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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1895

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Heft 9
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Gmelin, L.: Ausstellungen des Jahres 1895
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https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0078

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steiler) und der skandinavischen Hausfleißvereine, deren Er
Zeugnisse kunstgewerblich vielleicht überhaupt die interessanteste
Sette der Ausstellung bieten; überdieß ist der Hamburger
Aunstgewerbeverein durch 30 Aussteller sehr gut vertreten.

Den Grundstock der kunstgewerblichen Arbeiten bilden
hier wie anderwärts die Zimmereinrichtungen, deren
besonders die Hansastädte Lübeck und Hamburg eine ziem-

90. vom Grgelgehäuse der Lathedrale in kserzogenbusch, ;6;?—\620.

Gehäuse von Frans. Simon, Schnitzereien von Gregor. Schyseler.

(Nach Isendyck; vgl. Heft 8, S. 65.)

lich bedeutende Zahl zur Ausstellung gebracht haben; findet
man darunter auch noch hiu und wieder überzierliches Ge-
schnitzel oder unpraktisches Anhängsel, an denen man sich
die Anie wundstoßen oder die Damentoiletten zerreißen kann,
so scheint doch in dieser Richtung eine Alärung eingetreten
zu sein. Damit hängt es zusammen, daß das Rococo hier
fast völlig verschwindet, dagegen das struktiv und dekorativ
einfachere Mobiliar in den Vordergrund tritt; man sucht
weniger mehr durch plastische Zuthaten zu wirken als durch
die Farbe und zwar Farbe im weitesten Sinn, sowohl durch

passende Zusammenstellung der Naturhölzer als durch bunte
Bemalung. Daß bei diesem Vorgehen eine Annäherung
an englische und amerikanische Möbel erfolgt ist, darf —
zumal bei den auf den Export angewiesenen Industriellen
der Hansestädte, welche zugleich dem drohenden Import') be-
gegnen müssen — nicht überraschen; doch wäre es zu viel
gesagt, wenn man von Imitationen überseeischen Mobiliars
reden wollte — zum mindesten könnte man dieß nur in
sehr wenigen Fällen behaupten. — Im Ganzen erhält man
den Eindruck, als solle von dem Bisherigen nur das Ueber-
flüssige abgestreift und statt dessen der construktive Aufbau
in höherem Grade als bisher für die künstlerische Gestalt-
ung maßgebend werden. — Früchte der von Schwindraz-
heim's „Volkskunst" verfochtenen vegetabilen Dekorations
weise zeitigten u. A. F. E. Zürn er-Hamburg, dessen
Schlafzimmermobiliar mit Intarsien ausgestattet ist — und
ff. Christiansen-Hamburg, welcher sein „volksthümliches
Wohnzimmer" mittelst Holzbrand und Bemalung ausge-
schmückt hat.

I. R. Lo ose-Hamburg scheint sich in der schönen In-
tarsiakunst noch immer weiter zu vervollkommnen, ohne da-
bei die Grenzen dieser Technik zu überschreiten; besonders
die bunten Einlagen seiner Vierländer Stühle sind in trefflicher
Farbenstimmung. Um den Umfang seiner Thätigkeit zu
zeigen, hat er außer den Möbeln etwa ein halbes hundert
Probeplatten der verschiedensten Art ausgestellt. Man merkt
all den Dingen an, daß es die ideale, künstlerische Schaffens-
freude und nicht die Jagd nach Erwerb ist, welche ihnen
das Dasein gegeben hat. (Abb. fl3 und 9^*) Uebrigens
besitzt Loose in I. A. Vogt Lübeck einen ernsten Nach-
eiferer! — Die Einführung der geflochtenen Rohrmäbel in
unsere besseren Zimmer kann wohl aus amerikanischen
Einfluß zurückgeführt werden; was Reinh. Greiner-Stadtilnr
(Thüringen) und Henning Ahrens-Hamburg an derartigen
Stühlen rc. gebracht, berechtigt indessen zu der Hoffnung, daß
man sich vor den Excessen der amerikanischen Rohrmöbel behüte.

Noch vor 25 Jahren dachte fast kein Mensch daran,
den Lederschnitt wieder einzuführen, — und heute ist daraus
nicht nur eine kleine Uunstindustrie geworden, sondern auch
eine der bevorzugten Liebhaberkünste. Neben Gg. Hulbe-
Hamburg, die größte Firma in Lederschnitt, treten nun auf
dieser Ausstellung noch einige andere, — Herm. Be cker -
Hamburg, Ioh. Aerz-Lübeck, Eug. Damm St. Peters
bürg —, denen zwar (namentlich dem letztgenanntem) noch
nicht Alles gelingt, die aber doch für die Ausbreitung dieser
schönen Technik deutliche Belege liefern.

Von den keramischen Industrien nimmt nur die Vsen-
fabrikation einen bedeutenderen Raum in Anspruch; über Neu
heilen oder besonders hervorragende Leistungen im Rahmen
der Lübecker Ausstellung ist Nichts zu berichten —, und von
den übrigen keramischen Produkten verdient nur die porzellan-
sabrik zu Tirschenreuth wegen ihrer Bemühungen neue
uud brauchbare Formen zu bringen und die Bemalung fünft
lerisch zu heben, lobenswerthe Erwähnung.

») vgl. hiemit unsere Notizen der Nr. 8 der „Kunstgewerbe-
Rundschau" 5. 67. Uebrigens darf man auch auf die Einfuhr nord-
ischer Bautischlerarbeiten sein Augenmerk richten; die hierher gehörigen
Proben, welche die Firmen Edward Sensen-Aarhus (Dänemark) und
8ätjöström Bruk in Läfjöström bei Kalmar (Schweden) auf die Aus-
stellung gesandt haben, sind in ihrer Art sehr tüchtige Arbeiten.
 
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