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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 22.1906

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Heft 7
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Die preisgekrönten Entwürfe in dem von der K. Intendatur des XIII. Armeekorps eingeleiteten Wettbewerb zur Erlangung von Skizzen für den Bau einer evangelischen Garnisonskirche in Ulm
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Beschreibung der Abbildungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44851#0068

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1906

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 7

miteinander verbunden sind. Etwas erhöht über der Westempore liegt
die geräumige Orgelhalle mit 70 Sängerplätzen.
Die Emporen sind über vier bequeme Treppen zu erreichen.
Von den 2010 festen Sitzplätzen, welche die Kirche enthält, sind
1300 zu ebener Erde und 710 auf den Emporen untergebracht.
Das Äußere zeigt die Formen des oberschwäbischen Barockstils in
möglichst einfacher Weise, wobei in der Hauptsache Putzbau mit spar-
samer Verwendung von Hausteinen in Aussicht genommen ist.
Die Dacheindeckung ist in roten Biberschwänzen gedacht. Die Turm-
helme werden mit Kupfer gedeckt.;
Professor Dr. Friedrich v. Thier sch schreibt:
Der Verfasser hat Wert darauf gelegt, den Kirchenbau mit einem
schlichten Satteldach zu versehen. Eine andre gruppierte Bedachungs-
weise würde gegenüber den stark ausgesprochenen Firsten des Ulmer
Münsters und der katholischen Garnisonskirche nicht aufkommen und auch
nicht kirchlich genug wirken. Die mächtigen Giebelfronten sind durch
die vorgelegte Westhalle und den Ostanbau in ihrer Schwerfälligkeit ge-
mildert.
Die Masse der Kirche mit ihrem hohen Dach verlangt auch eine ent-
sprechende Höhenentwicklung des Turmes. Über dem Kirchenfußboden
gemessen hat das Hauptgesims der Traufseiten die Quote 18,5, der Dach-
first 37, die Turmterrasse 40 und das Turmkreuz 80 m.
Bei der inneren Ausgestaltung des Raumes erhält das Mittelschiff
eine elliptische Grundfigur mit ost-westlicher Längenachse. Über Chor
und Orgelempore schließen sich quergestellte Ellipsen an, so daß die aus-
geprägte Längsrichtung mit dem Blick gegen Kanzel und Altar gewahrt
wird. Drei weite lichtbringende Bogenöffnungen münden von Norden
und Süden in das Hauptschiff. Das Mittelschiffgewölbe erhebt sich bei
einer Kämpferlage von 15,3 m mit seinem Scheitel bis 24 m über Fuß-
boden. Die kurze Achse der Hauptellipse umfaßt 21, ihre lange Achse
bei vervollständigter Kurve 32 m.
Das Programm verlangt die Aufnahme von rund 1300 Sitzplätzen zu
ebener Erde und rund 700 auf Emporen. Wollte man bei der angenom-
menen Bauform mit einer Empore auskommen, wie dies anfänglich ver-
sucht worden ist, so würde sich der Kubikinhalt der Kirche derart ver-
größern, daß die verfügbaren Kosten überschritten würden. Deshalb
wurde eine zweite Empore, welche mit ihrer Brüstungsflucht nicht über
die Pfeilerbildungen hervorspringt, angeordnet. Wie aus den Grundriß-
zeichnungen hervorgeht,
sind im Erdgeschoß . . . 1107 Sitzplätze
auf der ersten Empore . . 624 ,,
auf der zweiten Empore . . 276 „ vorhanden,
also insgesamt. 2007 Sitzplätze.
Die bequeme und luftige Anlage der beiden Haupttreppenhäuser mit
ihren massiven Treppenläufen läßt es unbedenklich erscheinen, die Kirchen-
besucher bis zur zweiten Empore hinaufzuführen.
Die Orgel ist über dem Haupteingang angeordnet, die Kanzel so
weit vor dem Turmpfeiler vorgeschoben, daß der Prediger in der Höhen-
lage zwischen der ersten und zweiten Empore von fast allen Kirchen-
besuchern gesehen werden kann. Sichtbarkeit von Kanzel und Altar,
sowie die gegenseitige Sichtbarkeit der Kirchenbesucher ist durch die
elliptische Grundform des Innenraums ganz wesentlich gefördert.
Schon aus den Eigenschaften des Grundrisses läßt sich erkennen,
daß für die Kunstformen des Bauwerks der Spätrenaissancestil angewendet
worden ist. Die leicht geschwungenen Einzelmotive und die frei ent-
wickelten Gewölbeflächen lassen sich nur mit den charakteristischen Formen
der späteren Zeit künstlerisch ausgestalten. Auch wird kaum ein Zweifel
darüber bestehen, daß es möglich ist, diese Stilweise für die Schaffung
eines ernsten und stimmungsvollen Kirchenbaues zu verwenden.
Die Gliederungen des Außenbaues sind in hellfarbigem Sandstein ge-
dacht, die glatten Flächen in Backsteinrohbau nach altem Ulmer Vorbild
durchgeführt. Für die geschwungenen Dacheindeckungen soll Kupfer, für die
großen Flächen des Hauptdaches sollen Biberschwänze als Eindeckungdienen.«
Beschreibung der Abbildungen.
Tafel 49—52. Wettbewerbentwürfe für die Garnisons-
kirche in Ulm. 1. Preis: Architekt Professor Theodor Fischer
in Stuttgart. 2. Preis: Architekten R. Böklen & Feil in Stuttgart.


