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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

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Heft 1/2
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Vereinschronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.6902#0012

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4-

wurde erst mit der Erfindung der „Streichmaschine" (\8^<S), bei
welcher der Farbenauftrag und die Farbenverreibung von der Ma-
schine besorgt wird, zu einem continuirlichen, auf endlose Rollen
übertragbaren Prozeß. Die Glätte erhält das Papier durch Malzen,
welche aus Hartguß und eng zusammengepreßtem und darauf sauber
abgedrehtem Papier von großer Härte bestehen, während der Glanz
meist nur durch Reibung hergestellt wird. Zum gemusterten Papier,
wozu auch die Tapeten gehören, bediente man sich von jeher als
Druckformen hölzerner Platten oder Walzen. Anders verhält es sich
mit dem sog. „Marmorpapier", dem „gesprengten" oder „gezogenen"
Papier u. s w., deren confuses Farbenbild auch im Großbetrieb nur
durch Landarbeit hergestellt werden kann, daher die große Mannich-
faltigkeit bei aller Aehnlichkeit in der Farbenstimmung. Das Oer-
fahren ist folgendes: An Stelle der Druckplatte tritt eine gewisse
schleimige Flüssigkeit, aus welche die verschiedenen Farben, deren Zu-


Aus dem literar. Institut von Dr. Max Huttler (München).

(Erläuterung siehe Leite (0.)

sammensetzung mit Gchsengalle ein vermischen ausschließt, gespritzt
und dann je nach Bedürfniß in der mannichfaltigsten Weise durch-
einandergezogen werden, z. B. durch kammartige Instrumente, daher
„Kamm-Muster". — In kurzen Worten gedachte Redner ferner der
Herstellung der Gausfrir- (gepreßten) Papiere, der Goldpapiere (ins-
besondere der bedeutenden Fabrik von Haenle, München), sowie der
Tapeten und ging dann zur Betrachtung des Papierstuckes über,
der im wesentlichen durch Einxressen der Papiermasse in Schwesel-
formen hergestellt wird. Von besonderem Interesse ist die erst in
neuester Zeit durch Adler (Leipzig) ermöglichte Herstellung von
Unterschneidungen bei «Ornamenten rc. — Den Schluß des äußerst
interessanten Vortrags bildete die Vorführung einiger Gegenstände
aus sogenannter Delpappe, d. h. mit Leinöl getränkter, bei \2o Grad
getrockneter Papiermasse, die selbst starken Säuren u. s. w. widersteht
und mit einem besonderen Lack versehen, sowie mit Metall, Perl-
mutter rc. eingelegt, zu vielfachen Arbeiten Verwendung findet. Mit
diesen Vorzügen verbinden diese von Adt in Forbach (Lothringen)
in erstaunlicher Reichhaltigkeit hergestellten Gegenstände noch die,
daß sie relativ leicht und unzerbrechlich sind.

An diesem Abend fand auch eine Ausstellung der vom Verein
zur Berliner Iubelausstellung gesandten Kunstwerke statt, die wenige
Tage zuvor heimgekehrt waren und nun wieder an ihre Besitzer
zurückgehen, welchen vom Vereinsvorstand ausdrücklich für die freund-
liche Ueberlafiung derselben gedankt wurde. Betheiligt waren dabei:
Fritz v. Miller, Prof. Ad. Halbreiter, Tonservator £). Lossow,
Ferd. Harrach & Sohn, Carl Winterhalter, B. Gröser,
Btto Hupp, B. Wollenweber, A. Dießl, Karl Haymann,

I. Elchinger, I. Iagemann, F. X. Stäble, R. Kirsch, I.
Lichtinger, p. Attenkofer, I. Rösl, H. Seitz, Rud. v.
Seidlitz, fämmtlich in München. Prof. Rud. Seitz, Prof. Fr.
Thiersch, Prof. A. Seder, Fr. Brochier waren theils mit Ent-
würfen vertreten, theils an der Entstehung einzelner Arbeiten der
genannten Meister mitbetheiligt, in gleicher Weise, wie die Bildhauer
I. v. Lramer, Aug. Vogel, L. Weißenfels, F. widnmann,
L. Gedon st, Jak. Eckert st zu manchen Arbeiten die Modelle ge-
fertigt haben. —

