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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 14.1913

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Nr. 8
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Schäfer, Karl Heinrich: Vom deutschen Rittertum und seinen Denkmälern in Italien
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https://doi.org/10.11588/diglit.32139#0168
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156

gestaltung des Gesamturteils über den deutschen Adel im Mittelalter, der ja die vielen mrd schönen
Burgen der Heimat bevölkerte. Wenn wir da unten im Wälschland viele Tausende dieser kriegerischen
Landsleute jahrelang standhast aus seiten der Gibellinen, und ebensoviele welsisch gerichtete aus seiten
der Guelsen vder des Kirchenstaates ihr Lebennn die Schanze schlagen sehen, so empsinden wir lebendig
des deutschen Adels wahre Art: zum Schwerte geboren muh er kämpfen, und wie die germanischen Helden
grauer Vorzeit, ziehen die Söhne aus der väterlichen Burg, um in der Fremde ihren krästigen Arm und

ihr gutes Schwert zu erproben,
um Nuhm und Ehre, nicht minder
aber auch zeitlich Gut, das rote
Gold zu gewinnen.

Zch beziehe mich in solgendem
aus meinen Vortrag, der jüngst
bei der Generalversammlung der
Görres-Gesellschaft in Aschafsen-
burg zu Ehren ihres 70 jährigen
Präsidenten, des Staatsministers
Freiherrn v. Hertling, gehalten
wurde.

Die Antersuchungen über
den deutschen Adel in Italien,
die so überaus lebhastes Fnteresse
in weiten Kreisen sanden, gingen
aus von den im vatikanischen
Archive liegenden Akten über die
im päpstlichen Dienste stehenden
Ritter.

Sie alle — Tausende an der
Zahl — haben in den verschiede-
nen kirchenstaatlichen Provinzen
während des 14. Aahrhunderts,
namentlich unter Kardinal 2l l -
bornoz ihr tapser Schwert zur
Unterdrückung von Unbotmätzig-
keit und zur Wiederherstellung
von Ordnung und Necht geliehen.

Die Vertreter der edelsten
deutschen Familien aus allen
Teilen des alten Neiches sinden
sich unter ihnen, von den Grasen
von Habsburg und Hohenzollern,
des Herzogtums Spoleto ernannt.

Abb. 12O. Grabstein des Grafen Kvnrad
von Aichelberg, f 140ö.

den Herzögen voir Braunschweig,
den Grafen von Aülich und von
der Mark und den Herzögen voir
Österreich bis zu zahlreichen
Ministerialen aus Bischofs- und
Reichsstädten, die meist blotz
mit dem Vornamen und dem-
jenigen ihrer Stadt gekennzeichnet
werden.

Manche von ihnen haben zum
Lohne sür treue Dienste hervor-
ragende Stellungen in Atalien
eingenommen, teils in den päpst-
lichen Provinzen selbst, teils durch
Fürsprache des Papstes.

So erlangte Otto von
Braunschweig, schon 60-
jährig, durch Vermittlung Gre-
gors XI. die Hand der Königin
Aohanna von Neapel. Herr
K o n r a d v. P r a tz b e r g er-
hielt eine erbliche Statthalterei
in der Provinz Spoleto und
ehelichte kurz daraus in Florenz
die ebenso jugendliche wie reiche
Tochter des berühmten englischen
Londottiere Aohn Hawkwood,
der selbst durch seine Frau aus
dem Hause der Visconti mit dem
württembergischen und bayrischen
Fürstenhause verschwägert war.

Hüglinvon Schöneck
aus Basel wurde im Iahre 1376

von Gregor XI. zum Marschall
Von ihm besihen wir noch zwei wohl erhaltene Steinbilder.

Bei diesen Forschungen konnten viele Vorurteile und irrige Ansichten über das deutsche Nittertum,
sein Benehmen und sein Ansehen in Ztalien richtig gestellt werden. Vor allem zeigte sich, datz unsere
Landsleute nur sehr selten die Partei wechselten und dann fast immer aus wohl verständlichen Gründen,
ähnlich wie auch die Herrscher und Staaten zuweilen mit alten Feinden Bündnisse eingehen und um-
gekehrt. Zumeist waren sie von Hause aus schon in Welfen und Gibellinen gespalten oder wenigstens nach
der einen oder anderen Seite geneigt. Am päpstlichen Dienste aber traten diese Gegensähe ziemlich in den
Hintergrund, namentlich als unter Karl IV. Kaisertum und Papsttum in enger Freundschast verbunden
waren.
 
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