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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

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Heft 1/2
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Gmelin, Leopold: Das Projekt einer deutsch-nationalen Kunstgewerbe-Ausstellung in München i. J. 1888
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https://doi.org/10.11588/diglit.6902#0007

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Zu meinem Bedauern habe ich vernommen, daß im
Schooße der Künstlergenossenschaft sich eine Partei gebildet
haben soll, welche, mit dem Beschlüsse des Zusammen-
gehens unzufrieden, ein Mißtrauensvotum ihrem Aus-
schüsse aussprechen wollen.

Ich möchte doch nicht gar zu sehr den Unterschied
zwischen Kunst und Kunstgewerbe betont sehen, weil die
großen Künstler stets im Kunstgewcrbe viel geleistet haben.
(Bravo.) Ich meine auch, man sollte unser Kunstgewerbe
der Kunst gegenüber nicht gar zu sehr unterschätzen; es
gehört ebensoviel künstlerischer Sinn dazu, aus Thon, Elfen-
bein oder Silber etwas Schönes zu machen, als auf der
Leinwand. Ich glaube auch, daß die öffentliche Meinung
auf unserer Seite steht; Kunstausstellungen sind immer eine
gewagte Sache. Ich bin überzeugt, daß die besonnenen
Männer der Künstlergenossenschaft dem Unternehmen nur
mit großherziger Sympathie gegenüber stehen, und daß
diese Molke, die dem Himmel des Einvernehmens droht,
sich zerstreuen wird.

Es bieten sich Schwierigkeiten, Mühen und Gefahren,
aber Alles läßt sich durchführen, wenn man weiß, was
man will.

Meine Herren! Als wir die Ausstellung von 1876
in's Werk zu setzen begannen, da hatten wir in der Kassa

Mark 29 pfg. Geld! Das war ein verzweifelt trüb-
seliger Fond. Dazu kam noch, daß man in Deutschland

das Kunstgewerbe damals kaum gekannt hat. Aber wir
ließen uns nicht abschrecken, Energie und Ausdauer waren
unsere Losung, und als wir uns dann mit den ausge-
arbeiteten Ideen unseres Projektes an die Bewohner
Münchens wandten, da hatten wir in drei Tagen ein

Garantiekapital von 60,000 Mark. Es ist mit riesigen

Summen zu rechnen, wenn die Ausgaben herankommen,
aber auch die Einnahmen belaufen sich in's Riesige, und
so kam es, daß wir bei letzter Ausstellung sogar einen
sehr erklecklichen Ueberschuß erzielten. Menn ich Ihnen
die Ziffern anfähre, haben Sie das Bild vor Augen. Es
betrugen die Kosten: für die Bauten 173,782 Mark, für
Gehälter 88,399 Mk., für die Bureaus 29,905 Mk., für
die prämiirungen und Feste 86,035 Mk., für Transporte
und Verpackungen 55,000 Mk., und schließlich hatten wir
dennoch einen Ueberschuß von 210,04-1 Mk., und zwar
ohne daß wir platzmiethe nahmen, gegen die ich überhaupt
bin, weil man dem Aussteller nicht noch Kosten aufbürden
soll, und obwohl wir vielfache Unterstützung, wie der
Posten von Transport und Verpackung zeigt, gewährten.

Mas damals unter so ungünstigen Verhältnissen möglich
war, das werden wir heute um so besser erreichen, jetzt
gelten wir mehr. Die Ausstellung wird auch im Jahre 1888
nicht weniger besucht werden, und wenn man sparsam und
vorsichtig zu Merke geht, so werden wir mehr und nicht
weniger einnehmen als 1876. Zwei Dinge sind es, die
uns in's Unglück bringen können: Krieg und Krankheit;
das aber müssen wir dem lieben Gott überlassen. Die
Kosten für die Annexbauten können wir sehr leicht über-
nehmen. Sind doch mit Aufführung derselben auch ganz
respektable Einnahmequellen verbunden. Ich erwähne hier
nur die der Restauration, der Garderobe ec. Die Restauration
hat im Jahre 1876 76,000 Mk. getragen, die Garderobe,
von deren Erträgniß wir die Hälfte in übertriebener Groß-

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muth den: personale überließen, nach diesem Abzug doch
noch 19,000 Mk.

