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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1840

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Wilhelm der Heilige, Abt zu Hirschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.22584#0045

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Wilhelm der Heilige,
Abt zu Hirschau.

Äls Abt Friedrich zu Hirschau auf die Einflüsterungen einiger Uebel-
gesinnten von dem Klostervogte, Graf Albrecht von Kalw gewaltsam
seiner Würde entsezt worden war, und man hierauf zu einer neuen Wahl
schritt, partheieten sich die Väter des Kapitels anfänglich; bald aber gab
ihnen dieBetrachtung der Gefahr, womit Albrechts gewaltthätiger Geist ihr
Gotteshaus bedrohte, eine gemeinsame Seele: sie suchten einen Vorsteher
von gleicher Kraft als Frömmigkeit, damit weder in den geistlichen, noch
weltlichen Sachen der Abtei etwas versäumt werde. Also fiel die einstim-
mige Wahl auf Wilhelm, Prior bei Sankt Emmeran zu Regensburg,
dessen Ruhm schon damals die Menge seiner Ordensbrüder überstrahlte.
Wilhelm aber, als er im Frühling tausend neun und sechzig nach Hirschau
kam, und das Schicksal Abt Friederichs erfuhr, weigerte sich der aufgetrage-
nen Würde und verlangte in sein Kloster zurück. Da fielen die Väter wei-
nend zu seinen Füßen, bathen und beschworen ihn, sie nicht zu verlassen.
Gerührt hievon und durch die Schilderung ihrer Noch, nahm er endlich die
Verwaltung über sich, auf solang jedoch ohne Weihung, als sein Vorweser
am Leben sey.

(1) Das Benediktinerkloster Hirschau war eines der ältesten in Schwaben. Soll die
Sage seiner Gründung durch Helisena im Jahr 045 auch eine Fabel seyn, so blühte
es doch sicherlich schon in der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts als eine Stif-
tung des reichen und mächtigen Hauses vonKalw, welches sich die erbliche Kasten-
und Schirmvogtei darüber Vorbehalten hatte, sie aber nicht immer im Geiste der Stif-
ter, sondern sehr oftmals mit tyrannischer Habsucht verwaltete. Dessen ohngeachtet
erlangte das Gotteshaus das Ansehen einer wahren Mutteranstalt für einen großen
Theil von Schwaben, und da es namentlich auch auf unfern Schwarzwald, und unter
Abt Wilhelm überhaupt auf unsere vaterländischen Zustände von bedeutendem Ein-
flüsse war, so wird die Einreihung dieses Aufsazes in die Badenia wohl gerecht-
fertigt seyn.
 
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