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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 22.1906

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Heft 7
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Die preisgekrönten Entwürfe in dem von der K. Intendatur des XIII. Armeekorps eingeleiteten Wettbewerb zur Erlangung von Skizzen für den Bau einer evangelischen Garnisonskirche in Ulm
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https://doi.org/10.11588/diglit.44851#0067

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1906

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 7


Architekten

Ansicht von

der Privatstraße

imanr

UÄNGeN-SCHNITT.

Entwurf: »Oberschwäbisch

Architekt: Professor Theodor Fischer in Stuttgart.

Architekt:
Professor Dr. Friedrich von Thiersch
in München.

Entwurf: »Einigkeit«. 3. Preis.

rade in dieser der Garni-
son dienenden Kirche nicht
rätlich, abgesehen davon,
daß die Achsenstellung der
Kanzel für einen derartig
großen Raum überhaupt
kaum anzuordnen sein
wird, wenn man nicht aus
der Kanzel ein massives
Gebäu machen will, das
zur Predigt nicht im rich-
tigen inneren Verhältnis
stehen kann. Die Orgel
vollends ins Angesicht der
Gemeinde zu bringen, ist

ain veste bvrg«: Professor Theodor Fischer, Stuttgart, 1. Preis.
Oberschwäbisch«: Professor R. Böklen & Feil, Stuttgart,
2. Preis.
Einigkeit«: Professor Dr. Friedrich vonThiersch, München,
3. Preis.

Wirkung sein.
Motto: »Oberschwäbisch«. Die Situation ist bei dem geräumigen,
von der Straße trennenden Vorplatz, sehr günstig; der Grundriß ist in
Beziehung auf die, übrigens wie es scheint etwas knapp bemessenen Sitz-
plätze und die Beleuchtung sehr zweckmäßig; schöne, geräumige Vorhalle;
die Kanzel ist in angemessenem Abstand von den Emporen zweckmäßig
angeordnet; der Stil ist entsprechend dem Motto charakteristisch ober-
schwäbisch, insbesondere der über dem Chor sich erhebende stattliche
Turm mit dem Zwiebeldach. Das Ganze ist ein gefälliges, sehr brauch-
bares Projekt.
Motto: »Einigkeit«. Vortreffliche, künstlerische Leistung, das Innere
hochinteressant, jedoch ist den Anforderungen, welche an eine evange-
lische Kirche gestellt werden müssen, infolge der Stellung der Kanzel zu
den Emporen, wodurch eine große Anzahl von Sitzplätzen in der Höhe und
im Rücken des Predigers angeordnet ist, nicht genügend Rechnung getragen,
wie auch das Innere zu Bedenken in akustischer Hinsicht Anlaß gibt.
Die Eröffnung der Umschläge ergab als Verfasser von
1

I' 1

bei einer Garnisonskirche nicht begründet, es sei denn, daß man den aus-
gesprochenen Wunsch hätte, eine Kirche zu bauen, die für musikalische
Aufführungen dienen soll, wovon wieder in diesem Fall nichts verlautete.
Daß die Orgel unter der Westkuppel eine feine akustische Wirkung her-
vorbringen wird, dürfte mit einigem Grund anzunehmen sein.
Für das Äußere der Kirche scheinen die Grenzen der Möglichkeiten
gerade in diesem Ulmer Bau nicht allzuweit gesteckt zu sein. Leidet
doch die Silhouette der Stadt jetzt schon unter der allzugroßen Ähnlich-
keit der katholischen Garnisonskirche mit dem Münster. So ist also für
einen starken Kontrast gegenüber diesen beiden Bekennern des Verti-
kalismus zu sorgen: eine gedrungene Masse wird notwendig; deshalb
Verzicht auf die Einheit des Turmes!
Weitere Beschränkungen gibt das aus naheliegenden Gründen zu
wählende Material: der Backstein. Selbstverständlich ist an Handstrich-
ziegel gedacht, die hell verfugt oder mit Kalk dünn überstrichen werden
können, wie das im südlichen Schwaben häufig zu sehen ist. Das Dach
wird mit naturfarbenen Platten gedeckt; die Turmhelme können in Klinkern
gemauert werden.
»In Ermanglung eines eigentlichen Glockenturmes wird man die
Glocken in der Galerie zwischen den beiden Westtürmen praktisch und
schön aufhängen können.
Was den Stil in historischem Sinne anbelangt, so ist davon hoffent-
lich nicht mehr viel zu finden; dagegen vielleicht doch einiges vom Stil
im eigentlichen Sinne.«
Professor R. Böklen & Feil schreiben:
Der Grundriß zeigt die Form einer Kreuzanlage mit 20 m breitem
Hauptschiff und 15 m breiten Kreuzarmen. Das Hauptschiff findet nach
Osten seinen Abschluß in einem 9 m weiten Turmchor, in dem der Altar
seine Aufstellung findet.
Die Kanzel steht an der Wand des nördlichen Chorbogenwiderlagers.
Dem Schiff ist eine gewölbte geräumige Eintrittshalle nach Westen vorgelagert.
Die verlangten Nebenräume
T-5* ’n') 1;T=== liegen um den Turmchor auf der
V- Nord-, Ost- und Südseite als ein-
=3 | • ! stockige Anbauten.
3 '■ ' Emporen sind in den beiden
Kreuzarmen, sowie an der West-
seite angelegt, welche durch
schmale vorgekragte Galerieen

