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Paris.

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IV.
Millet und seine Frau trafen in den letzten Tagen
des Dezembers 1845 in Paris ein. Sie nahmen eine
Wohnung von drei kleinen Zimmern in der Rue
Rochechouart Nr. 42, und Millet richtete sich ein be-
scheidenes Atelier mit drei Stühlen und einer Staffelei
ein. Hier begab er sich sogleich an die Arbeit, an
»Die Versuchung des heiligen Hieronymus« für den
nächsten Salon. Er hatte 900 Francs in der Tasche —
die Früchte seines Erfolgs in Havre — und war voll
Hoffnung und Mut; sein junges Weib bereitete ihm
ein friedliches, glückliches Heim. Seine alten Freunde
Marolle und Jaque bewillkommten ihn herzlich, und
bald erweiterte sich sein Verkehr. Eugen Tourneux
fand Millet — seinem Vorsatz getreu — bald heraus
und sprach ihm seine Bewunderung in glühenden
Worten aus. Auch Diaz war ebenso ermutigend
und bemühte sich eifrigst, Millet Arbeit zu verschaffen.
Dieser warmherzige Spanier, der nach seiner eigenen
Aussage »den Erfolg mit einem rosa Band an seine
Staffelei geknüpft hatte«, strengte sich nach Kräften
an, Millet einen Teil seines Glückes zukommen zu
lassen. Er ging von Geschäft zu Geschäft, um Auf-
träge für den Freund zu erreichen, und sowohl Händlern
als Liebhabern hielt er ihre Blindheit vor, die das Ta-
lent dieses Künstlers nicht erkannte.
Inzwischen war Frangois in Greville nicht ver-
gessen, und während er an seinem Hieronymus
arbeitete, erhielt er von seiner Grossmutter folgenden
charakteristischen Brief:

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