Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

DOI Heft:
Heft 3/4
DOI Artikel:
Sepp, J.: Der Hermes von Olympia und dessen gewagte Restauration, [2]: Vortrag, gehalten im Bayer. Kunstgewerbeverein zu München von Prof. Dr. J. Sepp
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6902#0024

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Koyl op.na^ stimmt zu dem noch heute giltigen brahmanischen
Segenswort am Schluffe der Versammlungen: Canscha Om
Pacsha. Der Iacchussestzug machte die Wonne der Geweihten
aus; am siebenten Tage erfolgte die fröhliche peimkehr.
Der Oktavtag diente für die Verspäteten, wie perakles sich
versäumte, der bildlich wie Thristophorus das Rind Bacchus
aus den Wellen hob. Der neunte Tag brachte die Stärkung
nach langem Fasten mit sich, und bildete gleichsam die Pochzeit
der Mysterienjünger.

Also spielt bei den großen Lleusinien, dem eigentlichen
Feste der Weinlese, Hermes als pierokeryx mit dem
jungen Dionysos Iacchos die Hauptrolle. Er ist
der Gätterherold, welcher der verzagten Menschheit den
kommenden Heiland weist, der wegebereiter des perrn.
Der Diener Mosis konnte nicht mit größerer Sehnsucht aus
den Messias warten, als der pellene auf den ihm in Aus-
sicht gestellten ll-ed; ciorfjp, Gott den Erlöser. Die Jugend
kann keine größere Freude haben in Voraussicht des Thrist-
kindes, als die alte Menschheit bei der Sehnsucht und
gläubigen Gewißheit der baldigen Ankunft des allen Nationen
verheißenen Weltheilands, wer dieses nicht glaubt, lese
die vierte Ekloge des Virgil aus dem Jahre der Stadt
7j4, oder ein Menschenalter, genau 33 Jahre vor der
christlichen Zeitrechnung, die ab incarnatione ja um sieben
Jahre zu kurz ist

höheres laßt mich nun singen, o ihr Sikelischen Musen.

Naht doch das letzte weltalter des Lieds der Sibylle von Lumä.
Alsbald kehret die Jungfrau zurück und das Reich des Saturnus,
Und ein neues Geschlecht entstammt dem erhabenen bsimmel.

Sei dem kommenden Anaben, mit dem das eiserne Alter
Schließt, und die goldene Zeit ringsum erblühet im Weltall,

Sei o keusche Lucina ihm hold, schon herrscht dein Apollo.

Dann, dann werden getilgt die Spuren unsrer Verschuldung,

Und die Lrde erlöst von immerwährenden Schrecken. U. s. w.

Es ist ein pymnus im Geiste des göttlicheit Sängers Ifaias,
eines der größten Dichter der Menschheit, mit dessen An-
rufung der älteste Evangelist, Markus, die Heilsbotschaft
eröffnet, wie wäre ohne solche Vorbereitung die
Einführung des Thristenthunis menschenmöglich
gewesen! permes hält dem Täuflinge der peidenzeit den
Gottessohn vor, und das Attribut in der Rechten des voll-
endeten Standbildes von Praxiteles kann, wenn dieser
Götterbote die höchste Idee uns vergegenwärtigt, offenbar
nur der Mysterienbecher sein, welcher als der heilige
Graal betrachtet, nach merkwürdiger Irrfahrt in der Dichtung
und Geschichte als sagenhafte Abcndmahlsschüssel Thristi
wieder auftaucht.

Der geistreiche Maler Ra HI läßt im Tarton zum
Fries für die Universität Athen das althellenische Geistes-
leben im Zeitkreis zwifchenprometheusundpaulus
sich entwickeln. Dies ist tiefsinnig gedacht: hat doch der
Menschenschöpfer, der durch den Neid der Götter, weil er
seinen Geschöpfen das Licht der Vernunft vom Pimmel
gebracht und ihnen eine unsterbliche Seele eingehaucht, an:
Aaukasusfelsen gekreuzigt war, den Sturz des Olympischen
Zeus prophezeit, aber zugleich auf den unbekannten Gott
hingewiesen, der in der Fülle der Zeit zur Welt kommen
sollte. Die Wanne oder wiege des Iacchus kam nach
der Passionsvorstellung zu Eleusis in Vorschein, und
Praxiteles versetzt den jungen neben den alten Gott nach
(Olympia. Paulus aber, der Apostel von Tarsus, der,

