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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1895

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Heft 9
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Gmelin, L.: Ausstellungen des Jahres 1895
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https://doi.org/10.11588/diglit.6756#0082

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95. Wandbrunnenimjapan.BillardzimmervonF.Schleifer-Straßburg.

(Straßburger Ausstellung.)

und Prof. Gagel-Aarlsruhe einen eigenartigen Charakter
verliehen hat. Eine selbständige Stellung nimmt w. Eber-
bach-Etraßburg ein, der Verfertiger der von Seder ent-
worfenen Ehrenkette des Bürgermeisters von Straßburg und
zugleich Lifelirlehrer an der dortigen Runstgewerbeschule; es
ist darum begreiflich, daß hier — wie in allen Schmuckstücken
desselben Meisters — wieder völlig der Geist Seders waltet.

Die k i r ch l i ch e R u n st, welcher ein gesonderter Raum
zugewiesen ist, enthält zwar mancherlei, was nrit „Runst"
wenig Verwandtschaft hat; aber daneben auch manche tüchtige
Arbeit aus vielen Gebieten — vorab auf dem der Archi-
tektur; die Straßburger Dombauhütte selbst vertritt in
einer Reihe tüchtig gearbeiteter Ergänzungsstücke für das
Münster die mittelalterliche, Theophil Rlem-Tolmar mit
seiner prächtig aus altem Eichenholz geschnitzten und für die
Ludwigskirche in Straßburg bestimmten Ranzel die spätere
Zeit. (Abb. 97.) — An Altargeräthen haben nur Eugen
Braun Lc Sohn -Straßburg Beachtenswerthes zur Schau ge-
bracht, und auch die Glasmalerei ist mehr nach Zahl als nach
Aunstwerth gut vertreten; einer der Glasmaler — E. Geck-
Mffenburg hat auch einen ganz interessanten Versuch gemacht,
ein Glasbild ganz ohne Malerei aus amerikanischen Opal
glas zusammenzustellen — allerdings nicht auf dem Ge-
biet der kirchlichen Runst, wie überhaupt die profane Glas-
malerei einen erfreulicheren Eindruck macht, als die kirchliche.

Die „Sonderausstellung für Aunst und Alterthum",

welche einen Bestandtheil der Straßburger Ausstellung bildet,
verdankt ihre Entstehung wie andere „historische Ausstell-
ungen" dem Gedanken, über die in Rirchen, Museen und
besonders in privatbesitz befindlichen Alterthümer Umschau
zu halten; im Gegensatz zur modernen Ausstellung enthält
aber diese in der „Orangerie" vereinigte Sammlung nur
Gegenstände aus Elsaß-Lothringeu, meist Dinge, die auch
in den Reichslanden ihre Ursprungstätte haben. Das ganze
ziemlich reiche Material gliedert sich in drei Gruppen: Druck-
und Buchwesen sind über dem Eingangsraum untergebracht,
welchem sich links die Palle für die Aleinkünste, rechts jene
für die größeren Altarwerke rc. anschließt. Die letzteren ver-
langten zu ihrer richtigen Aufstellung und Würdigung eine
stimmungsvolle Umgebung, und so wurde deun dieser Flügel
in einen mittelalterlichen, mehr oder weniger kirchlichen Raum
umgewandelt, wobei die nothwendige mystische Beleuchtung
durch Bogenlampen erzeugt wird, welche über den Leinwand-
decken aufgehängt sind. Das so gedämpfte Licht wirkt un-
gemein vortheilhast auf die hier befindlichen Meisterwerke
Martin Schongauers und pans Baldung Griens,
auf die Abgüsse der prächtigen Münsterskulpturen, auf die
geschnitzten Altarwerke aus Straßburg, Ravsersberg, Neu-
weiler u. s. w. wie aus kirchliche Ausstattungsgegenstände
weniger hohen Ranges: Gobelins, Prozessionsleuchter, Reli-
quiarien, Sarkophage rc. (Vgl. Tafel 3H.)

Bei Vertretung der kirchlichen Aleinkunst scheint man
von dem Gedanken geleitet worden zu sein, jedes Gebiet
nur durch wenige Stücke, aber von besonderem Aunst- oder
Alterthumswerth, zu markiren. Für die paramentik hat
die Aathedrale von Metz das kostbarste Stück ausgeliefert
was sie besitzt, die sogen. „Chape de Charlemagne“, eine
große glockenförmige Tasula aus einem sarazenischen Seiden-
gewebe des \2. Zhdts. mit prächtigen stilisirten Adlern; —
dann eine Reihe anderer Meßgewänder in reicher Stickerei
(f8. Ihrhdt.), denen nicht minder prächtige aus Vic und
Gbermorschweier an der Seite stehen. — Unter den Elsen-
beinsachen erregen die schlichten Bischofsstäbe aus Metz durch
ihr Alter (\0. u. f3. Zhrhdt.), Aufmerksamkeit, während
unter den Reliefs der kleinen pausaltärchen oder Evange-
liarien sich mehrere Runstwerke befinden, die durch poly-
chrome Behandlung besonders anmuthig wirken.

Das bürgerliche Mobiliar hat — wohl mit Rücksicht
auf die immerhin beschränkten Räumlichkeiten — nur eine

96. Sitzbank im japanischen Billardzimmer von F. Schleiffer-Straßburg.

(Straßburger Ausstellung.)
 
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