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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 14.1913

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Nr. 1
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Hofmeister, Hermann: Die Pipinsburg bei Geestemünde
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https://doi.org/10.11588/diglit.32139#0011
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XIV. Iahrg. Nr. 1

Zeitung für Wehrbau,
Wohnbau und Städtebau

er Burgwart « «

Organ der Vereinigung zur Erhaltung dentscher Burgen

Herausgeber: Professor Bodo Ebhardt, Architekt, Berlin-Grunewald

Der Burgwart erscheint achtmaljührlich — Bezugspreis: 12,5O Mk. jährlich — Mitglieder der Vereinigung
zur Erhaltung deutscher Burgen (Mindestbeitrag 10 Mk. jährlich) erhalten den Burgwart unentgeltlich frei ins Haus.

ie Pipinsburg bei Geestemünde.

Von Dr. Hermann Hofmeister, Lübeck.

Cs ist bekannte Tatsache, daß die romantischen Burgruinen, die als stolze Zeichen
verschwundener Herrlichkeit so manchen deutschen Felskopf schmücken, alle erst aus
dem zweiten Aahrtausend unserer Zeitrechnung stammen. Darüber hinaus reicht
keine einzige.

Versetzt man sich im Geiste in die alten Zeiten zurück, wo in jenen Mauern noch
fröhliches Leben herrschte, und sucht man sich aus den Trümmern den früheren Zu-
stand vor die Seele zu zaubern, so entsteht ein Bild überraschender Großartigkeit und Vollendung.
Diesen E'mdruck gewinnt man schon von den ältesten Ruinen. Da erhebt sich die Frage, woher wohl
diese hochentwick'elten Anlagen stammen. Denn wir finden eigentlich nichts, was wir als würdige Vor-
läufer dieser Bergschlösser ansprechen möchten. Ganz unvermittelt sind sie da, — gleichsam wie Boten
aus einer anderen Welt, die ihrer Herkunft entsprechend da droben haften geblieben sind.

Anserer entwick'lungsgeschichtlich geschulten Generation sind solche Gedanken unannehmbar. Keinen
Augenblick zweifeln wir an der Tatsache, daß der ausgebildete Burgenbau eine Vorgeschichte gehabt hat
— wie alles andere auf der Welt. Nur überlegen wir noch, ob diese Entwicklung in außerdeutschen Landen
vor sich gegangen und dann, um 1OOO herum, die fertige Burg bei uns importiert ist — oder ob deutscher
Boden und deutsches Wesen dies Kulturgut selbst hervorgebracht hat.

Wir wären stolz, wenn wir sie unser eigen nennen könnten! Aber wo finden wir in unseren Bergen
und Wäldern Ahnen solch stolzer Pracht? Eine fast inhaltlose Leere gähnt uns das erste Aahrtausend
unserer Kulturgeschichte entgegen, der wir solche Entwicklung der Burg noch nicht einmal zuzutrauen
gewöhnt sind. Da war der Gedanke naheliegend und einleuchtend, die Vorgeschichte der deutschen Burg
nach Frankreich oder Atalien oder gar nach Griechenland zu verweisen. Doch bei weiterem Nachdenken
fällt uns der Amstand auf, daß jene festen Burgen bald nach 1OOO mit einem Schlage überall in deutschen
Landen, wo Felsen in die Lüfte ragen, wie Pilze aus der Erde schießen. Können wir da noch an Amport
denken? Ast solches Felsschloß ein Massenartikel, der sich leichthin auf den Markt hätte schleudern lassen?
Da will es uns doch natürlicher erscheinen, daß diese Burgen nicht als Fremdes ins Land hineingeschneit
sind, sondern daß sie von demFleck stammen, wo wir sie heute noch sehen, — herausgewachsen aus deutschem
Boden und deutscher Art.

Vielleicht fehlt es für die Vorperiode nur an dem rechten Beobachtungssinn. Nach den literarischen
Quellen haben die alten Germanen längst Burgen besessen. Aber zwischen beiden Burgenarten liegt
 
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