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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

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Heft 1/2
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Gmelin, Leopold: Das Projekt einer deutsch-nationalen Kunstgewerbe-Ausstellung in München i. J. 1888
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Sepp, J.: Der Hermes von Olympia und dessen gewagte Restauration, [1]: Vortrag, gehalten im Bayer. Kunstgewerbevereins zu München von Prof. Dr. J. Sepp
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https://doi.org/10.11588/diglit.6902#0008

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gewinnen, unermüdet fortzuschreiten auf der Bahn der Ent-
wicklung. Seien Sie überzeugt, daß auch die Staatsregierung
Ihrem Unternehmen wohlwollend gegenübersteht und daß
sie mit allen Kräften Ihr Streben unterstützen wird." Mit
großer Genugthuung nahm die Versammlung diese frohe
Botschaft entgegen.

Dem verdienstvollen Vorsitzenden, Direktor Lange,
welcher sich schon bis dahin eine Fülle von Arbeit auf-
geladen hatte und auf dessen Schultern das ganze Unter-
nehmen vorwiegend ruhen wird, brachte Bürgermeister
Vr. v. Erhardt ein Hoch aus, worauf Dir. Lange dem
Ehrenvorsitzenden Hrn. v. Miller, dem „Vater des Ver-
eins", dein leuchtenden Vorbild, der Seele des Ganzen, die

Verehrung des Vereins in einem begeistert begrüßten Hoch
darbrachte. —

Hiermit schloß diese seit Jahren folgenschwerste General-
versammlung, welche ihre Zustimmung zu dem geplanten
Unternehmen mit einer über alle Erwartung großen Be-
geisterung und ohne jeden Vorbehalt gegeben, und so dem
Ausschuß die Waffen gestählt hat, mit denen er zum
Besten des Kunstgewerbevereins und der Stadt München
das erhabene Ziel zu erkämpfen bereit ist. So möge denn
der Verein seine ganze Kraft dafür einsetzen, damit die
Erreichung dieses Zieles dem deutschen Kunsthandwerke zu
neuem Ruhm verhelfe und ihm neue Lebenskraft und neue
Absatzwege gewinne. L. G.

D® Lmms von StzuiM w öcpft gewagte Restauration.

Vortrag, gehalten im Bayer. Kunstgewerbeverein zu München von Pros. vr. J. Sepp.

IE Entdeckung des Herines von Praxiteles war
ein Festtag für die Kunstgeschichte. Seitdem
de Fredis aus einer Nische des verschütteten
Tituspalastes in seinem Weinberg die herrliche
Gruppe des Laokoon an's Licht förderte, welche, von Tar-
dinälen mit Hymnen begrüßt, sofort im Triumphzuge durch
die Straßen Roms nach dem Vatikan übergeführt ward,
hat kein höherer Jubel die ganze kunstverständige Welt er-
füllt, als auf die Nachricht, bei den Ausgrabungen von
Olympia fei die von paufanias geschilderte Statue des
Hermes im Heratempel am Fuße des Kronoshügels in
Vorschein gekommen. Man wagte kaum an die gleichwohl
beurkundete Meisterschaft des Praxiteles zu glauben, uni
nicht den Schmerz der Enttäuschung zu erfahren: doch
richtig stand das Original eines der ersten griechischen Bild-
hauer vor Augen. Nur ein Unterschied bestand zwischen
jenem Funde von 1506 und dem von J878; das Werk
der rhodischen Meister ist völlig unverletzt auf uns gekommen,
Hermes dagegen abrupt und an Füßen wie Händen ver-
stümmelt, ja es war noch ein Glück, daß das Baechuskind
auf seinen Armen in vier Fragmenten weit von einander
nachträglich sich vorfand. Es handelte sich bei der noth-
wendigen Restauration zunächst um das Attribut in der
Rechten, während die Statue an den durch die Ehlamys halb-
verhüllten Baumstamm gelehnt, mit der Linken den Sohn der
Semele Iacchos emporhält. Man gab dem Götterjüngling
eine Traube in die Hand, als ob es um ein heiteres
Spiel, ein Necken des Kleinen, darnach zu verlangen und
zu langen, sich handle; doch mit solch einer Kinderei geben
wir uns nicht zufrieden. Ich überlegte gleich Anfangs, eine
höhere Idee müsse bei dieser Darstellung in parischem Marmor
dem unvergleichlichen Künstler vorgeschwebt haben, und dachte
alsbald an die Beziehung auf die großen Eleusinien.

Im Zeustempel, dem dorischen Hypäthralbau und
Peripteros zu Olympia, welchen Libon 435 vollendete,
stellte phidias zwei Jahre später sein größtes Meisterwerk,
den Vater der Götter und Menschen aus. Thronend
als weltregent hielt dieser das Szepter in der einen, die
Siegesgöttin auf der anderen Hand, auch der Thronstuhl
war ein Kunstwerk. Gebietend von einem Postamente von
zwölf Fuß herab behauptete die sitzende Figur für sich die
Höhe von 40 Fuß, während der ganze Tempel sammt den:
Dache nur deren 68 betrug. Die erhabene Gottheit erreichte
sohin, wie später Serapis im Weltwunderbau zu Alexandria,
bereits die Höhe des Heiligthums. Die Idee des Einen
Gottes und Königs Himmels und der Erde scheint
dem Aünstler bei dieser Arbeit aufgegangen zu sein, er
überlebte dies fein letztes und bedeutendstes Werk leider nur
um ein Jahr, und starb schon 432, einem Sokrates ähnlich,
im Aerker zu Athen. Aber dieses fein großartiges Gottes-
bild hat ihn vor allem unsterblich gemacht, der welt-
schöpfer von Michel Angelo in der Sixtina und von
Tornelius in der Ludwigskirche zu München sind nach
Verlauf von 2000 Jahren und darüber eben im Geiste
eines Phidias geschaffen. Olympia war der religiöse
Mittelpunkt von Hellas. Hier versammelte der höchste
Gott alle vier Jahre das Griechenvolk um sich; die Olym-
pischen Festspiele bestimmten seit ihrer Einführung 776 v.
Ehr. sogar die hellenische Zeitrechnung, welchen Eindruck
aber von seiner Hoheit und Majestät das Volk mit sich
nach Haufe nahm, gibt der Ausspruch kund: „wer den
Gott von Olympia geschaut, kann niemals ganz un-
glücklich werden; unselig derjenige, der ihn nicht gesehen."

Das riesengroße Bild von Elfenbein und Gold erhielt
sich bereits tausend Jahre; erst 494 stellte Kaiser Theodosius II.
durch kaiserliches Verbot die Olympischen Spiele für immer
 
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