Lieber Alles selbst bezahlen als aus freinden Kräften;
wir haben uns bisher immer selbst geholfen. So, meine
Herren, würde ich glauben, daß, wenn wir einstimmig
den Beschluß fassen, daß die Ausstellung im Jahre 1888
abgehalten werden soll, so werden wir nicht allein die
finanziellen Schwierigkeiten überwinden, sondern auch die
ganze Bevölkerung Münchens hinter uns haben. Eines
kann ich mir wohl nicht verhehlen, wir werden wahr-
scheinlich einer starken Opposition begegnen Seitens der
Universität und der Akademie der Miffenschaften, wenn
wir an die Blumen und Kräutlein, so da iin botanischen
Garten wachsen und an denen die Jünger der Missenschaft
studiren, die Hand anlegen. Aber ich habe mich erkundigt,
alle diese Pflanzen sind versetzungsfähig, sie gehen nicht
zu Grunde; wir übernehmen die Verpflegung der Pflanzen,
lasten sie versetzen und aufbewahren, nach zwei Jahren
setzen wir Alles wieder her. Dem gegenüber kann sich die
Staatsregierung nicht ablehnend verhalten.

München muß Kunststadt und eine Stätte für
das deutsche Kunstgewerbe bleiben; diesen Ruhm,
den wir mühsam errungen haben, dürfen wir uns
nicht nehmen lassen und koste es, was es wolle."

Nachdem der dieser Rede folgende stürmische und lang-
anhaltende Beifall verrauscht war, sprach aus der Ver-
sammlung noch Hr. Vergolder pütterich, welcher die ein-
stiinmige Annahme der Resolutionen empfahl, und Hr.
v. Berlepsch, welcher die von Hrn. v. Miller geäußerten
Befürchtungen betr. Mißtrauensvotums seitens einer Partei
der Künstlergenossenschaft gegen ihren Ausschuß mit der
Erklärung zerstreute, daß diese Partei nur das Ansuchen
an den Ausschuß gestellt habe, über den Stand der Ange-
legenheit an die Generalversammlung der Künstlergenossen-
schast Mittheilung zu machen, während sie dem gemein-
samen Vorgehen mit dem Kunstgewerbeverein große Sym-
pathien entgegenbringe.

Es war ein feierlicher Augenblick, als nun zur Ab-
stimmung über den Antrag des Ausschusses geschritten
wurde, und brausender Jubel erhob sich, als nach An-
nahme der ersten Resolution, der Grundlage des ganzen
Unternehmens, der trotz seiner 73 Jahre noch jugendlich
begeisterte Ehrenpräsident, hingerissen von der hocherfreu-
lichen Einstimmigkeit, ein Hoch auf den Bayerischen Kunst-
gewerbeverein und seine Mitglieder ausbrachte. Ebenso
einmüthig wurden auch die übrigen Resolutionen ange-
nommen ; der Vorsitzende dankte herzlich dafür und sprach
die Hoffnung aus, daß das Unternehnien dem deutschen
Kunstgewerbe und dem ganzen Vaterlands zum Segen
gereiche.

Für die Aussichten, welche der Verwirklichung dieses
Ausstellungsgedankens seitens des kgl. Staatsministeriums
eröffnet werden, lasten die Worte des Herrn Staatsrathes
Vr. v. Ziegler das größte Entgegenkommen hoffen. Der-
selbe dankte für die Einladung, die es ihn: ermöglicht habe,
aus direkter Mahrnehinung sich davon zu überzeugen, wie
die Generalversammlung sich zu der schwebenden Frage,
welche eine eingreifende Bedeutung für das deutsche Kunst-
gewerbe habe, stelle. „Es gilt, alte Errungenschaften zu
behalten, einen neuen Anstoß zu geben, neue Resultats zu

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