RUNDSCHAU: AUSSTELLUNGEN 369
Ehrenhof des Verwaltungsgebäudes der Kölner Werkbundausstellung vierzehn große Bil-
der, die verschiedenen Ausstellungsgruppen darstellend. Auf dunkelblauem Grunde in
terrakottafarbenem rotem Ton, etwa die Wirkung griechischer rotfiguriger Vasenbilder an-
strebend, schilderte Seuffert in einem Festzuge, je zu einer Gruppe zusammengefaßt, den
Sport, die Jagd, die Landwirtschaft, die Blumenzucht, das Kunstgewerbe, die Kunst, ver-
schiedene Zweige der Industrie und andere Ausstellungsgebiete des Werkbundes. Das
nächste Jahr, 1915, sah ein großes mehrfiguriges Deckenbild für die Dankeskirche in Ben-
rath bei Düsseldorf entstehen, das die Himmelfahrt Christi darstellte, und vier kleinere
Bilder, Porträts der Reformatoren und Kirchenmänner Luther, Melanchthon, Calvin und
des wohl nur wenigen bekannten Wiehern. Aus einem mehrmaligen Wettbewerbe ging
die Wandbemalung der Kassenhalle der Nassauischen Landesbank in Wiesbaden hervor,
die Seuffert in Kaseinfarbe ausführte, wie fast alle seine Wandgemälde. Die Mittelgruppe
zeigt die allegorischen Gestalten des Handels, des Gewerbes und des Verkehrs, die Seiten-
gruppen Schiffahrt und Handwerk.
Dann brachte das Jahr 1918 wieder die Ausführung eines großen Auftrages: Für die
Kriegergedächtniskapelle der katholischen Kirche zu Habinghorst in Westfalen acht um-
fangreiche Bilder, die die Wiedervereinigung der gefallenen Krieger am Auferstehungs-
tage vor dem Throne Gottes schilderten. Im Jahre 1922 wurde das oben eingehend ge-
schilderte dreiteilige Altarwerk Weihnachten, Ostern und Pfingsten für die katholische
Kirche in Flerzheim geschaffen, und für die Klosterkirche in Ohio in den Vereinigten
Staaten der aus vierzehn Bildern bestehende Kreuzweg vollendet, dem wir gleichfalls
eine eingehende Schilderung gewidmet haben. Seit dem Jahre 1924 leitet Seuffert neben
seinem Lehramt als Professor an der Kölner Kunstgewerbeschule auch die akademischen
Zeichenübungen an der dortigen Universität, die namentlich den studierenden Kunst-
historikern zugute kommen.
Rundschau
Ausstellungen
JANUAR-AUSSTELLUNG
DER »GALERIE FÜR CHRISTLICHE
KUNST«
(Unliebsam verspätet)
TVTach Beendigung der »Ausstellung religiöser
Hauskunst« brachte die Galerie in der zweiten
Januarhälfte großenteils Gemäldestudien und gra-
phische Blätter der Maler Baumhauer, Graßl und
Thalheimer, ferner Plastiken von Scheurle, To-
phinke, Göhring und Rieber.
Baumhauers Aquarelle sind als Vorarbeiten
zu seinen Tafeln zu sehen. Sie bringen die farbige
Idee. Wie bei altchristlichen Mosaiken verhält sich
ein Farbwert bindend zum andern. Wohl niemand
versteht es so wie Baumhauer, altchristliche Malerei,
fern vom rein historisch ästhetischen Interesse des
Archäologen, ins Leben gegenwärtiger Sakralkunst
zu führen. Es geht dabei um keine Imitation, die
im Wächsernen des Reproduzierens ermatten würde,
sondern ums Verwerten struktiver Erkenntnisse:
zweidimensionale Zeichnung und dekorative Flä-
chenwirkung.
Baumhauers Kunst ist letzten Endes immer eine
des zeichnerischen Gefüges, der Wand-Einhaltung.
Graßl erfindet wie ein Dichter und malt wie ein
Maler. Er wäre als Wandmaler schlechthin undenk-
bar. Seine Arbeiten sind Staffeleibilder, streng wohl
in der Komposition, aber treibender in den farbigen
Elementen, die sich architektonischen und räum-
lichen Bedingungen nicht fügen könnten. Oft ent-
scheidet ein Ton brennpunktartig über das Ganze;
so etwa das warme Rot des Johannes in den »Schla-
fenden Jüngern«, die schon in der letztsommer-
lichen Glaspalastausstellung gezeigt wurden. Eigen
bleibt auch die Schattierung in Ergänzungsfarben.
