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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 23.1967

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Buchbesprechungen
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Fingerlin, Gerhard: [Rezension von: Ä. Kloiber, Die Gräberfelder von Lauriacum. Das Ziegelfeld]
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Forschungen in Lauriacum. Band 6/7: Plangrabungen aus den Jahren 1953/1954/1956
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https://doi.org/10.11588/diglit.44899#0286

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278

Buchbesprechungen

Annahme des Verfassers, daß es sich um die vereinzelte Bestattung einer „Bäuerin aus der länd-
lichen Umgebung“ handeln müsse, zumindest diskutabel. Man könnte durchaus an die Ange-
hörige einer in das romanische „Gemeinwesen“ (civitas? vicus? castrum?) aufgenommenen ger-
manischen Gruppe denken, wie dies schon mit guten Gründen für die in Basel-Äschenvorstadt
beigesetzten Alamannen vermutet wurde — auch wenn in Lauriacum vielleicht mit etwas
anderen Verhältnissen als im zweifellos „städtischen“ Basilia zu rechnen ist.
Tn jedem Fall bleibt abzuwarten, ob bei weiteren Untersuchungen auch die bisher fehlenden
Waffengräber entdeckt werden, wie überhaupt die ganze Belegungsschicht der Merowingerzeit
noch durch weitere datierbare Funde abgesichert werden müßte.
Mit dem Eingehen auf diese sich zunächst anbietenden Fragen ist aber nur ein Aspekt berührt,
der vom Verfasser zwar herausgestellt, wohl mit Rücksicht auf den Forschungsstand aber nicht
in allen interessierenden Details behandelt wird. So vermißt man eine etwas eingehendere, ge-
schichtliche Darstellung des Ennser Raumes, besonders für die spätrömische Zeit. Auch die Frage
der Gräberfeldzugehörigkeit erscheint nicht ausreichend geklärt. Die eigentliche Auswertung
bleibt allerdings einer späteren Zusammenfassung aller Siedlungs- und Gräberfunde im Raum
von Lauriacum vorbehalten. Hier geht es dem Verfasser in erster Linie um die Vorlage eines
Katalogs, der mit der vollständigen Wiedergabe umfangreicher „Grabprotokolle“ allen Fragen
gerecht zu werden sucht. Methodisch interessant sind dabei zweifellos die sehr detaillierten
Beobachtungen zu jedem einzelnen Befund, wenn auch manches, so die Aussonderung von „Lei-
chen-, Kleider- und Beigabenhumus“, überspitzt erscheint. Auch die Ausführungen über das
„Grab als biohistorische Urkunde“ wirken als Vorspann eines Fundkatalogs etwas befremdlich,
unterstreichen jedoch das Bemühen um äußerste Genauigkeit beim Registrieren auch der kleinsten
und belanglosesten Fundumstände. Das mag im Einzelfall überflüssig, im Hinblick auf die Mög-
lichkeit allzu „exakter“ Rekonstruktionen auch nicht ganz unbedenklich sein, gibt jedoch den
Beobachtungen insgesamt — etwa der mehrfach festgestellten Beigabe zerschlagener Gefäße —
einen verläßlichen Hintergrund.
Auf diese etwas unübersichtlich nach Grabungsjahren gegliederte Materialvorlage, die auch
Listen der zahlreichen Einzelmünzen und Streufunde enthält, folgt eine kurz gehaltene chrono-
logische Übersicht. Demnach beginnt die Belegung im Lauf des vierten Jahrhunderts mit deut-
lichem Schwergewicht in dessen zweiter Hälfte. Die Gräber dieser Zeit, durchweg Körper-
bestattungen verschiedener Orientierung, sind in der Mehrzahl mit Münzen versehen, auch
wenn sonst keine weiteren Beigaben vorliegen. Keramik, Schmuck und Trachtbestandteile treten
demgegenüber stark in den Hintergrund, Waffen fehlen überhaupt. Der Verfasser sieht hierin
eine Auswirkung des wachsenden christlichen Einflusses, „der zumeist eine Beigabenarmut ver-
ursachte, die sich bis zur Beigabenlosigkeit auswirkte“. Tatsächlich läßt sich hier, wie in den
meisten durchgehend belegten Friedhöfen, die Schicht des fünften Jahrhunderts archäologisch
kaum noch erfassen, wenn auch ein großer Teil der beigabenlosen Gräber zweifellos in diese
Periode gehört.
Eine Besonderheit bilden die zahlreichen Spolien von Grabmälern und Gebäuden (in einem
Exkurs von H. Vetters gründlich untersucht), die seit dem späten vierten Jahrhundert zum
Bau von Steinkisten Verwendung fanden. Leider läßt sich ihre Verteilung im Plan nicht strati-
graphisch auswerten. Vielleicht liegt aber hier doch noch eine Möglichkeit, die Belegung des
fünften Jahrhunderts wenigstens annähernd abzugrenzen.
Dies setzt allerdings eine Weiterführung der Grabungen voraus, was in einem teilweise über-
bauten Gelände sicher auf erhebliche Schwierigkeiten stößt. Trotzdem wäre zu wünschen, daß
dieses in seinen Fundmaterialien wie geschichtlichen Fragestellungen überaus interessante Gräber-
feld so vollständig wie möglich untersucht werden könnte. Dann dürften auch manche Fragen,
die der Verfasser in seinem bewußt knappen Kommentar nur aufwerfen konnte, einer Lösung
näher kommen. G. Fingerlin
Forschungen in Lauriacum
Band 6/7: Plangrabungen aus den Jahren 1953/1954/1956. Mit ergänzenden Forschungs-
berichten. 35 Abbildungen und 6 Tafeln im Text; 4 Pläne und 19 Beilagen in gesonderter
Mappe. Linz 1960.
 
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