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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

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Heft 11/12
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Krell, Paul F.: Jagd und Jagdgeräthe in alter Zeit, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6902#0076

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zusammengedrängten, keinen Ausweg mehr findenden Thiere.
Die Beschaffung der dazu erforderlichen großen Wildmenge
sowohl, wie die Veranstaltung der Jagden selbst, brachten
nun aber die Fürsten in schwere Konflikte mit ihren Regenten-
pflichten, mit der Staatsökonomie, ihren eigenen Finanzen
und mit den allgemeinen Geboten der Menschlichkeit, während
doch gerade das spezifisch Jägerische immer mehr abhanden
kam. Vor lauter Jagd fehlte es Manchen an der nöthigen
Zeit zur Erledigung der Staatsgeschäfte; fast die Hälfte des
Jahres wurde von Einzelnen dazu vergeudet.

Indem man den Wald in erster Linie als Aufent-
haltsort des Mildes und Schauplatz der Jagd
behandelte und schätzte, schlug man die Iagdrente weit
höher an als den Holzertrag. Aber um sie zu erzielen,

mußte selbst viel ausgegeben und noch mehr Anderen ent-
rissen werden. Ein zahlreiches Jagd- und Forst personal,
das man in prächtige Kostüme steckte, war nothwendig.
Es hatte dasselbe über die Ruhe des Maldes und die Sicher-
heit des Mildes zu wachen und für die Ausführung der
mannigfaltigen Arbeiten zu sorgen. Zu diesem Zweck waren
die Jäger mit vielen Befugnissen und Gerechtsamen aus-
gestattet, sie waren gleichsam die Vorgesetzten der Frohnen-
den. Bei leichteren Vergehen gegen die Forstordnung, so
z. B. bei einfachen Wildfreveln, waren sie Ankläger und
Richter in einer Person. Sie erlaubten sich, wie man
sich leicht vorstellen kann, vielfache Uebergriffe, behandelten
die Bauern nach Gunst und Ungunst und nützten ihre
Stellung, so viel sie konnten, zu ihrem privatvortheil aus.

„Radschloßbüchsen" (National-Museum, München).

mit freiliegenden Federn. 2. Radschloßbüchse des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern ((623—(65() mit verdeckten! Rad; auf Schloß und Lauf Ornamente in Stahl
geschnitten und mit Gold ausgeschlagen; mit geöffneter Munitionskammer dargestellt. 3. Gezogene Iagdbüchse („Bocksfuß") mit offenem Rad, die Federn mit gravirten
und durchbrochenen messingenen Deckeln, Lauf und Schloß mit eingeschlagenen Ornamenten, Schaft reich verziert in Elfenbein und Perlmutter.

Die Landesherren suchten dem Umfug zwar zu steuern, aber
in den meisten Fällen erfuhren sie nichts davon, denn wehe
dem Bauern, der sich über einen Jäger beklagte.

Aber auch die sonstigen Unterthanen wurden auf alle
mögliche Weise zur Befriedigung der Iagdbedürfnisse her-
angezogen. Wir haben schon erwähnt, daß man durch
sorgfältige Hege den Mildstand niehrte. Es gab zwar
keine Schonzeiten in unserem heutigen Sinn, der Iagdherr
jagte, wenn er Lust hatte. Da aber alle Nichtjagdzeit Schon-
zeit war, und da es so gar viele Jagdreviere gab, so wurde
in manchen Forsten oft mehrere Jahre nicht gejagt. Das
Wild konnte sich also ungestört vermehren. Es wurde ferner
durch diese Schonung zutraulich, ja frech, so daß die bloße
Anwesenheit von Menschen es nicht mehr abhielt, aus dem
Walde herauszukommen und auf den Feldern der Bauern
zu äsen. Diese stellten wohl Feldhüter auf, die es durch

Lärmmachen, durch Schreien, Trommeln und Blindschießen
verscheuchen durften, auch durch Hunde, die aber einen Bengel
zwischen den Beinen tragen mußten; bei hoher Strafe war
es dagegen verboten, das Wild zu fangen oder zu erlegen.
In Folge dessen gewöhnte sich das Wild, da es merkte,
daß ihm nichts weiter geschah, an das Verscheuchtwerden
und stand in kurzer Zeit wieder in den Aeckern. Ersatz
für Wildschaden wurde nur sehr unvollkommen geleistet.

Die Zahl der Hunde, welche von den Bauern auf-
zuziehen und zu verpflegen war, hatte mit dem Wachsthum
der Jagd in erschreckender Weise zugenommen. Eine fürstliche
Meute zählte zirka f000 Stück, wovon s 00 feinerer Rasse
waren, die übrigen Rüden. Bei einer Jagd kamen etwa
600 zur Verwendung. Zum Transport des Jagdzeugs,
zum Treiben und zur Aufstellung der Garne und Tücher
brauchte man jetzt ungleich viel mehr Leute und eine weit
 
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