Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

DOI Heft:
Heft 5/6
DOI Artikel:
Vereins-Chronik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6902#0042

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
/

4- 36

Funde trugen wesentlich zum Verständniß bei; auf Anfrage des fjerrtt
Dir. Lange erbot sich perr Naue, im Laufe des Sommers bei einem
Besuche des von ihm gegründeten prähistorischen Museums den Zu-
hörern als Führer, was aufs Dankbarste begrüßt wurde.

Am 8. Februar folgte der zweite Gildefachabend, für welchen,
da derselbe den Goldschmieden gewidmet war, perr Prof. Or. Karl
paushoser, als Thema des Vortrags den „Diamant" gewählt
hatte, — ein Thema, das durch die hohe Sachkenntniß und die geist-
reiche Behandlung des Vortragenden sehr reizvoll gestaltet wurde. Die
übliche Ableitung des Namens aus aäsmas (das Unbezwingliche) be-
zeichnete der Redner als inkorrekt, indem er, andern aus dem Grient
stammenden Edelsteinnamen entsprechend, das arabische oder persische
Wort almas als die Urform bezeichnete; mit dem Nimbus der Un-
bezwinglichkeit war dieser Stein schon von Altersher, namentlich seit
Plinius, umgeben. Erst überzeugte man sich von der Brenn-
barkeit des Diamanten, während andere Auflösuugsmittel erst in neuester
Zeit entdeckt wurden. Die Spaltbarkeit nach den Vktaederstächen ist die
Grundlage für den Diamantschliff; letzterer gehört zu denjenigen Kunst-
gewerbszweigen, die nie so herrlich geblüht haben als heutzutage. Denn
während man früher bei größerem Verluste eine geringere Wirkung
erzielte, ist dieses verhältniß jetzt umgekehrt, wenn auch in der Regel
noch wenigstens ein Drittel des Gewichts verloren geht; außerdem
verbürgen die modernen mechanischen Vorrichtungen mathematische
Genauigkeit auch der kleinsten Schliffe. Die Fundgebiete des Diamanten
sind meist Schuttablagerungen und wo er eingewachsen erscheint (Brasilien
und Kaxland), da ist er's nur in Gesteinen, die selbst das Produkt von
Ablagerungen sind. Ueber seine Entstehung sind vielerlei Hypothesen
aufgestellt worden; die größte Wahrscheinlichkeit hat immer noch die-
jenige Liebig's, welcher den Diamanten als das Produkt einer sehr
langsamen Zersetzung bezeichnete — das edelste, strahlendste Mineral
ein Produkt der Verwesung! Hiedurch ist die Thatsache hinreichend
begründet, daß trotz aller Versuche bis jetzt eine künstliche Erzeugung
dieses krystallisirten Kohlenstoffs nicht geglückt ist. Zahlreiche natür-
liche Diamanten, ausgestellt von Juwelier Rottmanner, führten das
kostbare Mineral in seinem Naturzustände vor, während mehrere
Glasstücke die herorragendsten Schleifformen zeigten. Außer durch eine
ziemlich gut beschickte fachliche Abendausstellung wurden die Gildc-
mitglieder noch ganz besonders durch ein von Prof. Fritz v. Miller
gewidmetes Buch erfreut, welches eine „Ehronik der Goldschmied-Gilde"
werden soll, von der bereits die ersten Blätter in reizvollster Weise
beschrieben sind, während ein solider Einband dem Ganzen auch eine
gewisse äußere Würde verleiht.

