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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 22.1906

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Heft 3
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Milatz, O.: Alte Chausseehäuser in der Umgebung von Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.44851#0029

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1Q06

A RCHI TEKTONISCHE RUN DSC HA U

Heft 3


Alte Chausseehäuser in der Umgebung von Berlin.
Von Architekt O. Milatz in Berlin.

nicht die deutschen

Lande durchbrauste, sind

^ie Zeiten, in denen die Land- und Wasserstraßen die
p einzigen Verkehrswege bildeten, wo das Dampfroß
ä) noch

längst dahin geschwunden.

Nur auf wenigen Landstraßen


‘"•'i


1. Chausseehaus an der Tegeler Chaussee.

ertönt noch der
fröhliche Klang
des Posthorns
oder erschallt
noch das mun-
tere Peitschen-
knallen der
Frachtfuhrleute;
je mehr sich das
Eisenbahnnetz
ausdehnte, um
so mehr büßten

die Heerstraßen von ihrer Bedeutung für den allgemeinen Ver-
kehr ein. Das mußte natürlich auch eine Änderung in der
Verwaltung der Chausseeen herbeiführen. Früher konnten die
Unterhaltungskosten derselben zum größten Teile aus der Ein-
nahme an Chausseegeldern, die in Anbetracht des großen Ver-
kehrs ziemlich bedeutend war, bestritten werden. Mit der stetig
zunehmenden Entwicklung des Eisenbahnverkehrs ging diese
jedoch immer mehr zurück, so daß sie schließlich im Verhältnis
zu den Verwaltungskosten überhaupt nicht mehr lohnend war.
So ist denn auch der Schlagbaum von den meisten unsrer
märkischen Heerstraßen verschwunden und nur auf mehreren

Kreischausseeen in der Provinz Brandenburg (die Provinzial-
verwaltung hat alle Hebestellen aufgehoben) wird noch Wege-
geld erhoben.
Für den Chausseegeldeinnehmer waren naturgemäß ein-
fache Bauten notwendig, die sogenannten Chaussee- oder Ein-
nehmerhäuser, die an den Heerstraßen in größeren Abständen
von einander errichtet waren und uns zum Teil noch erhalten
sind. Ihr eigentlicher Zweck ist freilich mit der Abschaffung
der Hebestellen verloren gegangen, und sofern sie nicht in
Privatbesitz übergegangen sind, sind es jetzt lediglich Beamten-
wohnhäuser der verschiedenen Staatsverwaltungen.
Auch auf den Heerstraßen, die von der Reichshauptstadt
in die Provinz führen und die etwa um das Jahr 1800 dem
Verkehr übergeben wurden, finden wir noch eine Anzahl dieser
Häuschen. Viele, besonders die dem Stadtkreise zunächst ge¬

legenen, haben leider neuen Bauunternehmungen weichen
müssen, andre haben wieder im Laufe der Jahre einige Ver-
änderungen erlebt, besonders im Anstrich und der Umgebung.
Diese alten Chausseehäuser sind uns nicht nur interessant
als Zeugen der einstigen Bedeutung vieler jetzt zum Teil ver-
ödet daliegender Heerstraßen, sondern fesseln vor allem auch
den Architekten als Beispiele einer gesunden Landarchitektur
jener Zeit.
Neben der Wohnung für den Einnehmer, bestehend aus
dem Amtsraum (der sogenannten Expeditionsstube), Wohn-
zimmer, Kammer (Alkoven), Küche und Speisekammer, enthielten
diese Häuser meistens noch eine kleinere für den Wegewärter
im Dachgeschoß. Auf Straßen mit starkem Verkehr ist oft ein
Vorbau typisch, in dem sich ein Teil der Expeditionsstube
befand und so einen freieren Ausblick ermöglichte, weshalb
ja auch alle Einnehmerhäuser sehr nahe an den Straßendamm
herangerückt sind. Diese vorgeschobene Lage läßt bei den
noch erhaltenen Bauten ihre ursprüngliche Bestimmung un-
schwer erkennen. Außer dem Wohnhause waren bei den
Hebestellen noch ein kleines Stallgebäude, sowie Hof und Garten
vorhanden, gewöhnlich durch eine Hecke umzäunt, die jetzt
des öfteren einem unschönen Bretterzaun hat weichen müssen.
An der Straßenseite befand sich der Schlagbaum, in den
Landesfarben angestrichen, und die Tariftafel.
Was nun bei diesen kleinen Bauten, die fast alle aus der

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2. Chausseehaus am Tornow (Alte Leipziger Straße).

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