Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Instytut Sztuki (Warschau) [Hrsg.]; Państwowy Instytut Sztuki (bis 1959) [Hrsg.]; Stowarzyszenie Historyków Sztuki [Hrsg.]
Biuletyn Historii Sztuki — 70.2008

DOI Heft:
Nr. 1-2
DOI Artikel:
Fritz, Johann Michael: Kirchenschätze im Heiligen Römischen Reich: Untergang und Überleben von liturgischen Geräten =
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.35032#0014

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
JOHANN MICHAEL FRITZ


7. A/f<2rwr.s'(3?z ć7e/n 77uy/fr 77/n 7020.
/V/i'v AOicscc TVan'ona/ FAcr/nc.s' c/ 77rVe/ C/nny
Wie geiangten kostbare sakrale Werke aus Kirchen des Heihgen Römischen Reiches in
ausländische Museen? Denn die Kirchengebäude, aus denen diese Werke stammen, exi-
stieren ahe noch und werden bis heute für den Gottesdienst genutzt. Zur Erklärung paßt
das oft benutzte Zitat eines spätantiken Schriftstellers, der zwar über libelli, also Bücher,
sprach, aber es läßt sich ebenso auf die Schätze anwenden: "habent sua fata thesauri"
(Schätze haben ihre Schicksale). Dies sei am Beispiel der eingangs genannten Werke ge-
zeigt. Viele Schicksale künden von glücklichen, andere von eher seltsamen Vorgängen.
ln Basel vollführten die Reformatoren einen radikalen Bildersturm, aber der Münster-
schatz wurde durch glückliche Umstände nicht zerstört, sondern blieb unbenutzt Jahrhun-
derte lang in einem verschlossenen Gewölbe. Erst im 19. Jahrhundert verkaufte man
wegen lokaler Streitigkeiten einen Teil des Schatzes, so die Goldene Tafel, die Kaiser
Heinrich II. gestiftet hatte (Abb. 1 ). Der andere Teil blieb im Besitz der Stadt Basel.
Der Zustand der Abtei Reichenau war bereits im 18. Jahrhundert so desolat, daß sie
aufgelöst werden mußte. Aber der Schatz blieb erhalten, so ein Abtsstab (Abb. 2), von
dem die lokale Überlieferung sagt: "gestohlen im 19. Jahrhundert von einem Engländer".
Die Krümme wurde dann vom Victoria and Albert Museum erworben. Der zugehörige
Stab ist noch auf der Reichenau vorhanden.
Die Statuette des hl. Sebastian (Abb. 3) gelangte erst kürzlich ins Victoria and Albert
Museum, jedoch hat sie bereits während der Säkularisation die Abtei Kaisheim in Schwa-
ben verlassen und fand Aufnahme in einer englischen Privatsammlung.
Ein fast romanhaftes Schicksal haben zwei spätgotische Buchdeckel erlebt, die für dem
Gottesdienst des Münsters in Ulm geschaffen worden waren (Abb. 4). Dort blieben sie
trotz der Reformation erhalten, obwohl sie doch "Adiaphora", Nebensächlichkeiten sind,
wie Luther auf griechisch sagt. Erst 1785 wurden sie versteigert und vom Abt eines nahen
Klosters erworben. Dieser ließ dann daraus wieder das Evangelium singen. Aber dann
ereilte die Säkularisation auch dieses Kloster. Auf der Rückseite eines Deckels ist einge-
ritzt, daß die beiden Stücke in Bamberg "an Juden verkauft" wurden. Schließlich gelang-
ten sie in die Sammlung des Barons Rothschild in Frankfurt. Heute befinden sie sich im
Britischen Museum.
 
Annotationen