In der Graphik entfaltet sich Graßls Phantasie natur-
gemäß leichter. Hier tritt eine Fülle von Einfällen
zutage, ob sie nun mittelalterlich kraus (»Die
Kranke«) oder blühend sprudeln (»Stillende Ma-
donna«, »Der Friede von Assisi«). Malerisch satt
wirkt die Ölzeichnung der »Samariterin am Jakobs-
brunnen«. In letzter Zeit beschäftigt sich der Künst-
ler auch mit angewandter Graphik. Neben Ent-
würfen für den katholischen Elternkalender und
die K. D. St. V. Tuiskonia finden sich Umschlag-
zeichnungen für einen neuen Titelkopf der Zeit-
schrift »Die christliche Kunst«, von denen eine
nunmehr Verwendung gefunden hat.
Die kompositionellen Probleme der Thalhei-
merschen Kunst lassen sich aus einem Zyklus von
Farbschnitten zur biblischen Geschichte ablesen.
Unter den Bildhauern ist Scheurle mit einem
segnenden Christus besonders glücklich vertreten.
Vielleicht erinnert sich noch der Besucher der
Galerie eines Christusknäbleins (Januar-Ausstel-
lung der »Galerie für christliche Kunst«) von
gleicher Hand, das letztes Jahr zu sehen war. Dort
war noch alles zu naturalistisch gefühlt. Die Holz-
schnitzerei hätte für ein x-beliebiges Kinderporträt
gelten können. Jetzt hat sich des Künstlers Emp-
finden für sakrale Haltung gefestigt. Gesichts-
ausdruck, Gebärde und Gewand sind präzis und
geschlossen.
Tophinke begnügt sich mitunter mit der for-
malen Erledigung des Kompositionellen, für das
er ein entschiedenes Geschick besitzt. So bei einem
kleinen Vesperschrein. Größere Beteiligung finden
wir bei einer Majolika-Pietä.
Die christliche Kunst. XXII. 12.
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Ehrenhof des Verwaltungsgebäudes der Kölner Werkbundausstellung vierzehn große Bil-
der, die verschiedenen Ausstellungsgruppen darstellend. Auf dunkelblauem Grunde in
terrakottafarbenem rotem Ton, etwa die Wirkung griechischer rotfiguriger Vasenbilder an-
strebend, schilderte Seuffert in einem Festzuge, je zu einer Gruppe zusammengefaßt, den
Sport, die Jagd, die Landwirtschaft, die Blumenzucht, das Kunstgewerbe, die Kunst, ver-
schiedene Zweige der Industrie und andere Ausstellungsgebiete des Werkbundes. Das
nächste Jahr, 1915, sah ein großes mehrfiguriges Deckenbild für die Dankeskirche in Ben-
rath bei Düsseldorf entstehen, das die Himmelfahrt Christi darstellte, und vier kleinere
Bilder, Porträts der Reformatoren und Kirchenmänner Luther, Melanchthon, Calvin und
des wohl nur wenigen bekannten Wiehern. Aus einem mehrmaligen Wettbewerbe ging
die Wandbemalung der Kassenhalle der Nassauischen Landesbank in Wiesbaden hervor,
die Seuffert in Kaseinfarbe ausführte, wie fast alle seine Wandgemälde. Die Mittelgruppe
zeigt die allegorischen Gestalten des Handels, des Gewerbes und des Verkehrs, die Seiten-
gruppen Schiffahrt und Handwerk.
Dann brachte das Jahr 1918 wieder die Ausführung eines großen Auftrages: Für die
Kriegergedächtniskapelle der katholischen Kirche zu Habinghorst in Westfalen acht um-
fangreiche Bilder, die die Wiedervereinigung der gefallenen Krieger am Auferstehungs-
tage vor dem Throne Gottes schilderten. Im Jahre 1922 wurde das oben eingehend ge-
schilderte dreiteilige Altarwerk Weihnachten, Ostern und Pfingsten für die katholische
Kirche in Flerzheim geschaffen, und für die Klosterkirche in Ohio in den Vereinigten
Staaten der aus vierzehn Bildern bestehende Kreuzweg vollendet, dem wir gleichfalls
eine eingehende Schilderung gewidmet haben. Seit dem Jahre 1924 leitet Seuffert neben
seinem Lehramt als Professor an der Kölner Kunstgewerbeschule auch die akademischen
Zeichenübungen an der dortigen Universität, die namentlich den studierenden Kunst-
historikern zugute kommen.
