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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 22.1906

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Heft 10
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Zetzsche, Carl: Von der Dritten Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden 1906
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Ein Vierfamilien-Arbeiterwohnhaus auf der Dritten Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden 1906: Architekt: August Grothe in Dresden
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1906

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 10


Brunnen im Warte-und Erholungs- Architekt: Curt Francke.
raum eines öffentlichen Gebäudes. Maler: Wilh. Battermann.
(Altonaer Künstlergruppe.) Bildhauer: Aug. Henneberger.
Dritte Deutsche Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden 1906.
zeugender Kraft gefangen nimmt und fesselt und einen nach-
haltigen Eindruck hinterlassen muß bei jedem, dem es innerlich
ernst ist um das große Sehnen und Streben nach einer leben-
digen und lebenspendenden Kunst
Die klare und bestimmte Antwort, welche die fertige
Ausstellung wenigstens auf einige der großen grundsätzlichen
Fragen erteilt, wird sie hinsichtlich ihrer kulturellen Bedeutung
und dauernden Fortwirkung mindestens als ebenbürtig neben
jene erste Münchener Ausstellung von 1876 stellen, wenn
nicht darüber. Letzteres verdiente sie schon wegen der ein-
zigen unabweisbaren Lehre, die unsrer im Widerstreit zwischen
alten und neuen Stilen verrannten Zeit so dringend nottat,
daß man in Zukunft wohl nicht mehr ernsthaft unterscheiden
wird zwischen alter und neuer Kunst, sondern nur noch
zwischen gut und schlecht, zwischen Werken, die Stil
haben und künstlerisch empfunden und ausgeführt sind, ganz
gleich zu welcher Zeit, und solchen, denen dies abgeht.
Das lehren in Übereinstimmung mit den Gruppen der
Raumkunst in beredter Anschaulichkeit die wundervollen Reihen
alter Arbeiten in den Abteilungen »Volkskunst« und »Techniken«,
das lehrt der Gesamteindruck wie die Durchführung der Einzel-
heiten bei der weitaus überwiegenden Zahl der Neuschöpfungen.
Es ist leider hier nicht möglich, diesen im einzelnen durch
eine, wenn auch nur kurze Charakterisierung gerecht zu wer-
den und das soeben Behauptete daran nachzuweisen. Der Ge-
samteindruck, das vergleichende Schlußergebnis, auf das es bei
dieser imposanten Gesamtrepräsentation künstlerischer Kultur
der Gegenwart doch in letzter Linie für die Gegenwart und
Zukunft am meisten ankommt, ist mir unzweifelhaft, daß man
nach dieser geschlossenen Heerschau unsrer künstlerischen
Kräfte und ihrer Leistungen mit vollem Vertrauen in die Zukunft
schauen darf. Ein großer Teil der Irrungen und Versuche, die
unabweisbar mit jeder neueinsetzenden Kunstentfaltung zu Tage
treten, ist überwunden; ein erheblicher Teil dessen, was den
entschiedensten Widerspruch gegen einzelne Vorkämpfer der
neuen Richtung hervorrief, ist von diesen selbst gemildert, fallen
gelassen im langsamen Ausreifen; einige Zeugen persönlicher
Sonderart erscheinen schon jetzt in dem vollen Gesamtbilde

als Fremdkörper, deren Ausscheidung sich beim weiteren Läute-
rungsprozeß leicht und schmerzlos vollziehen dürfte. Dazu
gehört vieles von dem, was am Anfang der neuen Bewegung
durch seine bestimmte Ausdrucksform, durch die Neuheit und
Energie des Gedankens und Empfindens bahnbrechend und
führend gewirkt hat. Die dadurch erworbenen Verdienste
werden nicht gemindert, wenn auf dem Erstlingswerke neue
vollkommene Reihen sich aufbauen: Alle und jede Kultur steht
ja auf den Schultern der vorausgegangenen; und kein Meister
ist so groß, daß er nicht des Postamentes bedürfte, das die
Werke der Vorgänger ihm bieten, über sie hinauszusteigen!
Man darf aber auch, wie Professor Fritz Schumacher am
Eröffnungstage treffend hervorhob, bei der Beurteilung der
neuen Schöpfungen dieser Ausstellung und deren Vergleichung
mit den Meisterwerken der alten Kunst, die ihnen so präzis
gegenübergestellt sind, nicht vergessen, daß diese Leistungen
des heutigen Kunstgewerbes das Ergebnis von vielleicht fünf
Jahren sind, während in der retrospektiven Abteilung die
Glanzleistungen eines ganzen Jahrtausends vertreten sind, und
daß auch die anfechtbaren alten Arbeiten neben der verschleiern-
den Patina des Alters noch den unzweifelhaften Vorzug einer
trefflichen, geschlossenen kunsthandwerklichen Überlieferung
besitzen, die wir erst von neuem begründen müssen.
Wenn man das berücksichtigt, wird man mit um so größerer
Freude und Anerkennung immer von neuem beim Durch-
prüfen der neuzeitlichen Schöpfungen zu der Erkenntnis kom-
men, wie viele Arbeiten gleich jenen alten Meisterwerken uns
reine Schönheit und zweckentsprechende Gestaltung zeigen,
bei der man gar nicht daran denkt, danach zu fragen, was
für Stilformen das sind. Und das ist u. E. der Zusammen-
schluß des Strebens nach neuer Kunst und des Weiterpflegens
altheimischer Überlieferung und nationaler Eigenart, wie sie
endlich verstanden werden soll. C. Zetzsche.



Ein Vierfamilien-Arbeiterwohnhaus
auf der Dritten Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden 1906.
Architekt: August Grothe in Dresden.
Das auf Anregung des Ausschusses zur Pflege heimatlicher Kunst
und Bauweise in Sachsen und Thüringen (Oberbaurat Schmid) von
Architekt A. Grothe in Dresden für die Herren Fabrikbesitzer Poppitz und


Einblick in den Repräsentationsraum von Bruno Paul in München.
Dritte Deutsche Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden 1906.

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