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Jean Francois Millet.

das einfache Addieren hinauskommen könnte; Sub-
trahieren und andere Regeln lagen gänzlich ausserhalb
seines Bereiches, und er rechnete im Kopf immer
nur nach eigner Art. Aber er las jedes Buch, dessen
er habhaft werden konnte, und beobachtete die Wolken
und die Wogen, die Formen und die Farben der
Gegenstände seiner Umgebung und bewegte sie in
seinem Herzen.
Die Natur selbst wurde sein Lehrmeister, und sie
lehrte ihm in ihrer Weise Dinge, welche er von
keinem andern hätte lernen können.

III.
Im Alter von zwölf Jahren wurde Francois für
seine erste Kommunion vorbereitet und ging mit seinen
Kameraden zum Katechismusunterricht in die Kirche
von Greville. Seine gedankenvollen Antworten er-
regten die Aufmerksamkeit des Abbe Herpent, des
jungen Vikars der Gemeinde, welcher ihm Unterricht
im Lateinischen anbot, indem er meinte, dass es ihm
dazu nützen könnte, Priester oder Doktor zu werden.
Aber der Knabe lehnte das Anerbieten mit Dank ab.
»Ich will weder das eine noch das andere werden,«
sagte er mit Bestimmtheit, »ich will zu Hause bei
meinen Eltern bleiben.«
»Nun wohl, ich möchte dich trotzdem unter-
richten,« erwiderte der junge Priester. Francois machte
keine Einwendung und nahm an dem Unterricht teil,
welcher täglich im Hause des Vikars gehalten wurde.
Er lernte die »Epitome Historiae Sacrae« und die »Se-
lectae e Profanis« übersetzen, und wenn er auch die
 
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