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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1840

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Geist und Lebensart unseres Adels im Mittelalter
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https://doi.org/10.11588/diglit.22584#0210

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IL6

Geist nn- Lebensart
unseres
Adels im Mittelalter.

Die Verschiedenheit des Standes erzeugte immer und überall auch
eine verschiedene Lebensweise und Denkungsart. So schieden sich im
Mittelalter nicht allein die Fürsten, die Geistlichkeit und das Volk durch
ihren Geist, ihre Sitten und Lebensweise charakteristisch von einander ab,
sondern im Volke selbst bildeten sich wieder neue Unterschiede, als die große
Masse desselben durch das Lehenwesen in Freie und Nichtfreie, in
Herren, Dienstleute und Leibeigene zerfiel. Es war ganz natür-
lich — die mächtigen und wohlhabenden Freien, der mühsamen Arbeit,
der niedrigen Sorgen überhoben und in vollem Genüsse der edlern Men-
schenrechte, mußten zu einer gewissen Hoheit der Seele gelangen, welche
mit dem Geblüt und durch die Erziehung auf ihre Nachkommenschaft über-
gieng. Und da Viele dieser Freien sich allmählig in den Rang der Großen
des Landes erhoben, so nahm ihr Ansehen mehr und mehr das vornehmere
Gepräge der höhern Stände an. Sie verschmolzen endlich mit den Fürsten
und Grafen und bildeten mit diesen den hohen Adel der Nation.
Das Emporsteigen im äußern, formellen Rang hatte aber für ihren
innern und materiellen Adel eine sehr nachtheilige Folge. Es war der
größte Stolz ihrer Väter gewesen, an Leib und Gut völlig freie Männer
zu seyn, das heißt Niemanden über sich anzuerkennen, als Gott und das
Neich('). Damals lag die Ehre noch in der Freiheit; das Lehen-

(l) Diesen Freibeitsstolz der alten Dynasten schildert eine glaubwürdige Sage, welche
uns die Chroniken aufbewahrt haben, vortrefflich. „Freiherren, erzählt
sie, oder Barone wurden von altersher diejenigen Bauern (Grundbesizer)
genannt, die keine Lehen trugen, also keinem andern Herrn verbunden waren.
Zu solchen gehörte der Baron von Krenkingen, Herr zu Thiengen im
Klekgau. Als daher eines Tages Kaiser Friedrich, der Rochbart, durch
dieses Städtlein zog, blieb derselbe auf seinem Stuhle vor der Herrenwoh-
nung ruhig sizeu und rückte, wie der Kaiser an ihm vorbeiritt, zum Gruße
 
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