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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

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Heft 1/2
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.6902#0016

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OCnfette kunstgelvenblichon (Dulfcrlilätfcn.

Tafel * & 2. Wohnhaus „zum Ritter" in Schaff Hausen
a. Rh., gemalt von Tob. Stimmer, ausgenommen und gezeichnet von
Jos. Widmann, München. Die Fa;adenmalerei gehört zu denkest'
erhaltenen Resten der einst vielfach bemalten lfäufer in Lonstanz, Stein u.
a. Orten der Bodenfee-Gegend und des Dberrheins; Stimmer (geb. *534
zu Schaffhausen, gest. um * 590), von welchem Sandrart in seiner „deutschen
Akademie der edlen Bau-, Bild- und Malereikünste" (Nürnberg *675)
erzählt, daß er viele Fa;aden in Schaffhausen, Frankfurt, Straßburg
gemalt habe, ist auch der Schöpfer dieser Fagade. Wahrscheinlich hat
Sandrart diese Fagade im Auge, wenn er besonders eine Dar-
stellung des Marcus Turtius an einem kjause zu Schaffhausen rühmt
und dazu bemerkt, es seien vor diesem Bilde die Leute fast zur Flucht
angetrieben worden, indem das Pferd herabzusxringen schien.

Angesichts der Unmöglichkeit, die reiche farbige Wirkung im
Druck wiedergeben zu können, mußte zu einem einfachen Tondruck ge-
griffen werden; zur Veranschaulichung der Wirklichkeit diene Folgendes.
Das Erdgeschoß, früher wohl in eine offene Halle („Laube") aufgelöst,
wie solche noch in vielen Schweizerischen Städten angetroffen werden,
trägt jetzt durchweg eine Helle Tünche; das einzige Ornament über
dem niedern Finster ist, wie auch die Lartouche „zum Ritter", aus
späterer Zeit. Die übrige Fa;ade wird durch ein Architektursystem ge-
gliedert, das im Wesentlichen in röthlich-graner Farbe gehalten ist, mit
goldgelben Kapitellen und Basen, Karyatiden, Vasen und Masken rc.
Die gleiche Behandlung haben die Lartouchen erfahren, während in
dem Triglyphenfries die Metoxenscheiben golden, die Triglyphen selbst
roth sind. Die übrigen Darstellungen sind durchweg in der natürlichen
Farbe gegeben; nur die Medaillons über den Fenstern des 2. Stockes
find grau in grau auf hellgrünem Grund gemalt, auch die zwischen
denselben auf kleinen Schildchen angebrachten Landschaften sind grau
in grau.

Bei den meisten Darstellungen ist der Grund schwarz; über den
Fenstern des 2. Stockes dagegen tritt ein kräftiges rothbraun an dessen
Stelle, eine Farbe, die auch darüber in den einst reich ornamentirten
Pilastern neben den Karyatiden wiederkehrt. —

Was die mythologischen und allegorischen Darstellungen betrifft,
so ist deren Bedeutung nur bei denjenigen zwischen den Fenstern des
2. Stockes unzweifelhaft festzustellen — die eine als Kirke mit Gdyssius,
dessen schon halb in Schweine verwandelte Gefährten im Hintergrund
zu sehen sind, — die andre als die in Verwandlung begriffene Daphne,
die Füße schon als wurzeln, die Finger schon als belaubte Zweige
gestaltet, während zugleich das Fleisch eine baumrindenartige Färbung
angenommen hat. Ob der aus dem Thore auf herrlich gezeichnetem
Schimmel heraussprengende Ritter Marcus Lurtius sein soll, mag
dahingestellt bleiben, von besonderem Interesse ist noch, daß der
Maler stch selbst (rechts oben) mit Pinsel und Palette untergebracht
hat; sein Gegenstück links charakterisirt sich durch den vollen Leder-
beutel als der Besteller und — Bezahler der ganzen Malerei.

Tafel 3. Sxeisesaal des Herrn Geheimrath Siegle
in Ammerland. Entworfen von Lmanuel Seidl, Architekt
in München. Länge des Saales *2 in, Breite (ohne Erker-Ausbau)
6 m, Höhe 3,80 in. Die Balkendecke mit breiten geschnitzten Durch-
zügen, vergoldeten Rosetten rc. ruht an der Schmalseite auf großem
Kastenaufbau, mit mittlerem Buffet, Gewehrschrank, Waschkästchen,
mit seitlichen Thüren und oberen Stellagen; sämmtliche aus Föhrenholz
in röthlich-brauner Beizung hergestellte Holzarbeiten wurden in der
Waggonfabrik von Jos. Rathgeber in München angefertigt. In der
Mitte des Saales großer Kamin (mit offenem Feuer und zwei seitlichen
Füllöfen) aus grün glastrten Kacheln, welche nach alten Mustern her-
gestellt wurden. Der Ausziehtisch ist zu gleicher Zeit als Billard
eingerichtet.

Tonsee. c/f-

Aus dem literarischen Institut von Dr. Max huttler (München).

(Erläuterung siehe Seite ^0.)

Tafel 4. Tischdecke. Entworfen von Prof. L. Hammer,
Direktor der k. Kunstgewerbeschule zu Nürnberg. Ausgeführt wurde diese
Tischdecke von A. Lembke in Karlsruhe für die dortige kunstgewerbliche
Ausstellung vom Jahre *88 *. Die Technik ist Plattstickerei mit gleichzeitiger
Anwendung von Stilstich und der sogenannten Holbeintechnik und zwar in
weiß und blau auf Leinwand, welche durch Thee gelblich gefärbt war.

Tafel 5. Mantelschließen, entworfen und ausgeführt von
Larl Rothmüller, Liseleur in München. Dieselben sind aus Silber mit
theilweiser Vergoldung hergestellt; die obere ist durch Rubine, die untere
durch Aetzung und Niello-Jmitation reicher belebt.

Tafel 6. Silberne Kalendertafel. Diese Arbeit des Augs-
burger Zeichners und Goldschmiedes I. A. THelot (geb. *654, gest.
*734) ist im Besitz des Kunst- und Alterthums-Vereins zu Ulm und be-
fand sich auf der an prächtigen Edelmetallarbeiten so überaus reichen
kunsthistorischen Abtheilung der schwäbischen Kreisausstellung zu
Augsburg. _

ILeriihtigLrug.

In Heft ** & *2 des Jahrganges *886 wurde Herr Professor
Gmelin als Autor der auf Seite 9s abgebildeten Möbel bezeichnet.
Diese Angabe beruht auf einem Mißverständniß, indem Herr Tischler-
meister PH. Bröcker dieselben nach eigenen Entwürfen ausgeführt hat.

München, den *. Februar *887.

I. v. Schmädel,

vorm. Redakt. der Zeitschrift.

hierzu eine Beilage von G. Freytag in Leipzig, betr. „Einführung in das Studium der neueren Kunstgeschichte"

von Alwin Schultz.

(vergleiche hierüber die Besprechung dieses Werkes auf Seite 95 des letzten Jahrgangs.)

Verantwortlicher Redakteur: Prof. £. Gmelin. — Selbstverlag des bayer. Kunstgewerbevereins. — Druck von Knorr ff Lirth in München.
 
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