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ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 11
Tafelaufsatz.
Entwurf von Professor Selzer in Nürnberg; Ausführung
von Goldschmied Emil Blachian in München.
schulen in München und Kaiserslautern ausgeführt sind, sowie der be-
nachbarte, von der Kunstgewerbeschule in Kaiserslautern ausgestattete
Restaurationsraum der Staatsbrauerei Weihenstephan mit der offenen Vor-
halle an der Seitenfront (Tafel 88).
Von besonderem Interesse ist die am weitesten gehende konstruktiv-
dekorative Ausnutzung der Binderkonstruktion zu einer imposanten Hallen-
wirkung in der vom Leiter des Baubureaus Architekt Adolf Henrich
entworfenen Festhalle (Abb. vor. Seite). Die bis auf den Boden reichenden
und mit ihren Zwischenräumen halboffene Sitzplätze bildenden Stephanschen
Gitterbogenbinder haben eine Spannweite von 30 m und eine Scheitel-
höhe von 16,5 m. Den vollkommenen Gegensatz dazu bildet die eiserne
Dachkonstruktion der gewaltigen dreischiffigen Maschinenhalle, welche das
Nürnberger Werk der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinen-
baugesellschaft Nürnberg A.-G. erbaut hat. Über dem 180 m langen,
50 m breiten Raum (Abb. vor. Seite) mit 24 m breitem Mittelschiff und 12,5 m
breiten Seitenschiffen liegt die über dem Mittelschiff mansarddachähnlich
gestaltete Dachfläche ohne die sonst üblichen sichtbaren Gitterträger, da
die Verstrebungen in die Dachfläche gelegt sind. Die Scheitelhöhe der
Mittelrippen beträgt 17,5 m, die größte Höhe der Seitenschiffe 11m und
die Höhe der Seitenwände 9,2 m. Diese Zahlen lassen erkennen, was diese
Konstruktion für die gerade bei einer Maschinenhalle wichtigste übersicht-
liche Weiträumigkeit und gleichmäßige Helligkeit bedeutet.
Die bebaute Fläche beträgt bei dem Hauptindustriegebäude einschließ-
lich der Handwerksausstellung gegen 30000 qm, beim Gebäude der Staats-
ausstellung 15 000 qm. Dann kommt die Maschinenhalle mit 9000 qm,
die Festhalle mit rund 2500 qm, die Kunsthalle mit etwa 1000 qm. Die bebaute
Fläche aller größeren Gebäude wird auf 75 000 qm angegeben. Die Baukosten
betragen einschließlich äußerer und innerer Ausstattung rund 2 200000 Mk.
Die große Leuchtfontäne wirft ihre Strahlen aus 142 Mundstücken
30 m hoch empor. Das Becken ist 60 m lang und 30 m breit. Die
wechselnde farbige Beleuchtung am Abend erfolgt durch 46 Scheinwerfer.
Die Burg Montsalvat (unten), nach der Schilderung in Wagners
Lohengrin, ausgeführt von Th. Heiden, kgl. Hofgoldschmied, München,
stellt die Gralsburg dar, mit dem Gral, der geheiligten Schale, welche das
Herzblut Christi aufnahm. Diese ist mit dem Zeichen des Erlösers aus
einem seltenen Stück Nephrit geschnitten, umrankt von goldenen Reben,
welche in Email die Bilder der Gralsritter Amfortas, des Erbauers, Titurel,
des Beschützers, Parcival, des Entdeckers und Lohengrin, des Verkündigers
der Gralsburg, tragen. Der Tempel, nach der Sage mit Säulenbogen aus
Edelsteinen, ist hier als Mittelstück angebracht, in dessen Innern ein weißer
Saphir den Tisch der Gralsritter darstellt. Den Fuß des Ganzen bilden
Mauern, Türme und der geheimnisvolle Eingang zur Burg, aus Edelsteinen
gebaut. Die Engel, welche die Schale zur Erde brachten, tragen die Burg.
Bekrönt ist die Schale mit Trauben aus Saphiren, in deren Mitte ein Fisch
aus Goldemail, in einen Smaragd eingeschnitten, das Wort Ichthys trägt;
aus seinem Körper träufelt Blut in die Schale, durch Rubine dargestellt.
