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Jean Francois Millet.

und Modellierung der Figuren eine völlige Meisterschaft
in der Form bekunden.
Sensier bezeichnet Millets Aufenthalt in Havre
als einen Glanzpunkt seines Lebens, welcher bald in
Dunkelheit untertauchen sollte.
Viele Jahre mussten dahingehen, bevor er sich
wieder einer so sorglosen Zeit erfreuen konnte und
so allgemeine Anerkennung geniessen durfte.
Die nächsten vier Jahre in Paris waren eine lange
Kette von Armut und Verkennung. Die wachsenden
Sorgen einer jungen Familie machten den Kampf
noch härter und zwangen ihn, seinen eigentlichen
Neigungen zu entsagen und für Brot zu arbeiten.
Die Mutter und Grossmutter warteten voll Sorge auf
seine spärlichen Briefe und sammelten die kurzen
Notizen, die die Zeitungen über seine Bilder brachten.
Sie drängten ihn, nach Greville zu kommen, und voll
leidenschaftlicher Sehnsucht nach der Heimat äussert
Millet zu Sensier: »Ich bin für den Rest meines Da-
seins an einen Felsen geschmiedet, zu harter Arbeit
verdammt, aber ich würde das nicht so empfinden,
wenn ich nur zuweilen meine Heimat wiedersehen
könnte!«
Aber mit Frau und Kindern war die Reise un-
möglich, und sieben Jahre gingen dahin, bis Millet den
Fuss wieder auf heimatlichen Boden setzen konnte.
Als er endlich seinen Geburtsort wiedersah, da
fand er den Herd leer, und die geliebten Gestalten
fehlten. Und als er traurigen Herzens auf das liebe
Dach sah, unter dem er geboren und seine Eltern
gestorben, da konnte er wohl sagen: »Die Kunst ver-
langt Körper und Seele von mir.«
 
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