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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1840

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Etwas über Hebel
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https://doi.org/10.11588/diglit.22584#0243

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Etwas über Hebel.

2n dem schönen Schloßgarten, der eine Zierde unserer Residenz ist,
wandelte ein Fremder durch die herrlichen, schattenreichen Baumgänge.
Nachdem er viele Parthieen gemustert und bewundert hatte, gerieth sein
Fuß an eine einsame Stelle, wo ein hochgrüner Rasenplaz von malerischen
Baumgruppen eingeschlossen liegt, aus dessen Mitte ein kleines Denkmal
von Eisen in gothischem Geschmake mit einem ehernen Brustbild sich erhebt.
Freudig überrascht betrachtete er die malerische Scene, und trat dann neu-
gierig näher, um aus den Inschriften des Denkmales zu vernehmen, welchem
verdienten Manne die Mit- oder Nachwelt dies Zeichen dankbarer Ver-
ehrung gestiftet habe. Und siehe da — er fand den Namen Hebel. Jezt
wendete er mit sichtbarem Vergnügen seine Blike wieder aufwärts zu dem
Brustbilde, und forschte aufmerksam nach den Zügen des edlen Dichters.
Inzwischen hatte ich mich ihm genähert, und leicht geriethen wir in's
Gespräch über den Gegenstand seiner Betrachtung. Er kannte die Hebel-
schen Gedichte ziemlich genau und verstund den poetischen Geist, welcher sie
durchweht. Wir erinnerten uns, wie man früher zuweilen denselben ver-
kannt, und dieser alemannischen Muse die ächte Volksthümlichkeit
abgesprochen habet?). Der Fremde bedauerte, das Leztere nicht besser

(l) „Die Volkslieder in besonder» Mundarten, wie die von H eb el, sind nur als poetische
Kuriosa zu betrachten. Sie unterscheiden sich von den ächten alten Volksliedern dadurch,
daß sie nicht aus dem Volke hervorgegangeu, sondern demselben angedichtet worden sind.
Wie sehr der Dichter sich bemüht, ein Bauer zu scheinen, er bleibt doch immer nur ein
Bauer aus der Theatergarderobe. Ich kann die Begeisterung für Hebels und ähnliche
Gedichte nicht theilen, sie widern mich vielmehr gerade so an, wie die Schweizerinen
und Tyrolerinen auf den Redouten. Es ist eine alberne Affektation sogenannter Naivetät
darin, die sich in der Wirklichkeit ganz anders verhält. Merkt man nun gar, daß der
Dichter seinen Bauern wieder den längstversauerten Milchbrei politischer Kindlichkeit ein-
pappelt und sich gleich einem Dorfschulmeister bei der Ankunft hoher Herrschaften zum
 
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