Ein großer Rubin, von Diamanten umrahmt, versinnbildlicht den Blut-
tropfen Christi, der nach der Sage bei Auffindung an der Schale hing.
ringe Bemalung dekorativ hervorgehoben, ebenso im Gebäude der Staats-
ausstellung. Dessen Hauptvorhalle, der Kuppelraum im Mittelbau (Tafel 85),
ist 20,4 m breit und 30 m hoch, die Haupthalle 20 m breit und 18,25 m
hoch, und die Seitenhalle 20 m breit und 16 m hoch. Die Festhalle ist 60 m
lang und 40 m breit bei 16,5 m lichter Höhe. Der große Saal des Haupt-
restaurants mißt 29 zu 19,6 m bei 28,5 m Höhe. Die offenen Terrassen
desselben haben eine Spannweite von 200 m. — Im Inneren des Gebäudes
der Staatsausstellung sind in der großen Kuppelhalle (Tafel 85) die Wände
grau, mit vertieftem Goldornament belebt, die Wölbflächen der Kuppel
mit kräftigen, nach dem Scheitel zu laufenden Rillen versehen. Die
großen, in den Laibungen kassettierten Halbkreisbögen sind auf den
Stirnseiten mit roten Kreisen und aufgelegten vergoldeten Blättern be-
setzt. Mosaikeinlagen schmücken die wagrechten, die Bogenöffnungen
teilenden Sturze, die auf vierkantigen Pfeilern mit Bronzekapitellen ruhen.
Das Ganze gibt eine einheitliche, würdig-ernste Ausschmückung, in der
nur die gemalten Teppiche auf den Wölbflächen der Kuppel befremden.
Unsre Tafel 85 gewährt rechts einen Einblick in die rechte Seitenhalle
an der der mit Marmor und prächtiger Kassettendecke geschmückte
Prunkraum des Kgl. Hauptmünzamts liegt. Links gelangt man aus der
Kuppelhalle durch einen Vorraum in die geräumige und vornehm ausge-
stattete Post-, Telephon- und Telegraphenhalle, die zugleich als Musteraus-
stellung der Betriebseinrichtungen dient. Geradeaus steigen wir einige
Stufen hinab in die 66 m lange, 20 m breite und 18,25 m hohe Haupthalle,
die mit niedrigen Zwischenwänden in Kojenanordnung die Ausstellung
von Plänen, Modellen und Aufnahmen des Staatsbauwesens enthält. Der
untere Teil der Wände, die Trennungswände und Postamente sind grün-
lichgrau, das Holzwerk der Wände und die seitliche Verschalung der Binder
gelblich, die Verschalung der Dachschrägen weiß gehalten. Die Stirnseiten
der Binderbögen sind mit Blau, Weiß und Gelb in buntem Ornament be-
malt, das über dem Scheitel in große grüne Blumen ausläuft.
In den kleineren Hallen sind die Wände gelb, Holzwerk und Decken
weiß (mit durchleuchtendem Stoff gespannte Flächen). Die Form der
Öffnungen schmiegt sich der von der Stoffbespannung verdeckten Fach-
werkkonstruktion an; z. T. sind die Wände der zwischen je zwei Kojen-
reihen hinführenden Gänge nur bis zu zwei Drittel der Höhe überspannt
und oben offene Pfeilerstellungen gelassen, so daß gute Raumwirkungen
entstehen. Recht erfreulich wirkt die durchaus bescheidene und einfache
Bemalung mit verschiedenfarbigem Linienornament, mit hübschen Vouten-
friesen in immer wechselnden Mustern und Farben — eine geschmackvolle,
billige und würdige Schmuckweise, die für ähnliche Zwecke Nachahmung
verdient.
Erwähnung verdient auch die abwechslungsreiche und wirkungsvolle
Raumausstattungin der Unterrichtsabteilung, namentlich der kleine Hof (S.84)
mit Brunnen, Denkmälern u. s. w., die von Schülern der Steinbildhauer-
Btirg Montsalvat mit der Hofgoldschmied Theod. Heiden in München.
Gralsschale.
ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU
Heft 11
Tafelaufsatz.
Entwurf von Professor Selzer in Nürnberg; Ausführung
von Goldschmied Emil Blachian in München.
schulen in München und Kaiserslautern ausgeführt sind, sowie der be-
nachbarte, von der Kunstgewerbeschule in Kaiserslautern ausgestattete
Restaurationsraum der Staatsbrauerei Weihenstephan mit der offenen Vor-
halle an der Seitenfront (Tafel 88).
Von besonderem Interesse ist die am weitesten gehende konstruktiv-
dekorative Ausnutzung der Binderkonstruktion zu einer imposanten Hallen-
wirkung in der vom Leiter des Baubureaus Architekt Adolf Henrich
entworfenen Festhalle (Abb. vor. Seite). Die bis auf den Boden reichenden
und mit ihren Zwischenräumen halboffene Sitzplätze bildenden Stephanschen
Gitterbogenbinder haben eine Spannweite von 30 m und eine Scheitel-
höhe von 16,5 m. Den vollkommenen Gegensatz dazu bildet die eiserne
Dachkonstruktion der gewaltigen dreischiffigen Maschinenhalle, welche das
Nürnberger Werk der Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinen-
baugesellschaft Nürnberg A.-G. erbaut hat. Über dem 180 m langen,
50 m breiten Raum (Abb. vor. Seite) mit 24 m breitem Mittelschiff und 12,5 m
breiten Seitenschiffen liegt die über dem Mittelschiff mansarddachähnlich
gestaltete Dachfläche ohne die sonst üblichen sichtbaren Gitterträger, da
die Verstrebungen in die Dachfläche gelegt sind. Die Scheitelhöhe der
Mittelrippen beträgt 17,5 m, die größte Höhe der Seitenschiffe 11m und
die Höhe der Seitenwände 9,2 m. Diese Zahlen lassen erkennen, was diese
Konstruktion für die gerade bei einer Maschinenhalle wichtigste übersicht-
liche Weiträumigkeit und gleichmäßige Helligkeit bedeutet.
Die bebaute Fläche beträgt bei dem Hauptindustriegebäude einschließ-
lich der Handwerksausstellung gegen 30000 qm, beim Gebäude der Staats-
ausstellung 15 000 qm. Dann kommt die Maschinenhalle mit 9000 qm,
die Festhalle mit rund 2500 qm, die Kunsthalle mit etwa 1000 qm. Die bebaute
Fläche aller größeren Gebäude wird auf 75 000 qm angegeben. Die Baukosten
betragen einschließlich äußerer und innerer Ausstattung rund 2 200000 Mk.
Die große Leuchtfontäne wirft ihre Strahlen aus 142 Mundstücken
30 m hoch empor. Das Becken ist 60 m lang und 30 m breit. Die
wechselnde farbige Beleuchtung am Abend erfolgt durch 46 Scheinwerfer.
Die Burg Montsalvat (unten), nach der Schilderung in Wagners
Lohengrin, ausgeführt von Th. Heiden, kgl. Hofgoldschmied, München,
stellt die Gralsburg dar, mit dem Gral, der geheiligten Schale, welche das
Herzblut Christi aufnahm. Diese ist mit dem Zeichen des Erlösers aus
einem seltenen Stück Nephrit geschnitten, umrankt von goldenen Reben,
welche in Email die Bilder der Gralsritter Amfortas, des Erbauers, Titurel,
des Beschützers, Parcival, des Entdeckers und Lohengrin, des Verkündigers
der Gralsburg, tragen. Der Tempel, nach der Sage mit Säulenbogen aus
Edelsteinen, ist hier als Mittelstück angebracht, in dessen Innern ein weißer
Saphir den Tisch der Gralsritter darstellt. Den Fuß des Ganzen bilden
Mauern, Türme und der geheimnisvolle Eingang zur Burg, aus Edelsteinen
gebaut. Die Engel, welche die Schale zur Erde brachten, tragen die Burg.
Bekrönt ist die Schale mit Trauben aus Saphiren, in deren Mitte ein Fisch
aus Goldemail, in einen Smaragd eingeschnitten, das Wort Ichthys trägt;
aus seinem Körper träufelt Blut in die Schale, durch Rubine dargestellt.
