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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 14.1913

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Nr. 1
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Hofmeister, Hermann: Die Pipinsburg bei Geestemünde
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https://doi.org/10.11588/diglit.32139#0013
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Bislang haben wir nur von der Größe der Burg und der Art ihrer Besestigung gesprochen. Einen
Punkt, der sür den Charakter der Burg von ausschlaggebender Bedeutung ist, haben wir noch nicht erwähnt.
Das ist der Grundritz des Annenraumes. Wenn wir uns die Besiedlung einer Volksburg ausmalen, so
stellen wir uns entweder ein grotzes Lager vor, dessen Zelte und flüchtige Wohngelegenheiten ohne sesten
Plan wild nebeneinander aufgeschlagen wurden, oder — salls die Burg mehr ständige Besiedlung getragen
haben sollte — ein enges Beieinander von kleinen Hütten, das durch enge Stratzen aufgeteilt wurde*).
Von dem Grundritz einer Dynastenburg dagegen verlangen wir einen einheitlichen überlegten Plan.

Wir sehen, wie wichtig der Grundritz für die sichere Erkenntnis grade einer Dynastenburg ist. Ast
es denn nun möglich, den Besiedlungsplan der Ringwälle heute noch sestzustellen? Damit haben wir
zugleich die weitere Ausgabe bezeichnet, die der Spatensorschung gestellt wurde. Soviel haben wir wohl
schon gemerkt, datz in den Anlagen, von denen wir sprechen, noch keine Steinhäuser gestanden haben,
deren Oberbau vielleicht abgetragen und deren Fundamente von Sand überdeckt wären. Dann wäre
es allerdings ein leichtes. So aber handelt es sich um die Crsorschung eines steinlosen Grundrisses. Am das
zu verstehen, bedars es noch solgender Überlegung. Wenn die Ringwälle aus einer Zeit stammen, in der

2lbb. t. Dle Pipinsburg. Südansicht.

es hier in Deutschland noch keinen Steinbau gab, so können in ihm nur Holzhütten oder Wohngruben
gestanden haben.D Ast es lmn möglich, noch heute nach Verlaus vieler Aahrhunderte ihre Spuren zu
erkennen? Das erscheint von vornherein ausgeschlossen. Rnd doch ist es in der heutigen Praxis der Spaten-
sorschung nicht allzu schwer. Das hängt mit der Beschassenheit unseres Erdbodens zusammen. Wir alle
wissen, datz unter der Humusschicht, die nur wenige Dezimeter dick ist, der reine Boden oder, wie es in
der Sprache des Erdarbeiters und Landmannes heißt, der gewachsene Boden lagert. Dieser ist äußerst
empsindlich. Gesetzt den Fall, man räumt die Humusschicht ab, so datz der reine Boden zutage liegt,
und gräbt ein Loch in diesen Sand, so vermag keine Kunst aus Erden die Spur davon fleckenlos zu tilgen.
Bei der Füllung geraten immer Bestandteile der Humusschicht und andersgesärbte Sandarten mit hinein,
die nie ausgeglichen werden. Nun trifst es sich so, datz jede Wohngrube und jedes Psostenloch bis in den
gewachsenen Boden reichen. Sie alle hinterlassen darum auch in dem reinen Erdkörper unverwischliche
Narben. Dem Archäologen erwächst jetzt nur die Ausgabe, diese Spuren zu sinden und aufzudecken.
Diese Ausgabe löst sich in der Theorie so, datz man den gesamten Humus einsach abdeckt; dann müssen die
Verletzungen, die vorhanden sind, zutage kommen.

Dieses Experiment zur Erforschung eines größeren Siedlungskomplexes ist nun bereits ausgesührt,
und zwar an einem solchen Ningwall von mätziger Ausdehnung. Gerade um zu erproben, ob es möglich
sei, auf diese Methode den Grundplan sestzustellen, wurde ein in jeder Beziehung bequemer Platz aus-
gesucht. Cr durfte nicht zu grotz sein und vor allen Dingen keinen Baumbestand tragen. Denn mit der
Möglichkeit war zu rechnen, datz vergangene Baumwurzeln und Wurzelstöcke auch Figuren in dem reinen
Sande hinterlassen, die äutzerlich den Spuren von eingesetzten Pfosten ähnlich sehen können. ünd welche

^) Dieser Grundplan ergibt sich auf der Altenburg (l^reis Fritzlar), die als erste altgermanische Volksburg eingehend durch
den Spaten erforscht wird. Näheres in den vorläufigen Ausgrabungsberichten in der Zcitschrift d. Vereins für hessische Geschichte
und Landeskunde, Kassel l9Od, IdN und 1912.
 
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