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Jean Francois Millet.
werden nicht davon berührt, sie geniessen nach wie
vor den Luxus des Lebens, als wäre nichts passiert.
Ach, sie verdienen den Fluch Frankreichs.
Ich habe nur wenig gearbeitet, seit ich hier
bin. Mein armer Kopf ist zerquält durch Sorge
und Trauer. Ich würde wohl zur Arbeit aufgerüttelt
werden durch die Dinge, die ich draussen im
Land und an der See sehe, aber denken Sie nur,
sobald ich mich mit dem Skizzenbuch sehen lasse,
werde ich sofort ergriffen und wahrscheinlich ge-
vierteilt. Selbst ohne Buch, nur mit dem Stock
in der Hand, hat man mich angehalten und streng
ausgefragt. Alles befindet sich in Angst . . .
Ich komme auf meine Arbeit zurück. Ich
habe drei kleine Seestücke, an denen ich im dritten
Stock arbeite, wo das Licht gut ist, wenn man ein
Fenster abstellt. Unsere alte Heimat ist wirklich
herrlich, und jeden Tag denke ich, wie schön es
wäre, sie unter anderen Verhältnissen wiederzusehen.
Aber, wenn ich mich dann etwas vergesse und Ver-
gnügen daran finde, könnte ich mich hassen, wegen
meiner Selbstsucht. Meine armen Freunde, wir
umarmen Euch.
Immer der Ihrige
J. E Millet.
Cherbourg, 9. Januar 1871.
Mein lieber Sensier, —
Du glaubst nicht, welche Freude mir Dein
Brief war! Ich dachte mir, dass Du in Bordeaux
wärst . . . Wann, ach wann, kommen wir aus
diesem schrecklichen Zustand heraus? Ach, wie
hasse ich alle Deutschen! Ich bin in beständiger
Jean Francois Millet.
werden nicht davon berührt, sie geniessen nach wie
vor den Luxus des Lebens, als wäre nichts passiert.
Ach, sie verdienen den Fluch Frankreichs.
Ich habe nur wenig gearbeitet, seit ich hier
bin. Mein armer Kopf ist zerquält durch Sorge
und Trauer. Ich würde wohl zur Arbeit aufgerüttelt
werden durch die Dinge, die ich draussen im
Land und an der See sehe, aber denken Sie nur,
sobald ich mich mit dem Skizzenbuch sehen lasse,
werde ich sofort ergriffen und wahrscheinlich ge-
vierteilt. Selbst ohne Buch, nur mit dem Stock
in der Hand, hat man mich angehalten und streng
ausgefragt. Alles befindet sich in Angst . . .
Ich komme auf meine Arbeit zurück. Ich
habe drei kleine Seestücke, an denen ich im dritten
Stock arbeite, wo das Licht gut ist, wenn man ein
Fenster abstellt. Unsere alte Heimat ist wirklich
herrlich, und jeden Tag denke ich, wie schön es
wäre, sie unter anderen Verhältnissen wiederzusehen.
Aber, wenn ich mich dann etwas vergesse und Ver-
gnügen daran finde, könnte ich mich hassen, wegen
meiner Selbstsucht. Meine armen Freunde, wir
umarmen Euch.
Immer der Ihrige
J. E Millet.
Cherbourg, 9. Januar 1871.
Mein lieber Sensier, —
Du glaubst nicht, welche Freude mir Dein
Brief war! Ich dachte mir, dass Du in Bordeaux
wärst . . . Wann, ach wann, kommen wir aus
diesem schrecklichen Zustand heraus? Ach, wie
hasse ich alle Deutschen! Ich bin in beständiger