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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1887

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Heft 5/6
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Bücherschau
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Georg H irth, Ideen über Zeichenunterricht. Verlag von
G. Hirth, München & Leipzig.

Wenn eine Schrift in drei Monaten drei Auslagen erlebt, wie
die vorliegende, so muß sie zum mindesten einem bestehenden Bedürfniß
entgegengekommen sein. Der glühende Eifer, mit welchem der ver-
diente Verfasser seine Ideen verficht, läßt erkennen, daß es ihm um
die thatsächliche Anerkennung derselben seitens derer, die mit Zeichen-
unterricht zu thun haben, heiliger Ernst ist. Zweifellos enthalten diese
Mahnungen sehr viel Gutes; aber die Durchführung vieler Vorschläge
müßte in der Praxis scheitern und zwar an Mangel an geeigneten
Lehrern und Lehrmitteln und an der knappen Zahl der auf den
Zeichenunterricht zu verwendenden wochenstunden. Könnte die Schrift
in letzterer Hinsicht einen Wandel herbeiführen, so wäre schon viel
erreicht; überhaupt aber scheint uns ihr Werth viel weniger in ihren
praktischen Vorschlägen als vielmehr in ihrer Tendenz zu ruhen. Wir
möchten darum wünschen, daß jeder Zeichenlehrer sie zur Hand nehme,
und wenn er auch nur zum Nachdenken über die Ziele des Zeichen-
unterrichts und über die dahin führenden Wege angeregt wird, so hat
dieses mit wirklicher Herzenswärme geschriebene Büchlein gewiß seinen
Zweck erreicht. 6.

Besteck-Sammlung, Speise-, Tisch-, Gärtner-Geräthe und Werk-
zeuge aus der Sammlung des Herrn R. Zschi lle, herausgegcben
von Arthur Pabst. so Foliotafeln in Lichtdruck von Albert
Frisch und 8 Bogen Text. Preis in Earton-Maxpe so Mark.
Berlin, Paul Bette.

Mehrere hundert Stücke der genannten Geräthe und Werkzeuge
füllen diese Blätter, welche damit in eine längst schmerzlich empfundene
Lücke treten; Metallgefäße sind bereits zu vielen Tausenden veröffent-
licht, aber eine Sammlung, welche das kleine Handgeräthe vorführt,
hat bisher völlig gefehlt. Ist in der vorliegenden auch Alterthum
und Mittelalter bis zum \5. Jahrhundert unberücksichtigt geblieben,
so entschädigt uns dafür die außerordentliche Vielseitigkeit, in welcher
die späteren Jahrhunderte dargestellt werden, vier finden wir Bestecke,
deren Hefte aus X70I3, Kristall, Glas, Korallen, Bernstein, Perlmutter,
Elfenbein u. s. w. bestehen, dort begegnen wir geätzten, eingelegten,
in Stahl geschnittenen, emaillirten u. a. Griffen. Auch die bekannten
Heftformen von Th. de Bry sind vertreten, ferner waidblätter, Zer-
wirkmesser u. a. Iagdgeräthe. — Der einleitende Text konnte mangels
der nöthigen Vorarbeiten nur knapp gehalten sein; um so sorgfältiger
ist die Beschreibung der einzelnen Stücke, denen sogar genaue Abdrücke
öer Marken beigegeben sind. — Durch das Entgegenkommen des Ver-
legers ist es uns möglich, das Mittelstück eines dieser Blätter auf
Tafel vorzuführen. G.

B r. Bücher, Geschichte der technischen Künste. Stuttgart,
w. Sxemann.

Nachdem über zehn Jahre seit dem Erscheinen der ersten Lieferung
dieses sehnsüchtig erwarteten Geschichtswerkes verstoffen sind, stehen
wir nach dem Abschluß des zweiten Bandes jetzt mitten in dem dritten.
Ueber das langsame Erscheinen darf man sich billigerweise nicht wundern;
denn es ist nicht allzulange her, seit Detailforschungen auf dem viel-
seitigen Gebiete des Kunstgewerbes in umfassender Weise vorgenommen
wurden und noch gibt es so zahlreiche noch nicht völlig aufgeschloffene
Gebiete, daß man den Muth und die Sicherheit anerkennen muß, mit
welchen der Herausgeber unter Beihülse tüchtiger Mitarbeiter diese ge-
waltige Arbeit unternommen. Der nunmehr im Erscheinen begriffene
dritte Band wird eröffnet durch einen Abschnitt über kunstgewerbliche
Schmiedearbeiten — von Georg Stockbaucr —, wobei wir u. A. auch
mit einer geschmiedeten Kassette aus Pompeji bekannt gemacht werden.
Ihm läßt nun Br. Bücher einen längeren Abschnitt über Arbeiten
aus Bronze, Kupfer und Zinn folgen; wenn uns hierbei etwas zu
wünschen übrig bliebe, so wäre es eine etwas ausführlichere Behand-
lung der bekannten Zinngießer Briot und Enderlein, von welchen
Beiden bekanntlich Zinnschüffeln herrühren, die nach demselben Modell
gegossen sind. Ls wäre gewiß interessant zu erfahren, welcher von
Beiden der eigentliche Autor solcher Arbeiten ist, aber vermuthlich
fehlt es hier an geeigneten Vorarbeiten; bei dieser wie bei mancher
anderen Stelle macht sich ein Mangel an Zitaten der einschlägigen
Literatur fühlbar, was die Illustrationen betrifft, so gehört es zu
den Vorzügen des Werkes, daß es sich durchaus alle längst bekannten
LlichL's vom Leibe hält und lieber weniges aber Auserlesenes bietet.