Ein großer Rubin, von Diamanten umrahmt, versinnbildlicht den Blut-
tropfen Christi, der nach der Sage bei Auffindung an der Schale hing.
ringe Bemalung dekorativ hervorgehoben, ebenso im Gebäude der Staats-
ausstellung. Dessen Hauptvorhalle, der Kuppelraum im Mittelbau (Tafel 85),
ist 20,4 m breit und 30 m hoch, die Haupthalle 20 m breit und 18,25 m
hoch, und die Seitenhalle 20 m breit und 16 m hoch. Die Festhalle ist 60 m
lang und 40 m breit bei 16,5 m lichter Höhe. Der große Saal des Haupt-
restaurants mißt 29 zu 19,6 m bei 28,5 m Höhe. Die offenen Terrassen
desselben haben eine Spannweite von 200 m. — Im Inneren des Gebäudes
der Staatsausstellung sind in der großen Kuppelhalle (Tafel 85) die Wände
grau, mit vertieftem Goldornament belebt, die Wölbflächen der Kuppel
mit kräftigen, nach dem Scheitel zu laufenden Rillen versehen. Die
großen, in den Laibungen kassettierten Halbkreisbögen sind auf den
Stirnseiten mit roten Kreisen und aufgelegten vergoldeten Blättern be-
setzt. Mosaikeinlagen schmücken die wagrechten, die Bogenöffnungen
teilenden Sturze, die auf vierkantigen Pfeilern mit Bronzekapitellen ruhen.
Das Ganze gibt eine einheitliche, würdig-ernste Ausschmückung, in der
nur die gemalten Teppiche auf den Wölbflächen der Kuppel befremden.
Unsre Tafel 85 gewährt rechts einen Einblick in die rechte Seitenhalle
an der der mit Marmor und prächtiger Kassettendecke geschmückte
Prunkraum des Kgl. Hauptmünzamts liegt. Links gelangt man aus der
Kuppelhalle durch einen Vorraum in die geräumige und vornehm ausge-
stattete Post-, Telephon- und Telegraphenhalle, die zugleich als Musteraus-
stellung der Betriebseinrichtungen dient. Geradeaus steigen wir einige
Stufen hinab in die 66 m lange, 20 m breite und 18,25 m hohe Haupthalle,
die mit niedrigen Zwischenwänden in Kojenanordnung die Ausstellung
von Plänen, Modellen und Aufnahmen des Staatsbauwesens enthält. Der
untere Teil der Wände, die Trennungswände und Postamente sind grün-
lichgrau, das Holzwerk der Wände und die seitliche Verschalung der Binder
gelblich, die Verschalung der Dachschrägen weiß gehalten. Die Stirnseiten
der Binderbögen sind mit Blau, Weiß und Gelb in buntem Ornament be-
malt, das über dem Scheitel in große grüne Blumen ausläuft.
In den kleineren Hallen sind die Wände gelb, Holzwerk und Decken
weiß (mit durchleuchtendem Stoff gespannte Flächen). Die Form der
Öffnungen schmiegt sich der von der Stoffbespannung verdeckten Fach-
werkkonstruktion an; z. T. sind die Wände der zwischen je zwei Kojen-
reihen hinführenden Gänge nur bis zu zwei Drittel der Höhe überspannt
und oben offene Pfeilerstellungen gelassen, so daß gute Raumwirkungen
entstehen. Recht erfreulich wirkt die durchaus bescheidene und einfache
Bemalung mit verschiedenfarbigem Linienornament, mit hübschen Vouten-
friesen in immer wechselnden Mustern und Farben — eine geschmackvolle,
billige und würdige Schmuckweise, die für ähnliche Zwecke Nachahmung
verdient.
Erwähnung verdient auch die abwechslungsreiche und wirkungsvolle
Raumausstattungin der Unterrichtsabteilung, namentlich der kleine Hof (S.84)
mit Brunnen, Denkmälern u. s. w., die von Schülern der Steinbildhauer-
Btirg Montsalvat mit der Hofgoldschmied Theod. Heiden in München.
Gralsschale.