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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 22.1906

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1Q06

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 1

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Milchtrinkhalle
im Stadtpark in Wien.

Architekten: Oberbaurat Professor Fr. A. Olnnann
& J. Hackhofer in Wien.

Tafel 6. Rathaus in Weißenburg a. S. Aufnahme von
Professor C. E. Weyßer in München.

Tafel 7. Milchtrinkhalle im Stadtpark in Wien. Architek¬

ten: Oberbaurat Professor Er.A. Ohmann &J.Hackhofer in Wien.
Durch die Unterführung der Stadtbahn unter den > Kinderpark
genannten Teil des Stadtparkes wurde das ganze Terrain dieses Garten-
teils umgestaltet, teilweise erhöht. Bei Belassung des Zwecks dieses Garten-
teils ergab sich die Notwendigkeit, für die Kinder eine Verkaufsstelle für
Milch etc. zu schaffen. Zugleich wurde dafür gesorgt, daß an dieser Stelle
ein gedeckter Abstieg in das regulierte Wienflußbett hinabführt, das auch
als Eislaufplatz angenommen war. Das Gebäude enthält daher an dem
Wienflusse liegend oben die Räume der eigentlichen Milchtrinkhalle, unten
Garderoben für den Eislaufplatz.
Die Ausführung geschah durch die Architekten Ohmann &■ Hackhofer,
welche die dekorative Ausgestaltung der meisten durch die Wienflußregu-
lierung sich ergebenden Objekte von der Gemeinde Wien übernommen haben.
Tafel 8. Wohnhaus des Herrn Dr. Zeller in Stuttgart.
1. Halle. Architekt: Professor Theodor Fischer in Stuttgart.
Text und weitere Abbildungen folgen im nächsten Heft.
Textblatt Entwurf zu einer Oartenanlage. Architekt:
Otto Oßwald in Stuttgart.
Ein Entwurf aus der Schule Theodor Fischers, der als Ergänzung
zum Sutterschen Artikel über die Darmstädter Gartenbauausstellung Inter-
esse bietet.

Textblatt. Volksschule an der Huttenstraße in Halle a. S.

Architekt: Stadtbaurat Carl Rehorst in Halle a. S.

Die stetige Zunahme der Bevölkerung im Süden und Osten der Stadt
Halle machte im Jahre 1900 die Erbauung zweier Volksschulen nötig, die
so zu entwerfen waren, daß sie später ohne Störung des Schulbetriebes
um das Doppelte ihrer ursprünglichen Klassenzahl vergrößert werden
können. Es ent-



Volksschule an der Hutten-
straße in Halle a.S.
2. Seiteneingang.

Architekt: Stadtbaurat Carl
Rehorst in Halle a. S.

standen damals die
je zwölfklassigen
Schulgebäude an
der Freiimfelder-
und an der Hut-
tenstraße, deren
Grundrisse sich
gegenseitig ergän-
zen, d. h. der
Grundriß der
Schule Hutten-
straße stellt die
spätere Erweite-
rung der Schule
an der Freiimfel-
derstraße dar und
umgekehrt. Es war
diese Schabioni-
sierung angängig,
weil die Lagebe-
dingungen beider
Gebäude diesel-
ben sind und beide
mit dem knapp-
sten Rauminhalt
erbaut werden
sollten.
Bezüglich der
Architektur dage-
gen erfuhren sie
eine verschiedene
Ausbildung: wäh-
rend die Schule an
der Freiimfelder-


Volksschule an der Huttenstraße in Halle a. S.
1. Ansicht von Nordosten.

Architekt: Stadtbaurat Carl
Rehorst in Halle a. S.

straße (die wir in einem
der nächsten Hefte
bringen werden) als
Ziegelrohbau mit teil-
weisem Flächenputz
ausgeführt wurde, ist
der Bau an der Hutten-
straße ganz Putzbau
mit teilweiser Haustein-
verwendung. Die For-
mengebung knüpft an
die Blütezeit der Halle-
schen Baukunst, die


. 1

Frührenaissance, an, hat aber eine durchaus moderne Durchbildung erfahren.
Die Schule an der Huttenstraße enthält in vier Geschossen zwölf

Klassenräume für je 48 Schüler, sowie je ein Rektor-, ein Lehrer- und
Sammlungszimmer. Das Kellergeschoß enthält die Wohnung des Haus-
mannes, die Räume für die Sammelheizung und einen Raum für Bereitung
und Verabreichung des warmen Frühstücks, das armen Kindern auf Kosten
der Stadt im Winter gereicht wird. Die mit selbsttätig wirkender Wasser-
spülung und mit Torfilpissoirs ausgestatteten Aborte für Schüler befinden
sich in allen Geschoßen und sind von den Treppenpodesten durch offene
Vorhallen zugängig, außerdem befindet sich in jedem Geschoß ein Abort
für Lehrer, der von den Fluren aus seinen Eingang hat. Zehn Klassen
sind mit Bänken nach System Rettig, zwei Klassen versuchsweise mit
sog. Zahnschen Bänken ausgestattet. Letzteres System hat auch bei späteren
Schulbauten die bestbewährte Rettigbank nicht zu verdrängen vermocht.
Das Gebäude ist in allen Teilen massiv ausgeführt, die Treppen sind
aus Fichtelgebirgsgranit, die Decken aus Beton nach System Könen, die
Fußböden in den Klassen und Fluren sind mit Linoleum auf Gipsstrich
belegt.
Besonderer Wert wurde auf eine vornehme, wohlabgewogene Farben-
gebung im Innern gelegt. Alles Holzwerk wurde helfblau deckend ge-
strichen und teils weiß, teils farbig abgesetzt. Die Wandsockel und
Wände zeigen entsprechend lichte Töne. Auf ornamentale Malereien wurde
ganz verzichtet, dagegen erhielten alle Klassen 'und Flure guten Bilder-
schmuck.
Im Äußeren wurde aller Schmuck auf wenige Punkte vereinigt: nur
die beiden Eingänge erfuhren eine etwas reichere Ausbildung. Das in
Sandstein ausgeführte Hauptportal (in der 2. Beilage) klingt in seiner Ge-
samtkomposition an Hallesche Portale der Frührenaissance an und wurde
mit besonderer Liebe durchgebildet. Um den Bogen zieht sich ein Fries
von Kinderköpfchen, die die Blumen des Feldes versinnbildlichen: der
Löwenzahn als wilder Knabe, der Rittersporn als kecker Bursche, das
Stiefmütterchen als zartes Mädchen u. s. w. Die beiden Flügel des Auf-
baues zeigen als Flachrelief den ersten Schulgang des Knaben und den
emsigen Fleiß des Mädchens und seine Mittelfüllung trägt das Bild eines
mit wildem Ernste lehrenden Lehrers.
Der Hofeingang hat nur durch ornamentale Behandlung des Putzes
eine besondere Betonung erhalten. Hier zieht sich um den Bogen der
Spruch: Wer hier gehet aus und ein, der soll stets brav und fleißig sein.
Die Liebe, welche auf die Durchbildung dieses kleinen Schulhauses
verwendet wurde, hat darin ihren reichsten Lohn gefunden, daß die Jugend,
die es benützt, es liebgewonnen hat und es dementsprechend schont: trotz
der zarten heiteren Farben im Innern stehen alle Räume trotz mehr als
vierjähriger Benutzung noch in ursprünglicher Frische. Ein Beweis, daß
Kunst zur Kunstliebe erzieht.
Die Baukosten des Hauses betrugen einschließlich innerer Einrich-
tung, Nebenanlagen, Hofbefestigung, Umwallung und Bauleitung rund
170 000 Mk.

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