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164

Jean Francois Millet.

VI.
1855—1856.
Sensier schildert das Jahr 1856 als den Anfang
einer langen Leidensperiode für Millet. Aber gerade
aus dieser Zeit, aus diesem »Höllenjahr« selbst, haben
wir aus anderer Quelle einen Bericht über des Künst-
lers häusliches Leben, welcher die Behauptung des
Biographen sehr abschwächt. Im Oktober 1855 kam
ein junger amerikanischer Künstler, Edward Wheel-
wright, nach Barbizon, mit einem Empfehlungsbrief
von Hunt an Millet. Angefeuert durch Hunts En-
thusiasmus für den Meister von Barbizon, versäumte
der junge Mann es nicht, sich sogleich bei Millet zu
melden. Er beschreibt seinen ersten Besuch folgender-
massen :
»Endlich befand ich mich in Millets Atelier und
sah den grossen Mann vor mir. Ich hatte gehört, er
wäre ein derber Bauer: Bauer oder nicht Bauer, Millet
ist ein Edelmann von Gottes Gnaden. Er ist ein
grosser, starker Mann mit vollem, schwarzem Bart und
grauen, durchdringenden Augen, mit einer mehr hohen
als breiten Stirn, so viel ich in dem Augenblick sehen
konnte, als er den breiträndigen Strohhut lüftete. Ich
musste sofort an Michelangelo und an Richard Löwen-
herz denken.«
Nach einer kurzen Unterhaltung über Hunt er-
klärte der junge Amerikaner den Zweck seines
Besuches und fragte Millet, ob er ihm Unterricht
geben, oder ihm wenigstens die Vergünstigung seines
Rates gewähren wollte. Millet musterte die mitge-
brachten Zeichnungen und kritisierte freundlich aber
offen; da aber andere Besucher eintraten, empfahl
 
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