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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 3.1933/​1935(1936)

DOI issue:
Heft 10/12 (Juli 1936)
DOI article:
Hübner, Paul Hermann: Honig in einer alemannischen Glasschale
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https://doi.org/10.11588/diglit.27454#0483

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Die Verseifungszahl ist Säurezahl -s- Esterzahl — 95. Die Verhältniszahl ist
20 : 75 — 1 : 3,75. Vergleiche ich diese Daten mit öenen von ungereinigtem
neuen Bienenwachs, so sehe ich, öaß sie völlig übereinstimmen. Hager^ nennt
für gelbes Vienenwachs folgende Daten: Säurezahl 20, Esterzahl 75, Ver-
hältniszahl 3,75. Auch aus dieser Äbereinstimmung kann der Schluß gezogen
werden, öaß das gesundene Bienenwachs keine Veimischungen enthielt.

Durch die Feststellung dieser Daten ist also reines Bienenwachs nachge-
wiesen.

Weshalb wurde öas Bienenwachs in so geringer Menge, nur 1,015 §> dem
Toten mit ins Grab gegeben? Weil Wachs im grohen und ganzen im Laufe
der Zeit unverändert bleibt, ist es ausgeschlosfen, daß öie Glasschale ursprüng-
lich mehr enthielt. Wurde es dem Toten zu dem Zweck beigegeben, öamit es
im Jenseits als Pflaster zum Vefestigen von Verbänöen für seine Wunden
verwendet weröen kann? Die Alemannen glaubten ja an ein körperliches
Weiterleben nach dem Tode, öeshalb wurden öie Frauen mit ihrem Schmuck
und die Männer mit ihren Waffen begraben. Daß Wachs seit alten Zeiten
als Pflaster in der Wundbehandlung Derwendung fand, ist bekannt. Aber
für diesen Zweck war die Menge zu gering.

Jch vermutete deshalb, öaß in der Glasschale dem Tvten nicht Vienen-
wachs, sondern Bienenhonig mit ins Grab gegeben wurde^. Aus jeden Fall
müssen sich Vlütenstaub öarin nachweisen lassen.

Zu diesem Vachweis löste ich das Wachs in Äther, sedimentierte die Lö-
sung und nach 24 Stunden hatten sich alle Vestandteile, öie schwerer als die
Lösung waren, am Boden angesammelt. Das Wachs schwamm dann obenauf.
Jch untersuchte mit 500facher Vergröherung. Zu bemerken war nur wenig
Vlütenstaub.

Verschieöene Pollen waren nicht zu identifizieren, weil ihre Lage die
Form nicht genau erkennen ließ. Einwandfrei erkannte ich Pollen öer ?ranu8
cer38U8 (Kirsche), öer Familie ?o83ee3e. Die Austrittsstellen waren ver-
hältnismäßig fchmal. Der Jnhalt war körnig, die Exine mäßig dick und stark
lichtbrechend, die Größe: 31 rt. Siehe Abb. 1961. Ferner erkannte ich Pollen-
körner der chilia (Linde), der Familie 'silisueZe. Die Farbe war rötlich, öer
Jnhalt erschien dreieckig und ziemlich fein punktiert. Vn öer Mitte dieser Drei-
eckseiten lagen die Austrittsstellen. Die Exinen-Enöen wölbten sich dabei leich"
vor. Hinter den Austrittsstellen lagen flache, glasige Höfe, die Gröhe: 25
Siehe Abb. 196 II. Außer diesen konnten noch Pollen von verschiedenen Korb-
blütlern erkannt weröen. Siehe Abb. 196 III u. IV. Abbildung 196 III zeigt eine
kleine Compositenform mit unregelmäßig geformten stumpfen Stacheln. Die
Austrittsstellen waren nicht zu erkennen. Die Größe: 23," Abbildung 196 IV^
zeigt ziemlich lange und spitze Stacheln. Die Austrittsstellen waren kaum
zu erkennen. Die Größe: 38

Die Anwesenheit von Zucker wuröe dadurch ermittelt, öaß er infolge einer
chemifchen Reaktion als dunkle Körperchen (Kupferoxydul) in Erscheinung trat.

Das in der Glasschale erhalten gebliebene Bienenwachs kann der Vück-
stand des im Laufe der Jahrhunderte durch Bodenfeuchtigkeit, Sickerwasser,
aufgelösten und verflüchteten Vienenhonigs fein.

^ Hager, „Handbuch der pharmazeutischen Praxis".

° Vm Verlauf der Ausgrabungen, die das Stuttgarter Museum auf öem
grvßen alemannifchen Gräberfeld bei Oberflacht nahe Tuttlingen durchführen
läßt, wurden in einem Einbaum ein kleines Tongefäh gefunden, das Honig
enthielt. Professor Dr. Johannes Grüh, Berlin, hat aus anderen Fundstellen
an vor- und frühgeschichtlichen Gefähen ebenfalls Reste von Honig nachge-
wiesen.

^ Siehe: L. Armbruster und G. Oenike, „Die Pollenformen als Mittel zur
Hvnig-Herkunftsbestimmung", Veumünster 1929. — Carl Fehlmann, „Bei-
träge zur mikroskopischen Llntersuchung des Honigs", Vern 1911. — C. Griebel,
„Zur Pollenanalyse des Honigs" in: Zeitschrift für älntersuchung der Lebens-
mittel, 59. Vand, 1930. Berlin, Iulius Springer.

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