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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 22.1906

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Heft 1
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Bauten der Oldenburgischen Landesindustrie- u. Gewerbeausstellung in Oldenburg 1905
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https://doi.org/10.11588/diglit.44851#0018

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A RCHI TEKTONISCHE R UN DSC HA U

Heft 1

1Q0Ö

und zugleich warmen Eindruck zu erzielen, wenn auch manche
Einzelheiten nicht ganz im Sinne des Entwurfs ausgefallen
sind, da sie billiger hergestellt wurden, als dort vorgesehen
war. Die Ausführungskosten betrugen nur 43200 Mk. oder
8 Mk. für den Quadratmeter. Dieser außergewöhnlich billige
Preis erklärt sich dadurch, daß die ganze Halle von Bau-
unternehmer Zimmermann in Charlottenburg, der auch Grundriß
und Konstruktion entworfen hatte, leihweise hergestellt wurde.
Das Weinrestaurant, ungemein günstig am Eversten-
holze gelegen und selbst eine reizvolle Parkarchitektur, enthielt
einen größeren Innenraum mit vielen Eckchen und Winkelchen,
außerdem ein kleineres Kneipzimmer, dessen Wände ganz mit
grauen und gelben Fliesen bekleidet waren. Ein geräumiger,
hochgelegener Altan bot eine prächtige Übersicht über das
ganze Ausstellungsgelände. Offene Veranden umgaben das
Gebäude auf allen Seiten. Das Holzgerüst der Wände war
außen mit Drahtgewebe bespannt und rauh überputzt, im
Innern waren die Wandflächen mit Jute bespannt und bemalt.
Das flache, durch Konsolen gestützte Dach hing weit über.
Unter dem Gesims zog sich ein mit blauer Farbe auf den
Kalkputz gemalter Fries herum, ebenso war die übrige Be-
malung der Außenwände in Blau und Weiß gehalten. Im
Innern waren die Wände violett getönt, die Decke war auf
rauher Brettverschalung reich gemalt und alles Holzwerk weiß.
Auch die Kosten dieses Gebäudes waren außergewöhn-
lich niedrig, da das Holzwerk ebenfalls leihweise erstellt war

Hoyers Brauerei. Architekt: Oberbauinspektor A. Rauchheld
Photogr. A. Feilner, Oldenburg. 'n Oldenburg;.


und viele Arbeiten von Oldenburger Unternehmern kostenfrei
ausgeführt wurden.
Bei Hoyers Brauereiausschank wurde das Holzgerüst
der Wände außen mit lockerer Jute bespannt, die, in dünnen
Gipsmörtel getaucht, einen billigen und sehr guten Ersatz für
das Drahtgewebe ergibt. Die inneren Wände, teilweise auch
die Decken, wurden mit Jute bespannt und bemalt. Um die
Plätze am Wasser besser ausnutzen zu können, wurde in
einiger Entfernung noch ein Pavillon errichtet und mit dem
Gebäude durch eine Pergola verbunden. Das Dach desselben
war mit roten holländischen Pfannenziegeln gedeckt. Die
Fensterumrahmungen und die Köpfe der freistehenden Pfeiler
wurden mit Stuckornamenten bekleidet. Die Kosten der leih-
weisen Erstellung betrugen rund 6000 Mk.
Die Kunsthal 1 e, von Professor Behrens in Düsseldorf
entworfen, auf unserm Brunnenbild im Hintergründe sichtbar,
enthielt in zehn Räumen die Ausstellung der nordwestdeutschen
Künstler, unter denen die Worpsweder Kolonie besonders
stark vertreten war. Die plastischen Arbeiten waren, soweit
tunlich, in den Wandelgängen und in grün bewachsenen
Pavillons aufgestellt. Das Gebäude selbst bestand aus einer
basilikalen Mittelhalle mit hoch angebrachten runden Seiten-
lichtfenstern, dunkler Balkendecke und pyramidenförmigem
Ziegeldach, an die sich kleinere Oberlichträume mit unsicht-
barem Dach anschlossen, deren völlig glatte, helle äußere Wand-
flächen nur durch senkrechte Linien und einen etwa ein Viertel
der Höhe einnehmenden einfachen Linienfries in dunkler Farbe
wirkungsvoll gegliedert waren.
Das Gebäude für kunstgewerbliche Altertümer von
Baurat Freese und das Hauptrestaurant von dem Archi-

Inneres der Weinschenke. Architekt: Oberbauinspektor A. Rauchheld
Photogr. A. Feilner, Oldenburg. ’n Oldenburg.


tekten Früstück entworfen, wurden in malerischem und farbig
lebhaft wirkenden Fachwerkbau hergestellt. Ein Beispiel alt-
einheimischer oldenburgischer Bauweise gab das hinter dem
Weinrestaurant im Gehölz versteckte alte Ammerländer Bauern-
haus mit allem Zubehör, den Fachwerkwänden und dem Stroh-
dach, mit der offenen Feuerstelle und dem vorgeschobenen
Schweinestall, wie mit seinem Ziehbrunnen und Zaun.
In derselben schlichten, natürlichen Weise wie die Ge-
bäude hat Oberbauinspektor Rauchheld auch einen von ihm
entworfenen Brunnen gestaltet, der zwischen dem Weinrestau-
rant und der Kunsthalle aufgestellt war.
Auf den vier Ecken des quadratischen, mit rotem Main-
sandstein eingefaßten und mit weißem Marmor im Innern be-
kleideten Wasserbeckens stehen vier Säulchen aus weißem
Onyx, in der Mitte des Beckens auf einem Sockel aus weißem
Marmor eine grüne Onyxsäule, welche ein rundes Becken aus
weißem Marmor trägt. Auf der hinteren Seite des Brunnens
stehen rote Sandsteinsäulen, welche zusammen mit den vier
Ecksäulen des Beckens ein mit Weinlaub überranktes Latten-
gerüst tragen. Zwei Ruhebänke aus rotem Sandstein laden zum
Sitzen ein. Die Formen mußten sehr einfach gehalten werden,
da Onyx leicht ausspringt. Als einziges Ornament wurde ein
geometrisches Bandmuster verwendet, das sich überall wiederholt.
Die Ausführung hatte die Firma Bernhard Höge in Oldenburg
übernommen. Die Kosten der Ausführung betrugen 3850 Mk.
So bot die verhältnismäßig kleine Ausstellung in Oldenburg
eine Fülle anziehender und vorbildlicher Ausstellungsarchitektur,
die ihren Besuch in ausgiebiger Weise lohnte und beredtes Zeug-
nis für die liebevolle Hingabe und das künstlerische Empfinden
der Beteiligten ablegte, die mit erstaunlich geringen Mitteln so
viel zu schaffen wußten. Dies erweckt die berechtigte Hoff-
nung, daß endlich auch anderwärts, diesem Vorbilde folgend,
bei großen und kleinen Ausstellungen die schablonenhaften
oder protzig überladenen Ausstellungsbauten durch künstlerisch
wertvolle, zeitgemäße Schöpfungen abgelöst werden möchten!

Onyx-Brunnen. Architekt: Oberbauinspektor A. Rauchheld
Photogr. A. Feilner, Oldenburg. ’n Oldenburg.


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