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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 23.1967

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Gerhardt, Kurt: Die menschlichen Überreste eines Glockenbechergrabes von Gündlingen, Ldkrs. Freiburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.44899#0194

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Kurt Gerhardt

lieh an der ergänzten Dioptrographenzeichnung gewonnen werden; nach alter Übung
stehen solche Maße und die aus ihnen errechneten Indizes in Klammern.
Das Körperskelett wird von einigen Röhrenstücken und Schaftsplittern der oberen und
unteren Extremitäten vertreten, Gelenkenden fehlen. Die zur Bestimmung der Körper-
größe benötigten Maße können also nicht genommen werden. Ferner liegen neben etwas
undefinierbarem Knochengrus vor das laterale Fünftel des linken Schlüsselbeines mit dem
Tuberculum conoideum, aber ohne Extremitas acromialis, sodann vom linken Hüftbein
die Partie der Tuberositas iliaca mit der Incisura ischiadica maior. Alle Knochen sind in
ihrer Substanz bestens konserviert — hier ist ein sicherlich prächtiges Skelett zerstört
worden.
Die Kranznaht ist heute in ganzer Länge aufgebrochen, sie war aber sehr weitgehend
verknöchert. Auch die heute noch vorhandenen drei Zentimeter der mittleren Pfeilnaht
zeigen nur noch äußere Spuren der Nahtzacken. Der linke Eckzahn, die beiden dortigen
Prämolaren und der 1. Molar sind oberflächig glattgeschliffen und etwa wie Schema-
nummer 2 nach Respinger-Martin abgekaut. Der 2. Molar zeigt lingual eine fortgeschrit-
tene Glättung, etwas weniger, aber doch deutlich der Weisheitszahn: nach alledem ist
matures Alter anzunehmen.
Die Geschlechtsbestimmung verfügt nicht über eindeutig weibliche oder männliche Form-
merkmale. Die Hirnschale ist unauffällig mitteldick. Die Überaugenbögen sind deutlich,
jedoch weich vormodelliert, hingegen ist die Nasenwurzel weitbogig und wenig ein-
gezogen, der links vorhandene Warzenfortsatz ist lang und spitz, dabei nach außen nur
leicht höckerig aufgerauht, der linke laterale Beginn der Linea nuchae superior erhebt
sich zu einer schwachen Leiste und läßt eine mäßig ausgebildete Protuberantia occipitalis
externa vermuten, die linke Facies malaris des Jochbeins ist blattdünn, der linke Unter-
kiefergelenkfortsatz fällt durch Kleinheit auf. Die Röhrenknochen besitzen einen erheb-
lichen Querschnitt und sind dickwandig, die Tuberositas glutea des linken Femur aber
ist nur undeutlich ausgebildet, die Linea aspera ist kaum erhoben. Diese Mischung von
Hinweisen auf eher männliches oder eher weibliches Geschlecht findet ihre zwangloseste
Deutung durch die — bei der Geschlechtsdiagnose ja immer zu berücksichtigende —
Typendiagnose: nach dem von unserem Schädelfragment eindeutig vertretenen Kranio-
typus — siehe die weiteren Ausführungen — dürfte es sich um eine kräftig gewachsene
Frau handeln.
Die Oberansicht (Taf. 72, oben) fällt mit einer betont hinterhauptsbreiten aus-
gerundeten Trapezform auf; so ist denn auch der bei einer Größten Länge von etwa
170 mm kurze Schädel mit dem Längen-Breiten-Index (95) ultrabrachykran und nach
dem Transversalen Frontoparietal-Index (58) stark stenometop, das heißt im Verhältnis
zur (161) mm messenden Größten Schädelbreite ausgesprochen schmalstirnig. In der
Seitenansicht (Taf. 72, unten) springen sofort die waagerechte Kürze und die
steile, ganz weitbogige — fast schon flache — Abwölbung des postaurikularen Hinter-
hauptes, ferner der hohe Sitz des Culmen cranii in die Augen. Von einem hochgelegenen,
weitbogig wenig unter die Stirn gezogenen Nasion steigt der Sagittalumriß über eine
leicht herausgewölbte Glabella-Superziliar-Region mit einem schwach geneigten vollen
hohen Stirnbogen empor zum absatzlos weiter anschrägenden kurzen Scheitel, der in
dem bogig betonten Culmen cranii endet, hinter dem das Hinterhauptsprofil jäh ab-
 
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