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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 22.1906

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Heft 4
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Geßner, Albert: Das Miethaus, ein Stiefkind der Architektur!
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Beschreibung der Abbildungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44851#0042

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190ö

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 4

so dem Fenster jene behagliche Breite und geringe Höhe zu
geben, die uns beim Landhaus so anheimelnd berührt.
Die Vielgestaltigkeit der Erscheinungen läßt sich natürlich
noch durch manches andre erreichen, z. B. durch Fensterläden,
durch das Einsetzen der Fenster bündig mit der Front etc.
Und nun noch ein Wort über die zu verwendenden Ma-
terialien. In Norddeutschland und besonders in Berlin herrscht
für alle Nutzbauten heute der Mörtelputz vor und es hätte des-
halb — ganz abgesehen von der Berechtigung oder Nicht-
berechtigung dieser Erscheinung wohl nahegelegen, sich auch
hier mit dem Wesen des Mörtelputzes zu beschäftigen und eine
eigene Putztechnik zu entwickeln. Statt dessen hat sich in Berlin
das größte Raffinement herangebildet, mit dem Putz Sandstein-
imitationen herzustellen. Darin Wandel zu schaffen und dem
führenden Beispiel Münchens zu folgen, müßte Haupterfordernis
jedes Bauens sein. Der Putz sollte immer in der Hauptsache
flächig behandelt sein und nur ganz minimale Gliederungen
oder Antragearbeiten aufweisen, weil all diese Erhöhungen im
Mörtel Angriffspunkte für den Regen abgeben und mit der Zeit
Schaden leiden. Der Putz sollte, damit die Fläche nicht tot wirkt,
immer ein gewisses Korn haben, er sollte aber auch nicht zu
derb behandelt werden, weil ein städtisches Wohnhaus keine
mittelalterliche Burg sein darf. Auch Farbe kann der Putz ent-
weder durch Beimischung oder durch Anstrich erhalten!
Ganz sparsame Verwendung von Werkstein etc. am Portal
oder an einem Erker, kleine Kupferabdeckungen, ein Holzge-
länder, Fensterläden, Blumenkästen aus Kupfer, Eisen oder Holz
bringen genug Leben in die glatte Fläche, so daß die üblichen
Gesimse und Ornamente getrost fortbleiben können. Da jeder
Bau mit dem Tage der Fertigstellung auch schon dem Ver-
witterungsprozeß entgegengeht, sollte man bei der Auswahl
der Materialien darauf achten, daß nur solche am Bau ver-
wendet werden, die durch Verwitterung an Schönheit gewinnen.
Alle diese Baugrundsätze dürften natürlich nicht nur an
der Straßenfront gelten, sondern in genau demselben, vielleicht
sogar in verstärktem Maße an den Hoffronten, weil hier durch
poetische Gestaltung ausgeglichen werden kann, was an wei-
terem Ausblick fehlt. Also wie auf allen Gebieten kann uns
auch beim Miethausbau nur eine eingehendere Vertiefung in
die Aufgabe das ersehnte Heil bringen.


Geschäftshaus der G.m.b. H. »Automat«
Friedrichstraße lö7|8 in Berlin. ’
3. Eingang zum Automatenrestaurant,

Architekt: Professor Bruno Schmitz
in Charlottenburg.

Zierleiste. Regierungsbaumeister A. Hartung in Berlin.


Beschreibung der Abbildungen.

Tafel 25 u. 26. Geschäftshaus der G. m. b. H. »Automat«,
Friedrichstraße 167 8 in Berlin. Architekt: Professor Bruno

Schmitz in Charlottenburg. — 1. Fassade. 2. Automaten-
restaurant. 3. Eingang.
Der im Frühjahr 1905 vollendete Bau gehört zu den besten Beispielen
der neuesten Entwicklungsform der Geschäftshäuser im Mittelpunkte des
großstädtischen Verkehrs, für die schnellste Ausführung und äußerste
Raumausnutzung die Grundbedingung sind infolge der Bodenpreise, denen
gegenüber die Baukosten selbst bei Verwendung bester Materialien und
reicher Ausstattung des Innern kaum noch ernstlich in Betracht kommen.
So kostet das Grundstück dieses Geschäftshauses mit rund 320 qm Grund-
fläche 1 '/2 Millionen Mk. und der Bau
200000 Mk.(!), so daß sich der Preis
der unbebauten Fläche auf 4687 Mk.
für den Quadratmeter, die Bebauungs¬
kosten auf 800 Mk. für den Quadrat¬
meter stellen (bei rund 70 qm Hoffläche).
Die Fassade ist in grauem fränkischen
Muschelkalkstein mit Bronze (Brüstun¬
gen im zweiten Stock und Schaufenster¬
einbauten) ausgeführt. Das Gebäude
enthält ein großes Automatenrestaurant
nach Sielaffschem Patent, sowie Ver¬
kaufs- und Bureauräume. Dem Restau¬
rationsbetrieb dient ein Teil des Erdge¬
schosses nebst dem darunter liegenden
Keller; die Küche liegt im ersten Stock¬
werk. Das Innere des Restaurants be¬
steht aus einer vorderen Halle, deren
Wände mit blaugrauem Pentelimarmor
bekleidet sind, und einem kleineren
(Kaffee-)Raum dahinter. Die Automaten¬
apparate sind hier zum ersten Male in
die Wände eingebaut, so daß die Raum¬
wirkung durch sie nicht mehr beein¬
trächtigt wird. Die Decke der Halle
bildet ein flaches Tonnengewölbe aus
Reliefs vom verstorbenen Professor Behrens in Breslau. Die Metallteile sind
aus Neusilber, so daß eine durchaus einheitliche und gegen das hastende
Straßengetriebe durch ihre Ruhe besonders wohltuend abstechende Stim-
mung erzielt ist. Der Kaffeeraum hat ein hohes Paneel aus gelbem
Sienamarmor, graugetupfte Wandflächen mit Metalleinlagen und eine
Kassettendecke aus Eichenholz mit Intarsiabemalung von August Unger.

Rauhputz mit Goldton und mit

Architekt: Professor Bruno Schmitz
in Charlottenburg.



Tafel 27 u. 28. Preisausschreiben der »Architektonischen
Rundschau«: Einfriedigung und Eingangstor eines Einfamilien-
hauses. Entwurf »Bitte schön 1«. Architekt: Johannes Bollert
in Dresden. 1. Preis.
Zum Artikel auf S. 25.

Tafel 29. Haus Sonneck in Freiburg i. Br. Architekten:
E. Gildemeister & W. Sunkel in Bremen.
Am Ostabhange des Lorettoberges, mit herrlicher Aussicht auf die
Stadt und in die bewaldeten Täler, entstand von 1903 bis 1904 dieser statt-
liche Bau nach den Plänen und unter Leitung der Architekten E. Gilde-
meister & W. Sunkel in Bremen. Die Ausführung übernahmen die Frei-
burger Architekten Walther & Fr. Bauer. Wohl selten wird dem Baumeister
eine dankbarere Aufgabe gestellt. Der mächtige Unterbau, die Terrassen,

Haus Sonneck in Freiburg i. Br. Architekten: E. Gildemeister & W. Sunkel
in Bremen.


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