Rundschau
Ausstellungen
JANUAR-AUSSTELLUNG
DER »GALERIE FÜR CHRISTLICHE
KUNST«
(Unliebsam verspätet)
TVTach Beendigung der »Ausstellung religiöser
Hauskunst« brachte die Galerie in der zweiten
Januarhälfte großenteils Gemäldestudien und gra-
phische Blätter der Maler Baumhauer, Graßl und
Thalheimer, ferner Plastiken von Scheurle, To-
phinke, Göhring und Rieber.
Baumhauers Aquarelle sind als Vorarbeiten
zu seinen Tafeln zu sehen. Sie bringen die farbige
Idee. Wie bei altchristlichen Mosaiken verhält sich
ein Farbwert bindend zum andern. Wohl niemand
versteht es so wie Baumhauer, altchristliche Malerei,
fern vom rein historisch ästhetischen Interesse des
Archäologen, ins Leben gegenwärtiger Sakralkunst
zu führen. Es geht dabei um keine Imitation, die
im Wächsernen des Reproduzierens ermatten würde,
sondern ums Verwerten struktiver Erkenntnisse:
zweidimensionale Zeichnung und dekorative Flä-
chenwirkung.
Baumhauers Kunst ist letzten Endes immer eine
des zeichnerischen Gefüges, der Wand-Einhaltung.
Graßl erfindet wie ein Dichter und malt wie ein
Maler. Er wäre als Wandmaler schlechthin undenk-
bar. Seine Arbeiten sind Staffeleibilder, streng wohl
in der Komposition, aber treibender in den farbigen
Elementen, die sich architektonischen und räum-
lichen Bedingungen nicht fügen könnten. Oft ent-
scheidet ein Ton brennpunktartig über das Ganze;
so etwa das warme Rot des Johannes in den »Schla-
fenden Jüngern«, die schon in der letztsommer-
lichen Glaspalastausstellung gezeigt wurden. Eigen
bleibt auch die Schattierung in Ergänzungsfarben.
In der Graphik entfaltet sich Graßls Phantasie natur-
gemäß leichter. Hier tritt eine Fülle von Einfällen
zutage, ob sie nun mittelalterlich kraus (»Die
Kranke«) oder blühend sprudeln (»Stillende Ma-
donna«, »Der Friede von Assisi«). Malerisch satt
wirkt die Ölzeichnung der »Samariterin am Jakobs-
brunnen«. In letzter Zeit beschäftigt sich der Künst-
ler auch mit angewandter Graphik. Neben Ent-
würfen für den katholischen Elternkalender und
die K. D. St. V. Tuiskonia finden sich Umschlag-
zeichnungen für einen neuen Titelkopf der Zeit-
schrift »Die christliche Kunst«, von denen eine
nunmehr Verwendung gefunden hat.
Die kompositionellen Probleme der Thalhei-
merschen Kunst lassen sich aus einem Zyklus von
Farbschnitten zur biblischen Geschichte ablesen.
Unter den Bildhauern ist Scheurle mit einem
segnenden Christus besonders glücklich vertreten.
Vielleicht erinnert sich noch der Besucher der
Galerie eines Christusknäbleins (Januar-Ausstel-
lung der »Galerie für christliche Kunst«) von
gleicher Hand, das letztes Jahr zu sehen war. Dort
war noch alles zu naturalistisch gefühlt. Die Holz-
schnitzerei hätte für ein x-beliebiges Kinderporträt
gelten können. Jetzt hat sich des Künstlers Emp-
finden für sakrale Haltung gefestigt. Gesichts-
ausdruck, Gebärde und Gewand sind präzis und
geschlossen.
Tophinke begnügt sich mitunter mit der for-
malen Erledigung des Kompositionellen, für das
er ein entschiedenes Geschick besitzt. So bei einem
kleinen Vesperschrein. Größere Beteiligung finden
wir bei einer Majolika-Pietä.
Die christliche Kunst. XXII. 12.
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