Nach längerer, durch die Trauer um den am Februar d. I.
verschiedenen Ehrenpräsidenten herbeigeführten Unterbrechung und nach
der ordentlichen Generalversammlung vom März, über welche wir
an anderer Stelle berichten, wurden die Wochenabende am 8. März mit
dem Fachabend der Schreinergilde wieder eröffnet, deren Mitglieder
eine ebenso stark wie gut beschickte Abendausstellung aus neuen und
alten Arbeiten zusammengebracht hatten. Durch die unliebsame Unter-
brechung der regelmäßigen Wochenversammlungen war es leider nicht
möglich, einen speziell für die Schreinergilde passenden Vortrag zu ver-
anlassen und so sprach Prof. Or. Adalbert Sv ob oda über ein Thema,
das mehr von allgemeinem Interesse war: Ueber antike Kunst
und modernes Kunstgewerbe. Unter ausführlicher Aufzählung
und Beschreibung zahlreicher antiker Darstellungen von Venus, Bacchus,
Eros u. s. w., wie sie sich namentlich als mythologische Genre-Scenen
an Grabstelen, Geräthen und Aehnlichem finden — suchte Redner die
Frage, „wie kann das heutige Kunsthandwerk aus dem antiken Kunst-
gewerbe Nutzen ziehen?" dahin zu beantworten, daß sich das deutsche
Kunsthandwerk an der Hand der Alterthumswissenschaft einer Er-
neuerung der alten griechischen Kunst entgegenführen lassen müsse —
eine These, welche, insoferne sie sich überwiegend auf die Nachahmung
der genrehaften figürlichen Bildungen bezog, nicht leicht viel Gläubige
finden dürfte. Wenn der Vorsitzende £jr. Dir. Lange nach den, den
Vortrag nach seiner archäologischen Seite voll anerkennenden Dankes-
worten sich in diesem Sinne äußerte, so gab er nur der allgemeinen
Empfindung Ausdruck. Denn nicht die bildnerische Ausschmückung
durch figürliche Darstellungen macht uns das antike Kunstgewerbe so
lehrreich, sondern die aus Zweck und Material geborenen und in schöne
Formen gekleideten struktiven Gedanken, die das gesammte an-
tike Kunstgewerbe beherrschen.

Auch die folgende Wochenversammlung am \5. März erfreute

\_

sich als Fachabend der Malergilde einer besonders reichhaltigen
Ausstellung, von in verschiedenen Techniken und Stilen gefertigten
Malereien und Entwürfen; ein treffiicher Vortrag des Chemikers
A. Keim, dessen Thema „die verschiedenen Maltechniken für
Kunst und Gewerbe" nicht leicht glücklicher gewählt werden konnte,
fesselte die Zuhörerschaft schon durch die Ueberzeugungsfestigkeit, mit
welcher der Redner die Schäden der heutigen Maltechniken bloslegte
und die Mittel zu deren Beseitigung kennzeichnete. Wenn man weiß,
wie die alten Meister selbst sich die Farben gerieben und zubereitet
haben, so darf man sich über die Mangelhaftigkeit der heutigen Mal-
mittel nicht mehr wundern; der Farbenfabrikant macht, was er will,
und der Maler weiß nicht, was er jenem abkaust. Durch Erfindung
neuer Namen, durch schönende Beimengungen von Anilinfarben ist
die größte Verwirrung eingerissen. Lin wirklicher Retter in der Noth
wurde deshalb die Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malver-
sahren, welche sich u. A. die Aufgabe gestellt hat, Grdnung in die
Farbenfabrikation zu bringen, indem sie für eine völlig ausreichende
Reihe von Farben eine bestimmte chemische Zusammensetzung festsetzte,
und somit die Fabrikanten zwang, sich dieser Norm zu fügen. Redner,
welcher eigentlich als Gründer dieser Gesellschaft anzusehen ist, besprach
weiters die verschiedenen Malarien, die sich bekanntlich im Wesentlichen
durch das Bindemittel unterscheiden, welches den Farbstoffen beige-
mischt wird und welches dieselben auf der Bildstäche befestigt. Als
solche Bindemittel werden gebraucht Leim (Leimfarben, Aquarell,
Gouache), seltener eingekochtes Bier und Blut; der weiße Dopfen-
Käse, der, mit Borax oder Kalk gemischt, sehr hart wird, liegt der
Laseinmalerei zu Grunde, welche wohl noch eine Zukunft haben dürfte.
Sehr verschieden sind die bei Tempera verwendeten Bindemittel, deren
Hauxtbestandtheil Eigelb oder Eiweiß ist; auf wachs, in ätherischen
Gelen aufgelöst, gründet sich die Wachsmalerei. Bei der Gel-, der
Gelharz- und der außer Gebrauch gesetzten Kautschuk-Malerei sind die
Bindemittel aus den Namen zu ersehen, während beim Fresko das
aus der Wand herausquellende und an der Luft zu kohlensaurem
Kalk erhärtende Kalkhydrat, bei der Stereochromie und Mineralmalerei
das Wasserglas das Bindemittel ist. — Wir machen an dieser Stelle
noch besonders auf die, diesem Hefte beiliegende Probenummer der
von A. Keim redigirten „Technischen Mittheilungen" aufmerksam, aus
welcher dis Bestrebungen der „Gesellschaft zur Beförderung rationeller
Malverfahren" noch deutlicher zu ersehen sind.

