Barbizon.
291
Dem Künstler mag es eine Genugtuung ge-
wesen sein, dieses späte und kärgliche Angebot jener
Beamten zurückweisen zu können, die sich jahrelang
so kühl gegen seine Werke verhalten hatten. Aber
es ist doch tröstlich, dass dieses herrliche Bild, wenn
es auch nicht Eigentum der französischen Nation
wurde, doch nach Frankreich zurückgekommen ist;
es befindet sich mit dem »Angelus« und dem »Pare
des Moutons« in der Sammlung von M. Chauchard.
Während ganz Paris von dem Ruhm der »Bergere«
wiederhallte und die besten Kritiker sich überboten in
rühmenden Beschreibungen dieses ländlichen Idylls,
erfuhr Millets zweites Bild, das »Neugeborene Kalb«
ein ganz anderes Schicksal. Das Motiv dieser Arbeit
konnte schwerlich auf den Beifall Pariser Journalisten
berechnet sein. Zwei starkknochige Bauern tragen
ein neugeborenes Kalb auf einer Leiter nach dem
Bauernhause, wo eine Gruppe von Kindern erwar-
tungsvoll steht. Der Ernst, mit welchem die Sache
behandelt ist, erregte den Spott und Witz der Kritik.
Man höhnte, Millets Bauern trügen das junge Kalb
mit einer Feierlichkeit, als wenn es der Stier Aspis
oder das Heilige Sakrament wäre. Millet schwieg zu
diesen Angriffen und verteidigte sich nur seinem
Freunde gegenüber:
Barbizon, 3. Mai 1864.
Mein lieber Sensier, —
Wenn Jean Rousseau sagt, meine Bauern trügen
ein Kalb wie das Heilige Sakrament oder wie den
Stier Aspis, so möcht’ ich fragen, wie sie es nach
seiner Meinung tragen müssten? Ich möchte ihm
nur sagen, dass der Ausdruck von zwei Menschen,
19*
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Dem Künstler mag es eine Genugtuung ge-
wesen sein, dieses späte und kärgliche Angebot jener
Beamten zurückweisen zu können, die sich jahrelang
so kühl gegen seine Werke verhalten hatten. Aber
es ist doch tröstlich, dass dieses herrliche Bild, wenn
es auch nicht Eigentum der französischen Nation
wurde, doch nach Frankreich zurückgekommen ist;
es befindet sich mit dem »Angelus« und dem »Pare
des Moutons« in der Sammlung von M. Chauchard.
Während ganz Paris von dem Ruhm der »Bergere«
wiederhallte und die besten Kritiker sich überboten in
rühmenden Beschreibungen dieses ländlichen Idylls,
erfuhr Millets zweites Bild, das »Neugeborene Kalb«
ein ganz anderes Schicksal. Das Motiv dieser Arbeit
konnte schwerlich auf den Beifall Pariser Journalisten
berechnet sein. Zwei starkknochige Bauern tragen
ein neugeborenes Kalb auf einer Leiter nach dem
Bauernhause, wo eine Gruppe von Kindern erwar-
tungsvoll steht. Der Ernst, mit welchem die Sache
behandelt ist, erregte den Spott und Witz der Kritik.
Man höhnte, Millets Bauern trügen das junge Kalb
mit einer Feierlichkeit, als wenn es der Stier Aspis
oder das Heilige Sakrament wäre. Millet schwieg zu
diesen Angriffen und verteidigte sich nur seinem
Freunde gegenüber:
Barbizon, 3. Mai 1864.
Mein lieber Sensier, —
Wenn Jean Rousseau sagt, meine Bauern trügen
ein Kalb wie das Heilige Sakrament oder wie den
Stier Aspis, so möcht’ ich fragen, wie sie es nach
seiner Meinung tragen müssten? Ich möchte ihm
nur sagen, dass der Ausdruck von zwei Menschen,
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