Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1840

DOI Heft:
Geist und Lebensart unseres Adels im Mittelalter
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22584#0225

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
198

an die Kirchen und Klöster; einige giengen darin so weit, daß sie ihr
ganzes Besizthum der todten Hand vermachten und mit ihrer ganzen Fa-
milie der Welt entsagten, um in freiwilliger Armuth dem verschlossenen
Leben zu huldigen. Ihren Unterthanen legten sie weder mit List noch
Gewalt ungerechte Steuern oder Dienste auf, und in Fällen des Kriegs
ließen sie sich durch gute Freunde gerne mit ihrer Widerpart vertragen.
Diese Sühnen wurden alsdann auf ihren Burgen mit einem fröhlichen
Mahle beendigt, wobei Gesang und Saitenspiel ertönten. Ihre Gast-
freundschaft gieng über Alles; Verwandte und Bekannte, fahrende Ritter
und Sänger fanden allezeit bereitwillige Aufnahme, und die Armen klopf-
ten niemals ungehört an ihre Pforte. Wenn es hievon Ausnahmen gab,
so wird solches im Wesen der menschlichen Natur zu suchen und der bessere
Geist jener Zeit deswegen nicht zu läugnen seyn.
Der spätere Adel dagegen lebte in großer Pracht, in Schwelgerei und
Ausschweifungen aller Art, und war dabei durch Erbtheilungen und Schul-
den verarmt. Was blieb ihm übrig, als den Mangel des Nöthigen durch
erhöhte Dienste und vervielfachte Steuern, durch Raub und Konfiskation
zu ersezen? Hiedurch Hub nun jenes schauderhafte Gewalts- und Unter-
drükungswesen an, welches in Verbindung mit der herrschenden Pfaffen-
und Juristentyrannei das deutsche Landvolk zur Verzweiflung gebracht hat.
Der alte Adel gewährte dem gemeinen Mann einen ersprießlichen Schuz,
der neuere machte ihn zum Sklaven und Bettler — das war der Unter-
schied.
 
Annotationen