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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 22.1925/​1926

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Nr. 12 (September 1926)
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Rundschau
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370

AUSSTELLUNGEN — FORSCHUNGEN

Die Großplastik von Göhring, ein sitzender
Christus mit Predigergeste — es spielt wohl die
Vorstellung der Bergpredigt herein —, besitzt viel
Gutes. Aber die Formen wirken noch zu schwer und
in einzelnen Partien zu detailliert zufällig. Sauber
bietet sich eine Statuette vom guten Hirten.
Riebers Stärke und Schwäche sind denen To-
phinkes verwandt. Gut wirkt der tiefdunkle Ton
seiner Terrakotten. Dr. Knöller
GEDÄCHTNIS - AUSSTELLUNG
WALTER DITZ
Tn den Eröffnungstrubel der letztsommerlichen
-*■ Glaspalastausstellung fiel die Kunde vom Tod
eines geachteten Mitgliedes der Münchner Künst-
lergenossenschaft: Walter Ditz.
Damals hingen in dem Raum, den man durch
den linken Eingang der Künstlergenossenschaft
betrat, neben den gedämpften, freskoartigen Kom-
positionen von Baumhauer fünf Tafeln dieses Künst-
lers. Sie charakterisierten in ihrer unterschiedlichen
Haltung den Maler umfassend. Die »Römerin« war
reliefartig gegen den Beschauer gekehrt. Das leicht
statuarische Gefüge erhellten weich gefällige Lich-
ter. Das »Scherzo« war in einer fröhlich klingenden
Rhythmik gehalten. Die »Grablegung« fiel durch
eine persönliche farbige Erledigung auf. Das Tri-
ptychon »Musik« neigte mit schweren Akkorden zu
großer Haltung. Dazwischen erklangen aber buko-
lische Töne. Die »Verkündigung« schließlich brachte
eine eigene, lieblich warme Bekenntnisnote.
In diesen fünf Bildern waren die Möglichkeiten
des Verstorbenen angedeutet. Dies belegte auch
die Gedächtnisschau der Galerie Heinemann am
Wittelsbacher Brunnen. Freunde von Ditz haben
einen großen Teil Gemälde, Guasche, Aquarelle und
Zeichnungen zusammengetragen.
Walter Ditz ist Sinnierer und Sinnenmensch in
einer dem Deutschböhmen eigenen Mischung. Beide
Seiten liegen nicht dualistisch nebeneinander. Sie
haben vielmehr eine Art Brüderschaft eingegangen,
welche Resultate erzielte, die in München nicht
ohne größere Verwandtschaft sind. Die künstle-
rischen Parallelen schließen aber eine persönliche
Sonderheit nicht aus. Immer wieder überwiegt der
Eigen- Sinn des Künstlers, der eigene Situationen
und Weisen findet, die lieber auf den Gebrauch
formal sicherer Handhaben verzichten, als daß sie
sich in ihrer Einfallsweite schmälern ließen. Hierin
erschöpft sich das Problem: Walter Ditz.
Als die Schleißheimer Stücke des unvergleich-
lichen Marees nach München kamen, fanden sie auch
in Ditz einen begeisterten Anhänger. Kompositio-
nelle Probleme, die menschliche Gestalt im Raum,
Flächenschichtung usw., haben auf Ditz sichtlich
eingewirkt. Aber das Mythische der Mareesschen
Gestalten und die Unterdrückung des Egoismus
in der Farbe konnte der Maler ebensowenig über-
nehmen wie alle anderen Mareesverehrer.
Der koloristisch lockende Einfall wird für die
Ditzschen Kompositionen geradezu entscheidend.
Schmuckhaftes und brillantes Kolorit liebte der
Maler über alles. Dieser Hang zur rein malerischen
Erledigung eines Gegenstandes wurde durchkreuzt
vom mehr überlegten Wunsch der kompositorischen
Fixierung.
Ein italienischer Aufenthalt konnte das Schwan-
ken zwischen rein farbiger, resp. struktiver Erledi-
gung nicht zum Stillstand bringen. Die Palette wurde
glitzernder und leuchtender, ohne aber der maleri-
schen Ausführung den letzten Entscheid zu geb '