3. Preis: Architekt Professor Dr. Friedrich von Thiersch in
München. (Zum Artikel auf Seite 53.)
Tafel 53. Wohnhaus in Charlottenburg, Niebuhrstraße 78.
Architekt: Albert Oeßner in Berlin.
Das vom Juni 1904 bis April 1905 erbaute Miethaus enthält in jedem
Stockwerk drei Wohnungen. Es gehört zu einem Baublock, der von
Mommsen-, Bleibtreu- und Niebuhrstraße begrenzt ist und so bebaut wurde,
daß die Hofgemeinschaften der einzelnen sechs Grundstücke zusammen
einen gemeinschaftlichen freien, gartenartigen Hofraum ergeben. So
konnten die Gartenwohnungen des Hauses eine höhere Bewertung erhalten.
Das Äußere ist in gelbem Mörtelputz, mit Verwendung von rheini-
schem Kalkstein und Kupferblech hergestellt, das Dach mit Biberschwän-
zen eingedeckt. Das Innere ist einfach und solid, mit Ausschluß jeglichen
Surrogats hergestellt.
Tafel 54. Diele eines Einfamilienhauses. Entwurf »My
house — my castle Nr. 2«; 1. Preis. Architekt: Johannes Bollert
in Dresden.
Zum 3. Preisausschreiben der Architektonischen Rundschau s. Heft 6,
Seite 42. (2. und 3. Preis auf Seite 54.)
Tafel 55. Landsitz des Herrn von Luttitz bei Aachen.
Architekt: Geheimer Baurat Otto March in Charlottenburg.
Das in anmutigem Gelände in der Nähe Aachens gelegene Land-
haus soll zunächst als Sommeraufenthalt dienen. Doch ist es derart
gebaut und mit allen Bequemlichkeiten eingerichtet, daß es auch im Winter
bewohnt werden kann. Außer dem Stall- und Remisengebäude, das sich
an den Küchenflügel lehnt und mit diesem und dem Haupthause einen
U-förmigen Hof bildet, befindet sich in größerer Entfernung auf dem-
selben Grundstück noch ein Wirtschaftsgebäude, das Kuh-, Schweine-
und Geflügelställe enthält (siehe 1. Beilage).
Das Haus ist als Putzbau ausgeführt, an dem nur einzelne Teile,
wie Steingewände und Fensterbrüstungsgesimse, in Sandstein hergestellt
worden sind. Das Dach ist mit roten Biberschwänzen eingedeckt. Der
innere Ausbau, der in der Ausstattung der Räume einen mannigfachen
Wechsel zwischen Ausführungen in Holz und einfacher Putztechnik auf-
weist, lag in den Händen der Firmen Pössenbacher - München, Keller
& Reiner-Berlin, Bembe-Mainz und Maple - London. Die reicheren, in Blei
geteilten Fensterverglasungen sind von Oskar Paterson-Glasgow geliefert.
Tafel 56. Reiseskizzen. Aufnahmen von Hans Streit
in Stuttgart.

Landsitz des Herrn von Luttitz bei Aachen. Architekt: Geh. Baurat Otto March in Charlottenburg.
Hofseite.
 
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