Die Schlußseier der Vereinsgilden, bei welcher die
Preisvertheilung an Lehrlinge stattzusinden xstegt, wurde Heuer mit
Rücksicht auf die Vereinstrauer nicht wie gewöhnlich.zu einer heitern
Abendunterhaltung gestempelt, sondern als ernste Feier Sonntag den
27. Morgens m Uhr abgehalten, wozu sich zahlreiche Angehörige der
zu xrämiirenden Lehrlinge eingefunden hatten. Der Vorsitzende, Herr
Direktor Lange, erläuterte zunächst den Zweck der Gilden und die
Bedeutung der Prämiirung und schloß daran einen Ueberblick über die
Entwicklung der Gilden, deren Anfänge auf die Ausstellung von ;876
zurückgehen, während ;880 die erste derselben — die Schlossergilde — an's
Licht trat. Ueber die Stiftungen zum Zwecke der preisvertheilung be-
richtete G. Rad spiel er; der mit einer Summe von \ooo Gulden
durch f Maler Habenschaden gegründete Fond beläuft sich darnach zur
Zeit auf nahezu 6000 Mark und gelangten daraus unter Zuschuß von
Vereinsmitteln an J9 Lehrlinge Preise zwischen ;o und 30 Mark, in
der Gesammthöhe von 470 Mark zur vertheilung. Die Namen der
xrämiirten Lehrlinge sind: Schlossergilde: Jos. Daller, Joh.

Groß, Ldmund Hopfner, Andr. Macring; — 2. Goldschmiedgilde:
Franz Auracher, Theod. Falk, Joh. Klarmann, Gtto Kronenbitter,
Gg. Rein, Gr. Singer; — 3. Schreinergilde: Bernh. Fischer,
Ferd. Herz, Jos. Hupfauer, Rud. Kaupp, Andr. Neumann, Ld. Prei-
singer, Ludw. Siegner, Gg. Neu; — q. Malergilde: Hugo Brandt.
Unter den ausgestellten Arbeiten befanden sich vorzügliche Leistungen,
so daß einzelne derselben ausdrücklich als Meisterarbeiten bezeichnet
werden konnten. Nach der Prämiirung richtete der Vorsitzende mahnende
Worte an die Lehrlinge und forderte sie zu einem Hoch auf ihre Meister
auf. — Die Wahlresultate der Gildeobmänner ergaben: Schlossergilde:
Max Müller, — Goldschmiedgilde: Th. Heiden, —Schreinergilde:
Fr. Nachtmann, — Malergilde: Glasmaler Ludw. Kirchmayr. —
Zum Schluß sprach der Vorsitzende den das Gildewesen, wie den Verein
überhaupt unterstützenden Behörden seinen Dank aus, welcher in einem
dreifachen poch auf den hohen Protektor des Vereins, den Prinz-
Regenten, gipfelte.
 
Annotationen