DOI Heft:
Heft 9
DOI Artikel:Gmelin, L.: Ausstellungen des Jahres 1895
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0077
usstellungen des Jahres 1SSZ
von L. Ginelin.
^usstellungsmüde! Seit Jahren taucht dieß
Schlagwort inrmer wieder auf, sobald irgend-
wo von Ausstellungsplänen gesprochen wird,
bei deren Ausführung den Gewerbetreiben-
den neue Absatzgebiete erschlossen und das
Publikum mit den Erzeugnissen der Gegen-
wart bekannt gemacht werden soll. And
doch hat noch kein Ausstellungs- Gönnte wegen
der „Ausstellungsmüdigkeit" der Industriellen
auf das geplante Unternehmen verzichtet. Immer haben
sich wieder Leute gefunden, deren Geschäftsinteressen die Be-
theiligung an einem solchen „Markt" wünschenswerth mach-
ten und manche altangesehene Firma sah sich gezwungen,
„mitzuthun", um nicht von der neu aufkeimenden Toncurrenz
verdunkelt zu werden: And so wird es auch vorerst bleiben.
Wer die letzten Weltausstellungen einigermaaßen ver-
folgt hat, dem kann cs nicht zweifelhaft sein, daß diese längst
ihr eigentliches Ziel beiseite gesetzt haben und zu Schau-
stellungen geworden sind, bei welchen das Drum und Dran
an Lustbarkeit und Reklame den ursprünglichen Uern zu
ersticken droht. Die Betheiligung an solchen Veranstaltungen
wird in jedem einzelnen Fall von den speziellen Verhält-
nissen des Gewerbetreibenden abhängen, da die relativ hohen
Unkosten nur bei besonders glänzenden Hoffnungen auf
Erweiterung des Absatzgebietes sich rechtfertigen lassen.
Günstiger liegen alle diese Verhältnisse jedenfalls bei allen
Ausstellungen, welche sich sachlich oder politisch auf engere
Gebiete beschränken. Die in diesem Sommer abgehaltenen
Ausstellungen in Lübeck und Straßburg gehören dieser Aus-
stellungsgattung an; die erstere wollte auf den Ostseehandel
belebend einwirken, — die letztere sollte ein Bild dessen
geben, was Industrie und Gewerbe des südwestlichen
Winkels Deutschlands, vorab der gesegneten Rheinebene Her-
vorbringen. Vom „Aunstgewerbe" in engerem Sinne konnte
in beiden Fällen nur eine verhältnißmäßig bescheidene Be-
theiligung erhofft werden; aber es lohnt sich doch, die Aus-
stellungen in dieser Beziehung zu betrachten, da dieselben
immerhin — mag die Beschickung auch noch so ungleich-
mäßig sein — erkennen lassen, was geleistet wird, und wo-
hin wir steuern, — letzteres namentlich auch hinsichtlich et-
waiger durch die Lhicago-Ausstellung erfolgter Anregungen.
Die „Deutsch-llordische Handels- und Industrie-Ausstellung"
zu Lübeck.
Ein Bild des Handels zwischen Deutschland und den
Ostseeländern zu entrollen, ist der ausgesprochene Zweck
dieser Ausstellung; den Anstoß dazu gab einerseits der
neue Handelsvertrag Deutschlands mit Rußland, während
anderseits die Eröffnung des Nord-Ostsee-Aanals die Ver-
wirklichung des Ausstellungsgedankens mächtig zu fördern
berufen war. In der That hat der ausgesprochene Zweck
der Ausstellung eine so starke Anziehungskraft ausgeübt, daß
außer den von vornherein in Betracht kommenden Ländern
— Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland
und die russischen Dstseeprovinzen — auch Manches aus
Oesterreich, Ungarn, Frankreich, England rc., ja selbst aus
Amerika gekommen ist. Da aber von den über j800 Aus-
stellern die überwiegende
Mehrzahl (etwa 8^ °/o)
im deutschen Reiche an-
sässig ist, so hat auch die
ganze Ausstellung ihrem
Inhalt nach ein entschie-
den deutsches Gepräge er-
halten. Das Aunsthand
werk nimmt dabei trotz
der ausdrücklich Handels
politischen Tendenz der
Ausstellung eine quanti-
tativ ganz achtbare Stell-
ung ein, namentlich durch
die außerordentlich starke
v> ^ 89. Silbernes Sahgefäß.
1 etheillgung der Frauen- Tbeilweise vergolde«, halbe wirkliche Größe,
arbeit (über 200 Aus- lUltertbümer-Ausstellung in Stein.)