Es entsteht so bei Ditz eine Malerei, die, zirku-
lierend zwischen struktivem und farbigem Vortrag,
dem Figuren- und Farbenklassizismus eines Stuck
und Julius Ditz nahekommt. Dem »Bildungserleb-
nis« der Antike und Renaissance, der Freude am
venezianisch satten Dekor, gesellt sich ein fröh-
licher Spritzer vom Münchner Kunstgewerbe und
Atelierfest. »Scherzo« und »Sommer« vertreten
etwa dieses gemütliche Heidentum in gelungener
Form.
Die liebliche Klassik, wenn man so sagen will,
kehrt auch beim ernsten Motiv wieder. Die Ta-
feln »Abend«, »Römerin«, »Erwachen«, »Diana«
und andere besitzen irgendwo und irgendwie — trotz
Aufwand zur Feierlichkeit! — etwas Neckisches.
Das schöne Frauenantlitz verlieblicht sich zur
Anmut. Ein paar kecke Lichtblitzerchen auf weißer
Haut tun das ihrige. Da und dort schäkert ein
fescher Ton; zum Beispiel das Rot der »Zigeuner-
mädchen «-Schuhe.
Es gibt aber noch einen anderen Ditz, der haupt-
sächlich in den letzten Jahren herangereift ist: den
Maler religiöser Bekenntnisse. Die Ölskizzen »Ver-
lorener Sohn«, »Heilige Familie«, »Maria Himmel-
fahrt« und »Christus Auferstehung« zeigen zunächst
den Wert einer koloristisch neuen Themenerfassung,
wie er sich auch in der ausgeführten »Grablegung«
bekundet. Hinzu tritt, schon in der Situationsbil-
dung, eine eigene Meinung und Gefühlsverpflich-
tung. Nicht immer folgt der originellen Idee die
originelle Erledigung. Im Triptychon »Musik« wer-
den, wie schon erwähnt, die großen Vortragslinien
vom Idyllenmäßigen durchbrochen. Deutlich öffnet
sich hier der Zwiespalt des deutschen Romantikers
zwischen Idee und Ausführung, ganz ähnlich, wie
der Künstler in der Anwendung der Mittel zu keinem
festen Stand gelangte, sondern immer wieder die
Themen von zwei Enden zugleich, vom Farbigen
undKompositorischen,zuf undamentieren suchte.
Diese Divergenz ist in der »Verkündigung« des
Glaspalastes vielleicht am wenigsten fühlbar. Die
kindlich liebliche Madonna unterm Gebälk, das ins
heimatliche Egerland offen steht, ist in Einfall,
Gefühl, Aufbau und Zutaten zur eigenen Lösung
gelangt. Dr. Knöller
Forschungen
DIE JESUITENKIRCHE IN BÜREN
Von Dr.-Ing. K. Freckmann
AÄJestfalen blieb von der gewaltigen kirchlichen
** Bautätigkeit des 17. und 18. Jahrhunderts, der
wir im deutschen Süden die prachtvollen Gesamt-
anlagen von Kirchen und Klöstern, von Kirchen
und Palästen verdanken, im allgemeinen ziemlich
unberührt. Erst ganz spät entwickelte sich in
Münster unter Schlaun die Bauweise, die wir im
eigentlichen Sinne als westfälischen Barock an-
sprechen können: eine Vermischung von Backstein-
und Werksteinarchitektur, die sich aus der hollän-
dischenRenaissance herleitet, aber schon inSchlauns
Vorgänger Piktorius ihren eignen Stil auszuprägen
beginnt. Im kurkölnischen Sauerland jedoch und
im Bereich des alten Hochstiftes Paderborn findet
sich aus den besten Zeiten, etwa 1720 bis 1760,
nicht eben viel Bemerkenswertes — mit einer Aus-
nahme. Und diese Ausnahme bildet die Jesuiten-
kirche in Büren, die bei ihrer Sonderstellung noch
gar nicht genügend bekannt ist und in weiteren
Kreisen bisher kaum gewürdigt wird.
 
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