Wochenversammlung vom 23. November. Vortrag des Herrn
Kommerzienrath Hänle über „Mittel und Wege zur Hebung
der heimischen Industrie und des Kunstg ewerb es"-
Ausgehend von den gewaltigen Anstrengungen, die allerwärts,
namentlich in Preußen, Sachsen und Gesterreich-Ungarn zur Hebung
des Kunstgewerbes gemacht werden, und mit Rücksicht auf die großen
Erfolge, welche England, Frankreich, Besterreich indirekt ihren Aus-
stellungen verdanken, sprach Redner sein Befremden darüber aus,
daß die sonst allen Bestrebungen von Handel, Industrie und Gewerbe
eifrig geneigte Reichsregierung hier in dieser Hinsicht eine bemerkens-
werth kühle Zurückhaltung zeige, wie aus dem Scheitern der für
Berlin geplanten deutschen Ausstellung geschloffen werden muß. Er
befürwortete die Beschickung der Weltausstellungen zu Adelaide und
Paris, allerdings unter der Voraussetzung, daß die Reichsregierung
durch einen angemessenen Zuschuß eine würdige Vorführung der
vaterländischen Erzeugnisse ermöglichte, da nur unter dieser Bedingung
das Ansehen der deutschen Industrie moralisch und materiell gehoben
werden könne. — was speziell die Pariser Weltausstellung betrifft,
so hielt Redner eine Betheiligung der deutschen Indu st rie
angesichts der feindseligen Stellung der französischen Geschäftswelt
für weniger rathsam, wogegen er für die Vertretung des deutschen
Kunstgewerbes — unter obigen Voraussetzungen —■ ernstlich ein-
trat. Da aber zur Zeit keine Aussichten dafür vorliegen, so müsse
man mit aller Kraft danach streben, dem Kunstgewerbe auf einer
nationalen Ausstellung Gelegenheit zu geben, von seinen Leistungen
und den Fortschritten seit der Münchener Ausstellung von j(876
Zeugniß abzulegen, und sich bei seiner kräftigen Entwicklung neue
Absatzquellen zu erschließen; dieß könne geschehen durch Abhaltung
einer entsprechenden Ausstellung in München, gleichzeitig mit der für
das Jahr J888 geplanten internationalen Kunstausstellung. — Ueber-
gehend auf die Münchener Industrie, die viel bedeutender sei, als
gemeinhin angenommen werde, glaubte Redner im Hinblick auf die
schwache Betheiligung derselben in Nürnberg (l882) und auf die
gelegentlich der Schwäbischen Kreisausstellung zu Augsburg hervor-
getretene Bedeutung der dortigen Industrie auch für eine Aus-
stellung, welche speziell Industrie und Gewerbe Gberbayerns umfassen
solle, eintreten zu müssen. Da aber mit den vorübergehenden Aus-
stellungen nachhaltige Wirkungen nur selten zu erzielen find, so solle
man auch sein Augenmerk auf die Errichtung eines bayerischen
Kunstgewerbemuseums richten, ein Gedanke, welchem der Bericht-
erstatter dieses bereits in einem Artikel „Eine kunstgewerbliche Le-
bensfrage" („Neueste Nachrichten" Nr. 354 vom 20. Dezember ;885)
das Wort geredet. An Beispielen für den Nutzen eines solchen Mu-
seums ist kein Mangel; man braucht nur an das „South-Kensington-
Museum" in London und an das „Gesterreichische Museum für Kunst
und Industrie" in Wien zu erinnern, von zahlreicheren jüngeren
Schöpfungen ganz abgesehen. Namentlich für den Kleingewerb-
treibenden, dessen Erzeugnisse keine kostspieligen Reisen oder theuere
Vorbilder vertragen können, sind solche Museen von außerordentlichem
Werth, insbesondere dann, wenn sie, wie das z. B. bei dem ge-
nannten Londoner Museum der Fall ist, mehrmals in der Woche bis
Nachts ;o Uhr geöffnet find. Das elektrische Licht, welches eine
Feuersgefahr fast völlig ausschließt, kommt einem solchen Verlangen
fördernd entgegen. Vielleicht ließe sich diese Frage mit einer andern,
der Vergrößerung des National-Museums, lösen; die Mittel hiefür

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