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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 14.1913

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Nr. 6
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Müller, Hans: Kloster Veßra
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https://doi.org/10.11588/diglit.32139#0123
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stagniert. Verfaulte Balken, Steinhaufen und üppig wucherndes Gestrüpp versperren weiterhin den
Pfad — selbst der schöne, zum jehigen Herrenhaus gehörige Klostergarten innerhalb derRingmauer ist so
verwildert, daß die einstigen Wege kaum noch bemerkbar sind. Hierzu kommen störende Am- und Neu-
bauten im ödesten Backsteinstil — nicht zuletzt auch eine Porzellanfabrik (an der Stelle der ehemaligen
Mostermühle), welche die ehrwürdigen Anlagen häufig genug mit schwarzem Qualm überzieht.

Das ist der Zustand eines Bauwerks, das seiner ganzen Vergangenheit und seiner architektonischen
Erscheinung nach zu dem Hervorragendsten zähltz was unser Thüringen aufzuweisen hat! Veßra
hat freilich das Unglüch etwas abseits vom „Welt"-Verkehr zu liegen und somit zu wenig allgemein be-
kannt zu seirp um richtig gewürdigt zu werden.

Noch befindet sich in Vetzra alles, werm auch ver-
nachlässigt, unter Dach und Fach, und wenigstens
das äutzere Gesamtbild hat durch den Zahn der Zeit
nicht viel gelitten. Es kommt nun darauf an, das
Vorhandene zu erhalten, das Verfallende zu stützen
und hierdurch eine Wandlung der Dinge herbei-
zusühren, die einmal mit geringen Mitteln ausführ-
bar ist und andrerseits dem künstlerischen und
geistigen Anteresse unsrer Zeit entspricht. Hierzu
macht sich vor allen Dingen erforderlich, datz die
Kirche ihres bisherigen Charakters als Scheune
endlich entkleidet werde. —

Nun würde freilich, falls man an eine Ände-
rung des jetzigen Status herantreten wollte, erfor-
derlich sein, datz für die solchergestalt in Fortfall
kommende „Scheune" Ersatzbauten errichtet würden.

Aber hierzu steht einmal schon der Platz reichlich
zur Verfügung und andrerseits wäre auch das
massenhaft jetzt in die Kirche eingebaute Holzwerk
verwendbar, so datz sich die Kosten durchaus nicht
hoch stellen würden.

Die Kirche selbst anlangend wären — nach
vorausgegangener gründlicher Säuberung des
ganzen Bauwerks — zunächst die Dächer einer ein-
gehenden Revision zu unterziehen, speziell auch das-
jenige über dem Mittelbau der Westfront in seiner
alten Form als Satteldach wiederherzustellen. Nach-
dem man so dem Weitereindringen von Negen und
Schnee gesteuert hätte, könnten erst einmal die
Fenster, besonders diejenigen der Nordfront und der oberen Turmgeschosse, zum srüheren Zustand
zurückgeführt und hinsichtlich des Matzwerkes ergänzt werden. Hiermit würden die Arbeiten im
Annern Hand in Hand gehen: Ergänzung an den vorhandenen Kmrstformen, Auswechslung stark ver-
witterter oder beschädigter Einzelteile gegen neue, Ersetzung der bisherigen Lehmtenne durch Stein-
futzboden. An grötzeren Mauerarbeiten kämen in Betracht: Wiederaufrichtung der (jetzt fehlenden)
drei Apsiden und einer ehemals im Querhaus vorhandenen Empore, sowie Freilegung der kleinen Süd-
kapelle und Crstellung eines Daches auf dieser.

Mit Crledigung der hier vorgeschlagenen Arbeiten wäre soviel erreicht, datz die Kirche innen wie außen
wieder ein klares, durch keinerlei üble Nebeneindrücke gestörtes Bild ihrer Anlage darböte.

Nehmen wir als gewitz an, datz jetzt ein regerer Besuch des Bauwerkes Platz griffe, so würde ein am
Eingang aufgestelltes und mit entsprechender Aufschrift versehenes Sammelbüchschen wenigstens soviel

H. Clcisscns, Thcmar i. Thür. phot.
Abb. 8S. Kloster Veßra. Westfront der Kirche.

Die Existenz des Gebäudes ist durch die Dampflokoinobile
aufs bedenklichste bedroht.
 
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