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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 22.1925/​1926

DOI Heft:
Nr. 1 (Oktober 1925)
DOI Artikel:
Gehrig, Oscar: Der Gold- und Silberschmied Josef Wilm †: eine kurze Würdigung
DOI Artikel:
Kuhn, Albert: Fritz Kunz: Fresken in der Liebfrauen-Kirche in Zürich
Zitierlink:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/christliche_kunst1925_1926/0031

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FRITZ KUNZ

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Schüsseln zeigen ein sicheres Beherrschen des Werkstoffes und eine meist offene Technik.
Überall herrscht streng architektonische und konstruktive Auffassung, zweckmäßige An-
ordnung der Teile und erzielte Gebrauchsfähigkeit. Die Verwendung jeglichen Ornaments
erfolgt nur in begründeten Fällen, dabei sparsam. Seine gesunden Formen setzten sich
doch immer durch, sie bedurften nicht täuschender Verbrämung. Wesentlich ist damit die
Überleitung der Konstruktion in die Proportion und die Ausnutzung der im jeweiligen
Material selbst liegenden Schönheitselemente. So erscheint uns in Josef Wilm ein echter
Mensch, durchdrungen auch von höchstem sozialen Gefühl, und ein Mann von »Taug-
lichkeit und Tugend« mit überzeugendem Wachstum. Im nur scheinbar Kleinen ein
Handwerker und Künstler von markantestem Profil!
FRITZ KUNZ
FRESKEN IN DER LIEBFRAUEN-KIRCHE IN ZURICH
Von P. ALBERT KUHN
T m vierten Hefte des fünften Jahrgangs der »Christlichen Kunst« wurden die Chorbi Ider,
die Fritz Kunz in der Liebfrauenkirche in Zürich ausgeführt, besprochen. In den Sommer-
monaten von 1923 und 1924 führte der Künstler im Schiffe der Kirche einen Zyklus von
zehn großen Wandbildern aus dem Leben Christi und Marias in Freskotechnik aus.
Die Marienkirche ist in den modernen Formen einer altchristlichen, dreischiffigen Basilika
erbaut. Im Mittelschiffe rechts und links über den Säulenarkaden bis zum Lichtgaden läuft
ein breiter Mauerstreifen, wie gemacht für große Bilderfolgen. Der Zyklus beginnt nordöst-
lich beim Chore. Diese Seite schildert in fünf Darstellungen: die Geburt Christi, die Anbe-
tung der Könige, der Knabe Jesus unter den Schriftgelehrten im Tempel, die Taufe Christi
und die Hochzeit zu Kana; auf der linken Seite folgen sich: Christus lehrend und predigend,
das letzte Abendmahl, die Kreuzigung Christi, die Auferstehung und das Pfingstwunder.
Wenn heute ein Künstler, besonders ein Maler, mit einem so großen Werke vor die
Öffentlichkeit tritt, dann muß er sich unter allen Umständen auf Kritiken, nicht nur
wohlwollende, sondern auch auf gegnerische, gefaßt machen. Die Richtungen, zumal in
der religiösen Malerei, sind zu verschieden. Wer könnte allen gefallen: den Impressio-
nisten, Expressionisten, Futuristen, Primitiven, Klassikern, Modernisten!
Wie glücklich waren doch die Künstler der früheren Perioden bis zu den Roman-
tikern! Die Weltanschauung war immer eine einheitliche, alle Künstler schwammen
in der gleichen geistigen Strömung und übten die Kunst, trotz der persönlichen Besonder-
heiten und Eigenheiten, doch im gleichen »Stile«. Das war nicht nur der Fall, wenn ein
einziges Volk tonangebend und der Träger der Weltanschauung war, wie dies im
Zeitalter der Griechen eintrat, selbst dann noch, als ihre Kunst über das Stammland
hinaus bis nach Ägypten, Asien, Italien herrschend wurde. Nachdem die Römer ihre
eigene Kunst aus der Abhängigkeit herausgebildet, verbreiteten sie dieselbe mit ihren sieg-
reichen Waffen in alle damals bekannten Länder in Europa, Asien, Afrika. Noch merk-
würdiger ist die Stilperiode der romanischen Kunst: die Italiener der Mitte, des Südens
ihres Landes und der Lombardei, die Deutschen des Westens und Ostens, die Franzosen
des Südens und Nordens, die Engländer und Spanier drücken der Kunst der Periode klar
und bestimmt ihr nationales Gepräge auf, aber es ist doch überall die gleiche Kunst,
romanische Kunst. So stark und einheitlich war der Geist der Zeit, der Charakter, die
Weltanschauung. So war es in der gotischen Zeit, so in der vielgestaltigen Periode der
Renaissance, des Barocks, teilweise auch im Zeitalter des Rokoko, aber dann fließt alles
auseinander. Wie keine einheitliche Weltanschauung mehr die Völker zusammenschließt,
so gibt es auch keinen einheitlichen Zeitstil mehr.
Was lehren uns die einheitlichen Kunst- und Stilperioden in früherer Zeit? Das Erste
und Wichtigste, daß die Kunst jeweilen im strengsten Sinne Zeitkunst ist, daß sie
unmittelbar aus der jeweiligen Weltanschauung herauswachsen muß, daß sie nicht Nach-
ahmung einer früheren Periode, sondern eine originelle eigenartige Kunst sein soll. Es
folgt daraus, daß die Zeitkunst den Menschen der Zeit gemeinverständlich, also echte
Volkskunst war. Das sind höchste, kostbarste Eigenschaften der Kunst.
 
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