Aus den Erläuterungen der Konkurrenten sei zum besseren Verständ-
nis der Lösungen folgendes angeführt:
Professor Th. Fischer schreibt:
Das Problem des protestantischen —P
Kirchenbaues, das im wesentlichen einen '
einheitlichen, übersichtlichen und gut 1 L? Jl=®==°*=
akustischen Raum zum Ziel hat, scheint
dahin zu drängen, daß die neuen weit- 1 Ä
tragenden Konstruktionen, welche einen J
derartigen Raum ohne Stütze ermöglichen,
zu Hilfe genommen werden. Viel weniger —
wird diese Neigung auftreten bei den Ge- __J =====i - F *
meindekirchen mittleren Umfanges mit 1 ! _ __ MH*
einer Sitzplatzzahl bis etwa zu 1000, da l W ~ ™
hier Holzdecken und allenfalls auch echte t r~ - - i I H
Gewölbe angewendet werden können. zuuuL aLr waJ
Wenn aber ausnahmsweise eine Sitzplatz- fj] ' *’ .7.7
zahl von solcher Höhe, wie in diesem . - Jj ■ ->
Falle, verlangt wird, so wäre es wohl ff ■ *
nicht gerechtfertigt, die Hilfsmittel, welche L_ —j uff
die Ingenieure dem Architekten anbieten, ... . w-
von der Hand zu weisen. Die Schwierig- f f A ■ ÜW
keit bleibt allerdings, einen Raum von - v —'■'JA' g .7».
28 m im Geviert in seiner Höhe so zu W
bemessen, daß beides, die Harmonie der X A
Verhältnisse und die Hörbarkeit nicht |
notleidet; aber wenn die letzte Rücksicht II qä
verlangt, daß die Höhe erheblich be- _jj _
schränkt werde, so ist für die Schönheit *
des Raumes damit noch nichts verloren;
denn die Einfachheit und Harmonie der
Verhältnisse ist das Ausschlaggebende, —> itt-Ü ’.
nicht die absoluten Maße.
Die Zahl der Emporenplätze wurde_J .;»<
möglichst eingeschränkt (1400:640). ===' ' = ==■
»Von derüblichen Stellung von Altar, ~----7
Kanzel und Orgel abzusehen, schien ge-

Herren: Königlicher Hofbaudirektor von Berner, Ober-
baurat von Dollinger, Oberbaurat von Reinhardt, Ober-
baurat Freiherr von Seeger, Oberkonsistorialrat Dr. Merz,
Garnisonspfarrer Blum — sämtliche in Stuttgart, drei
Projekte auswählte und mit Einstimmigkeit beschloß, die
in den Bedingungen für drei Preise zur Verfügung ge-
stellte Summe von 3000 Mk. folgendermaßen zu verteilen:
1. einen 1. Preis im Betrage von 1500 Mk. dem
Projekte mit dem Kennwort — »ain veste bvrg«; 2. einen
2. Preis von
* 900 Mk. dem
Projekt: »Ober-
/nOOCA schwäbisch«;
NX, 3 einen 3. Preis
Ef von 600 Mk.
dem Projekt:
» Einigkeit«.
Über die
einzelnen Ent-
würfe wurde
folgende Beur-
teilung abge-
geben :
Motto:
»ain veste
bvrg«. Eigen-
artiger, ernster,
monumentaler,
nur wenig an
historische Vorbilder erinnernder Bau, einfache große Verhältnisse, äußerst
zweckmäßige Grundrißanlage; von allen Sitzplätzen ist Kanzel und Altar
in gerader Richtung zu sehen. Seitenemporen sind vermieden, dadurch
ist viel Licht und freie Stellung der Kanzel neben dem Altar erzielt. Die
mäßigen Höhenverhältnisse und die Form der Decke lassen eine gute
Akustik erwarten. Die Orgel ist auf einer zweiten Empore in einem er-
höhten kuppelartigen Bau angeordnet, der nach außen charakteristisch zum
Ausdruck kommt. Der ganze Bau wird im Ulmer Stadtbild von bedeutender

Professor R. Böklen & Feil
in Stuttgart.

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