X

Man begegnet kaum Illustrationen, die man als Gemeinplätze betrachten
kann und nur da, wo Handzeichnungen oder Stiche alter Meister zur
Eharakteristik der Stilperiode beitragen konnte, sind bekannte Abbild-
ungen beigezogen. G.

Luno-Schäfer. Holzarchitektur vom ;8. Jahrhundert,
herausgegeben vom verbände deutscher Architekten- und
Ingenieur-Vereine und dem Gesammtvereine der deutschen
Geschichts- und Alter t hums-v ereine unter Leitung von
Luno, kgl. Bau- und Regierungsrath, und <£. Schäfer, Dozent
an der kgl. techn. Hochschule zu Berlin, — Berlin, Wasmuth.
ö Lief, von je ;o Tafeln; Preis einer Lief. {2 Mk.

Die deutsche Holzarchitektur des Mittelalters und der Renaiffance,
in welcher der Volksgeist im Gegensatz zu dem vom Süden einge-
sührten Steinbau seinen reinsten und charaktervollsten Ausdruck ge-
funden hat, war bisher in der Fachliteratur nur wenig berücksichtigt
worden. Außer den werken von E. L. Bötticher und E. Gladbach, die
ihrerseits auch nur begrenzte Gebiete behandelten, lag bis jetzt kein
umfassendes werk vor, welches den Fachgenoffen eine Uebersicht über
das gesammte vorhandene Material an Denkmälern gestattete.

Um so dankenswerther war das Vorgehen der deutschen Ge-
schichts- und Alterthums-vereine, welche in ihrer Generalversammlung
v. I. J878 in Marburg durch Annahme einer Resolution den ersten
Schritt dazu that, die durch das vergängliche Baumaterial dem Unter-
gänge rascher entgegengehenden Holzbauten wenigstens in guten Ab-
bildungen festzuhalten; nachdem sich auch die deutschen Architekten-
und Ingenieur-Vereine diesen Bestrebungen angeschlossen haben, ent-
stand obiges Werk, „welches sich die Aufgabe gestellt hat, die inter-
essantesten und am meisten charakteristischen Holz- und Fachwerks-
bauten des ;8. Jahrhunderts aus allen Theilen Deutschlands im

Bilde darzustellen."

Und wahrlich, es lohnte sich der Mühe, einmal Umschau zu
halten über unser heimisches Inventar! Selbst der Fachmann muß
staunen über diese Fülle von Schätzen, wie sie Städte wie Ulm,
Rothenburg a. d. T., Goslar, Nürnberg, Mainz, Marburg, Hildes-
heim u. a. bieten. Hier finden wir die Innenansicht eines der neuer-
dings unvermeidlich gewordenen Erkerzimmer aus Halle, dort male-
rische Treppen- und Erker-Vorbauten aus Lrainfeld; überaus reizend
in der malerischen Gesammtwirkung ist auch das Rathhaus in
Dnderstadt (v. I. ;528) mit drei Spitzthürmen, Freitreppe, Bogenhalle,
Giebel rc. wie wichtig und unaufschiebbar eine derartige Sammlung
ist, dafür zwei Beispiele, welche dem Referenten vom Augenschein
bekannt sind: das reizende Lrkerhaus in Bacharach (v. I. ;ss8) und
das Kammerzel'sche Haus in Straßburg; das erstere wurde von dem
Brande d. I. ;8?2 verschont, während die drei dicht gegenüber-
liegenden Eckhäuser in Asche gelegt wurden; — das letztere, am
Münsterxlatz gelegen, ist wie durch ein Wunder aus der Belagerung
unversehrt hervorgegangen, obgleich das unmittelbar angebaute
steinerne Wohnhaus total ausbrannte und das benachbarte Münster-
dach selbst in Asche gelegt wurde. — Beide Häuser haben in dem
Werke Platz gesunden.

Die Darstellungen selbst machen den Eindruck großer Gewissen-
haftigkeit; es sind meist Lichtdrucke nach korrekten Zeichnungen, doch
ohne gänzliche Vernachlässigung des Effektes. Einige Lithographien
kommen dem Verlangen nach Vorführung der farbigen Wirkung be-
malter Holztheile rc. entgegen; etwas freigebiger hätte man unseres
Erachtens dagegen mit den Lichtdrucken nach Naturaufnahmen sein
dürfen. Sehr dankbar darf es aber wieder anerkannt werden, daß
durch zahlreiche Detailzeichnungen nicht allein ein tieferes Studium
ermöglicht, sondern auch die praktische Verwendung gefördert wurde.
Eine Reihe sorgfältiger Detailzeichnungen lehrt, wie Balkenköpfe,
Lonsolen, Kragstücke, Stützen u. s. w. mit der Axt bearbeitet wurden.
Ebenso geben Grundrisse, Durchschnittsprofile, Darstellungen innerer
verbände und Dachstühle, sowie Innenansichten, polychrome Facaden
und zahlreiche Details den Architekten eine ausreichende und um-
fassende Möglichkeit, diese ebenso reizvollen wie originellen Motive der
alten Holzarchitektur dem modernen Wohnhaus- und villenbau auf
Grund des heimischen, echt nationalen Materials dienstbar zu machen.

Das Werk wird sich bei allen denen, welche für eine malerische
Behandlung der Architektur verständniß besitzen, viele Freunde er-
werben; Fachleuten aber wird es bald ein unentbehrlicher Rathgeber
in allen den Holzbaustyl betreffenden Fragen sein.

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