dem Geiste Apstlg. XVI, 9 gehorchend, mit dem neuen Samen-
korne nach Griechenland kam, stieß bei der Landung im
Pafen Phaleron auf die s. g. Altäre der unbekannten
Götter und peroen. pausanius I. q.. VII, ffl gibt des
weiteren Aufschluß: „Zu Aroa (paträ) empfing Artemis
Triklaria jährlich das Opfer des schönsten Anaben und
Mädchens, bis nach der Weissagung ein fremder Aönig
mit einer fremden Gottheit in's Land kam, Eurypylos,
der das Bild des Dionysos in einer Lade trug!")
Auf Epimenides Ausspruch beruft sich Paulus Apstlg. XVII,
28 im Areopag: „In Gott leben, weben und sind wir,
wir sind ja seines Geschlechtes." Seinem Rathe folgten
nach Diogenes von Laerte die Athener, und die Seuche
hörte auf, nachdem sie der unbekannten Gottheit ge-
opfert und an der Opferstätte namenlose Altäre errichtet
hatten — mithin dem ■9-eös äy'juazoc, Deus absconditus,
Deus Israel salvator Is. ^3, s5. In Aegypten war der
große Ungenannte und Unaussprechliche Osiris — eins
mit Dionysos! perodot 2, ^7 bewahrte das Geheimniß.
wenn Odins Herrschaft vergangen ist, spricht die Edda,
dann kommt ein Anderer, Mächtigerer. Ihn zu
nennen, wag ich noch nicht, heißt es im pindluliod.
Mit vollem Rechte erklärt der edle Lafaulx, fürwahr ein
tüchtiger Aenner des griechischen Geisteslebens, in seinem
Sokrates S. \20, „daß unzweifelhaft das Beste der
christlichen Lebenslehre dem Pellenismus ungleich
näher steht, als dem Judaismus."

wie im Anschluß an die eleufinische Sym-
bolik spricht sich der Weltapostel I Aorinth. XV, 36f.
aus: „was du säest, wird nicht lebendig, es sterbe denn
zuvor. Es gibt irdische und himmlische Aörper. Ver-
wesliches wird ausgesäet, doch Unverwesliches gelangt zur
Auferstehung; pinfälliges kömmt zur Aussaat, doch perr-
liches, Araftvolles, ein geistiger Leib statt des sinnlichen
wird aufersteheu. Fleisch und Blut können das Reich Gottes
nicht einthun: das Sterbliche muß die Unsterblichkeit anziehen,
damit der Tod im Siege verschlungen wird." Der Glaube
an das Fortleben des geistigen Menschen in: bessern Jenseits
nach dem Absterben des Leibes bildete eben die zuversichtige
Offenbarung in den Eleusinifchen Geheimnissen. „O drei-
mal selig jene Sterblichen, welche diese weihen geschaut,"
singt Sophokles (Plut. Fragm. 7ffl), „wenn sie zum pades
hinabsteigen. Für sie ist allein ein Leben in der Unterwelt,
für die andern eitel Drangsal und Noch." Isokrates
(Panegyr. I, 132) schreibt den eleusinifchen Mysten fröhlichere
poffnungen für das Lebensende und für alle Ewigkeit zu.
Selbst Aristo pH an es der Lustspieldichter führt (ßdipocXoi)
durch den Thor der Initiirten eine ernste Sprache: „Uns
allein scheint die Sonne gütig, die wir eingeweiht sind und
gegen Einheimische und Fremde jede Art Gerechtigkeit üben."
Der große römische Redner Ticero äußert ausdrücklich
leg. II, „In den Eleusinien lernt man nicht bloß

glücklich und selig leben, sondern auch in der frohesten
poffnuug sterben." plutarch endlich, dieser letzte pellene
im alten Sinne, tröstet seine Gattin über den frühzeitigen
Tod einer Tochter mit dem pinweis auf die Dionysischen
Geheimnisse, daß die Seele des Menschen nicht mit dem
Aörper untergehe,. (Consolatio ad uxorem.)

Im Mittelpunkte dieses Gottesdienstes steht die Theo-
phanie oder der Pimmelsbote permes mit dem Anaben
 
Annotationen