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Jean Francois Millet.

Sie enthalten seine ganze Kunstphilosophie und
sind ein Bekenntnis, in welchem er die Grundzüge
seiner zukünftigen Werke klarstellt.

II.
1850—1852.
Dieses also war Millets Entdeckung, dieses das
neue Evangelium, welches er der modernen Welt zu
verkünden hatte. Vor seiner Zeit war in Frankreich
der Bauer niemals für einen der Kunst würdigen
Gegenstand gehalten worden. Könige und Königinnen,
Herren und Damen mochten Schäferspiele darstellen,
»Le Grand Monarque« mochte die Mode einführen,
als Apoll zu erscheinen, — »le plus beau des bergers«,
seine Herde am Parnassus weidend; Marie Antoinette
mochte die Tracht eines Bauernmädchens anlegen und
die Kühe unter den Bäumen ihrer eleganten Meierei
melken — aber die Schäferspiele von Trianon und
die »Paysans enrubanes« von Watteaus Arkadien
waren der Wirklichkeit so fern gerückt wie nur möglich.
Die feine Welt war von der Wahrheit von Madame
Staels Ausspruch überzeugt, »l’agricultiire sent le fu-
rnier«. Eine Gruppe trinkender oder streitender
Bauern, ein malerischer Bettler oder auch ein ein-
faches Liebespaar waren wohl geduldet; aber keiner
hatte die Kühnheit gehabt, das prosaische Thema
eines Arbeiters bei seiner Arbeit aufzunehmen.
Millet sollte der erste sein.
Selbst gebürtig aus einem alten Bauerngeschlecht,
und mit jeder Einzelheit ländlicher Arbeit vertraut,
war er sowohl von Natur als Erziehung vorbereitet
 
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