. K. Hoheit den Prinz-Regenten Luitpold von Bayern.

Der prächtige Fackelzug, zu welchem sich der Kunstgewerbeverein
mit der Künstlerschaft am 5. Januar vereinigte, darf wegen der
Großartigkeit seiner Anlage, wie wegen der starken Betheiligung
von über \200 Fackelträgern als ein würdiger Ausdruck der Freude
bezeichnet werden, mit welcher unser Verein sowohl als die Künstler-
genossenschaft die gnädige Uebernahme des Protektorats Sr. Kgl. Hoheit
des Prinzregenten Luitpold über beide Vereinigungen entgegenge-
nommen; das Bewußtsein, daß die Förderung der Kunst und des
Kunstgewerbes den erhabenen Sprossen des Wittelsbacher Geschlechtes
von jeher Herzenssache war, und daß speziell der derzeitige Regent
durch seinen zahlreichen und innigen Verkehr mit Künstlern sich
längst als warmer und feinsinniger Verehrer der Kunst die Liebe
der Künstlerschaft erworben hatte, — dieses Bewußtsein gab dem fest-
lichen Aufzug eine höhere Weihe. Der Fackelzug, welcher um 6 Uhr
Abends sich vom Siegesthor durch die Ludwigs-, Theatiner- und
Perusa-Straße zum Max-Iosephsplatz bewegte, und welcher trotz der
grimmigen Kälte und dem schneidigen Nordwind tausende von Zu-
schauern herbeigelockt hatte, wurde durch den Kun st ge w e rbeve rei n
eröffnet, an dessen Spitze zwei Zugführer zu Pferd, und zwei berittene
Musik-Korps. Die zweite Abtheilung des Zuges bildete die Kunst-
akademie, deren sackeltragende Schüler in ihrer Mitte den Lehrkörper
der Akademie mit Festreitern und Standartenträger geleiteten. Die
K ünst l er schaft selbst bildete die dritte und größte Abtheilung; ihre
Musik war aus einem festlich dekorirten, treppenartig aufgebauten
wagen (ein Werk des Malers Grünenwald) untergebracht. Den
Glanzpunkt des Zuges aber bildete der Schluß. Fanfarenbläser zu
Pferd, in langen weißen Gewändern mit den silbernen Trompeten
des früheren Garde du Lorps-Regiments, kündigten mit wenigen
machtvollen Accorden das Herannahen des großen Huldigungs-
wagens an. Sechs prächtig geschirrte Rosse, von Männern in
wallender Toga geführt und von Magnesia-Fackeln umstrahlt, zogen
den in reichem Renaissaneestyl dekorirten Wagen. In Mitte von
vier reich vergoldeten Landelabern baute sich aus Tannengrlln ein
hohes Postament auf, dessen Seiten von Wappen, dessen Ecken von
vier palmentragenden Genien in weißen Gewändern umgeben waren
und welches eine von vergoldetem Laubwerk umrankte Lartouche trug
auf welcher in Flammenschrift die Worte strahlten: I-uitpoläus, artium
protsetor. Das herrliche werk, eine gemeinsame Arbeit des Malers
L. Herterich und des Architekten E. Seidl erregte in seiner

inagischen Beleuchtung die gerechte Bewunderung Aller. Nach der
Ausstellung des Zuges auf dem Max-Iosexhsxlatz begab sich die
Deputation, bestehend aus den Herren E. Sti eler, Prof.Fr. Thiersch
und Ferd. v. Miller jun. für die Künstlerschaft, Direktor Fr. A.
v. Kau lbach, Prof. W idnmann und Professor Lösftz für die
Kunstakademie, und Herr Direktor Lange, Prof. Rud. Seitz und
Magistratsrath Her gl für den Kunstgewerbeverein, in die Gemächer
der Residenz, um dem Prinzregenten im Namen der drei Korporationen
ihre Verehrung darzubringen.

Die Ansprache, welche der Präsident der Münchener Künstler-
genossenschaft, Maler Eugen Stieler, Namens der vereinigten
Deputationen der Akademie, des Kunstgewerbevereins, und der Künstler-
schast an Se. K. Hoh. den Prinz-Regenten richtete, lautete:

Allerdurchlauchtigster Prinz und Regent!

„Unserm Schirmherrn zu huldigen, sind wir gekommen. Kunst
und Kunstgewerbe bringen heute begeistert Ew. K. Hoheit ihren
ehrfurchtsvollsten Dank. In eiserner Zeit, da ernste, gewaltige Auf-
gaben den Staat und das öffentliche Leben beherrschen, hat ideales
Streben und Schaffen in Ew. K. Hoheit seinen Hort gesunden.

„Im Vollbewußtsein der hohen Bedeutung dessen, daß wir allzeit
zu Eurer K. Hoheit als unserem Protektor aufblicken dürfen, sehen
wir vertrauensvoll und hoffnungsfreudig in die Zukunft; denn unter
Ew. K. Hoheit mächtigem Schutze wird Münchens und Bayerns Kunst
und Kunstgewerbe glänzend erblühen, unserem geliebten Vaterland zu
Ehr und Frommen. Das walte Gott!"

In diesem Moment erbrauste ein gewaltiges Hoch von der viel-
tausendköpfigen Menge, welche den weiten Platz vor der Residenz
aussüllte, worauf Herr Stieler seine Ansprache mit den Worten schloß:

„Mögen E. K. Hoheit in dem begeisterten Jubelruf, der tausend-
stimmig jetzt erbraust, den Ausdruck unerschöpflicher Liebe und Dank-
barkeit erblicken, die wir Alle, Alle Eurer K. Hoheit, unserm er-
habenen Protektor, aus vollstem Herzen entgegenbringen. Gott schütze
Ew. K. Hoheit!"

Mit tiefbewegten Worten dankte Se. K. Hoheit der Prinzregent
für die ihm dargebrachte Dvation und unterhielt sich alsdann noch
einige Zeit mit den einzelnen Herrn in leutseligster Weise; wenige
Tage nachher — Samstag den 8. Januar — waren sämmtliche Mit-
glieder der Deputation bei S. K. Hoheit zur Tafel geladen, wobei
höchst derselbe abermals Gelegenheit nahm, seine aufrichtige Freude
über die ihm erwiesene, prachtvolle Kundgebung auszusprechen.
 
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