Zeitschrift des bayer. Aunstgerverbe-Vereins München
*895. Heft 9. (Bg. O
von L. Ginelin.
^usstellungsmüde! Seit Jahren taucht dieß
Schlagwort inrmer wieder auf, sobald irgend-
wo von Ausstellungsplänen gesprochen wird,
bei deren Ausführung den Gewerbetreiben-
den neue Absatzgebiete erschlossen und das
Publikum mit den Erzeugnissen der Gegen-
wart bekannt gemacht werden soll. And
doch hat noch kein Ausstellungs- Gönnte wegen
der „Ausstellungsmüdigkeit" der Industriellen
auf das geplante Unternehmen verzichtet. Immer haben
sich wieder Leute gefunden, deren Geschäftsinteressen die Be-
theiligung an einem solchen „Markt" wünschenswerth mach-
ten und manche altangesehene Firma sah sich gezwungen,
„mitzuthun", um nicht von der neu aufkeimenden Toncurrenz
verdunkelt zu werden: And so wird es auch vorerst bleiben.
Wer die letzten Weltausstellungen einigermaaßen ver-
folgt hat, dem kann cs nicht zweifelhaft sein, daß diese längst
ihr eigentliches Ziel beiseite gesetzt haben und zu Schau-
stellungen geworden sind, bei welchen das Drum und Dran
an Lustbarkeit und Reklame den ursprünglichen Uern zu
ersticken droht. Die Betheiligung an solchen Veranstaltungen
wird in jedem einzelnen Fall von den speziellen Verhält-
nissen des Gewerbetreibenden abhängen, da die relativ hohen
Unkosten nur bei besonders glänzenden Hoffnungen auf
Erweiterung des Absatzgebietes sich rechtfertigen lassen.
Günstiger liegen alle diese Verhältnisse jedenfalls bei allen
Ausstellungen, welche sich sachlich oder politisch auf engere
Gebiete beschränken. Die in diesem Sommer abgehaltenen
Ausstellungen in Lübeck und Straßburg gehören dieser Aus-
stellungsgattung an; die erstere wollte auf den Ostseehandel
belebend einwirken, — die letztere sollte ein Bild dessen
geben, was Industrie und Gewerbe des südwestlichen
Winkels Deutschlands, vorab der gesegneten Rheinebene Her-
vorbringen. Vom „Aunstgewerbe" in engerem Sinne konnte
in beiden Fällen nur eine verhältnißmäßig bescheidene Be-
theiligung erhofft werden; aber es lohnt sich doch, die Aus-
stellungen in dieser Beziehung zu betrachten, da dieselben
immerhin — mag die Beschickung auch noch so ungleich-
mäßig sein — erkennen lassen, was geleistet wird, und wo-
hin wir steuern, — letzteres namentlich auch hinsichtlich et-
waiger durch die Lhicago-Ausstellung erfolgter Anregungen.
Die „Deutsch-llordische Handels- und Industrie-Ausstellung"
zu Lübeck.
Ein Bild des Handels zwischen Deutschland und den
Ostseeländern zu entrollen, ist der ausgesprochene Zweck
dieser Ausstellung; den Anstoß dazu gab einerseits der
neue Handelsvertrag Deutschlands mit Rußland, während
anderseits die Eröffnung des Nord-Ostsee-Aanals die Ver-
wirklichung des Ausstellungsgedankens mächtig zu fördern
berufen war. In der That hat der ausgesprochene Zweck
der Ausstellung eine so starke Anziehungskraft ausgeübt, daß
außer den von vornherein in Betracht kommenden Ländern
— Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland
und die russischen Dstseeprovinzen — auch Manches aus
Oesterreich, Ungarn, Frankreich, England rc., ja selbst aus
Amerika gekommen ist. Da aber von den über j800 Aus-
stellern die überwiegende
Mehrzahl (etwa 8^ °/o)
im deutschen Reiche an-
sässig ist, so hat auch die
ganze Ausstellung ihrem
Inhalt nach ein entschie-
den deutsches Gepräge er-
halten. Das Aunsthand
werk nimmt dabei trotz
der ausdrücklich Handels
politischen Tendenz der
Ausstellung eine quanti-
tativ ganz achtbare Stell-
ung ein, namentlich durch
die außerordentlich starke
v> ^ 89. Silbernes Sahgefäß.
1 etheillgung der Frauen- Tbeilweise vergolde«, halbe wirkliche Größe,
arbeit (über 200 Aus- lUltertbümer-Ausstellung in Stein.)
Zeitschrift des bayer. Aunstgerverbe-Vereins München
*895. Heft 9. (Bg. O